Monatsarchiv: August 2013

Aktuell: Sardinien – Ode an das Fahrtensegeln

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Wir glauben jedenfalls, wir habens im Fahrtenseglerleben schon zu etwas gebracht. Gerade auf dem Weg nach Capo di Pula im Süden Sardiniens sitzen wir im Cockpit und schreiben an unseren Berichten, während der vierte Steuermann gemütlich hart am Wind segelt und Kindbert im Salon liegend auf Tom und Jerry am Laptop starrt, um sich wieder ans Stampfen zu gewöhnen. 5 Nächte in der Marina Villasimius hatten wir gebraucht, um wieder auf die matten Seglerbeine zu kommen. 5 Tage am Strand, mit dem Lenkdrachen, im Schnellimbiss der Marina, beim Angel-Watching am Pier, endlich gabs auch wieder deutschsprechende Menschen mit Kindern, damit Kindbert nicht an Einsamkeit erkrankt. Nächte voller Entspannung und Krafttankung – ohne Geschaukel und BumBum, wenn überhaupt haben Kinder geplärrt (die sind nicht von uns, also egal). Apropos Tankung: Die Marina verfügt über eine Tankstelle (sehr lobenswert), und die wollten wir auch nutzen, doch es war so viel los, dass wir unser Ablege- und Tankmanöver immer wieder verschieben mussten. Letztlich fuhren wir 7 Runden im hochfrequentierten Hafenbecken, weil die Motoryacht vor uns ihre Tanks einfach nicht vollkriegen wollte. Was wir erst verstanden, als wir selbst den Zapfhahn in unsere Öffnung hielten – aus dem Rüssel in Richtung Tank floss purster Champagner, zumindest schäumte und perlte der Diesel wie Schaumwein mit Bier und einer Portion Bananenbrause vermischt. Für 100 Liter Diesel brauchten wir mehr als eine halbe Stunde; länger als mit den Kanistern in Reggio. Da isses klar, dass die immer Betrieb haben. 
Der Schweiß hatte ein abendliches Ende und es hat soger geregnet (!!). Auch ein Gewitter haben wir miterlebt – im Hafen sind sie ja durchaus imposant. Während wir unserer Ilva das Leben mithilfe von zusätzlichen Leinen in den Fallböen erleichterten und unsere Sundowner schlürften, mussten andere noch in die Lücken finden – oft ging dies nur mehr mit Hilfe der emsigen HafenarbeiterInnen in ihren rasanten Radiergummis mit den starken Motoren drauf, die von drei Seiten die Yachten auch gegen Wind in die noch verbleibenden Lücken schoben. Die Marina war rappelvoll für eine Nacht.
Die Südspitze von Sardinien erscheint uns in jedem Fall eine Reise wert – breite Sandstrände, einzelne Buchten, dazwischen sattes Grün verteilt auf vielen Hügeln, sauberes Meer, viele Felsen mit Fischen zum Schnorcheln, etwas Angebot am Strand – aber nicht zuviel und Nuraghen zum Erwandern im Hinterland.

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Auch die Marina ist eine der wenigen, die für das Geld auch etwas bietet, so kamen wir z. B. rasch an einen „Übersetzungsstecker“ für unser Landstromkabel, es gab Klosett und Dusche am Pier, ein Lebensmittelgeschäft, Apotheke, Wetterberichte, Waschsalon und vieles mehr war noch vor Ort, einfach da. Und in der Nacht war Ruhe. Hätten wir nicht über den Bugkorb und den Anker an den Pier klettern müssen, hätte man meinen können, da ist ne Familie, die lässt sichs ordentlich gut gehen. 

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Cefalu – Sizilien in two days

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In Cefalu ist es schön, so unsere Erwartung aufgrund eines geschenkten Info-Buchs für Segler aus 1979 (Danke nochmals an Urs). Tja und das hat auch gestimmt… die Stadt hat uns in ihren Bann gezogen, wir sind mehrmals reingelatscht um einzukaufen, essen zu gehen oder einfach nur die imposanten römischen Waschbecken unterhalb der hoch erhobenen Häuser zu bestaunen, wo das Wasser kalt durchsaust und jeder seine Beinchen kühlen kann, ohne was zu löhnen und das schon seit tausend Jahren mindestens. Nicht alles was nix kostet ist nix wert wie man sieht. Am Hauptplatz singt ein Liedersänger den ganzen Abend und die Gäßchen sind so eng, dass die Säume der an den Wäschenleinen baumelnden Höschen fast eine Sonnenfinsternis herbeiführen. Schön, einmal in einer fernsehkulissenhaften Umgebung zu schwitzen. Leider wurden die Schnorchelphantasien in der wunderbaren Hafen-Bucht unterhalb der Festung jäh zerschlagen – zu viel Müll entlag des Strandes, das Wasser glänzte regenbogenfarben vom auslaufenden Diesel der Tankstelle und Kindbert meinte, er könne da nicht reingehen, ohne sich wie eine Ölsardine zu fühlen, sicher werde er davon krank. Wir hoffen doch für Cefalu und für die dorthin Reisenden, dass es ein Unfall war – es wäre schade, wenn dieser Schmutz ein Dauerzustand wäre. Aber, alles hat was Gutes, wir spazierten ein wenig in den Bootsfriedhöfen rum und fanden Plastikteile, die helfen würden, unser krankes Beiboot (eine Halterung der Rückwand war gebrochen) wieder hinlänglich zu stabilisieren.

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Nach schlaftrunkener Nacht weckten uns laute Kanonenschüsse. Was war das? Krieg? Sprengung? Fregattenfest der Trunkenbolde? Flatolenzen im großen Stil? Nein: es waren nur die Christen. Die ließen nämlich ihre holy virgine Mary hoch leben. Mit Böllern so gewaltig, dass unsere Trommenfelle auf Anschlag gingen. Wir schauten dem Treiben zu und zählten von fünf rückwärts, bis zum nächsten Kawumm. Zum Glück hatte der Herr Pfarrer ein Megaphon auf seiner Schiffspredigt. Niemand hätte ihn gehört. Zum Abschluss gabs eine Messe im Hafengelände – unter Hunderten von Gläubigen und Schaulustigen.

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Eigentlich wollten wir in zwei Tagen Richtung Trapani (am Westrand von Sizilien) lossegeln. Sizilien soll ja wunderschön sein – und wir hatten Zeit und Lust, etwas zu wandern. Aber die Wege der SeglerInnen sind ja oft verschlungen und unser Schicksal wollte es anders. Einem Gewitter an der Küste ausweichend erinnerten wir uns an die Worte des Skipperschönlings von der Nachbaryacht „Ustica is beautiful“ – also ab zur Insel Ustica Richtung nordost, um dort eine Nacht auszuruhen, bevor wir das Thyrrenische Meer ein letztes Mal durchkreuzen würden. Wie schon so oft kamen wir nachts an, in völliger Dunkelheit war an ein Ankern nur knapp an den Klippen zu denken, bei nur 50 Meter Ankerkette – no way. Yachten um Yachten drängten sich im gespenstischen Wasser um die Steine und Felsen. Per Handynavigation gings ca. 50 Meter knapp an die Klippen; zu tief, kein ankern, zu gefährlich. Spontan sein – hurra, so wie im Abenteuer-Märchen – direkt nach Sardinien.
So trieb uns der Unmut hinaus aufs Meer – da schimpft es sich auch leichter auf die blöden Inseln mit ihren wenigen Stellplätzen und alle Angst vor der Leere sind vergessen. Endlich Platz für Emotionen. Schließlich wurde auch noch unser geheiligtes HandyApp-Pocket-Grib-Orakel befragt…….und es kam wie „propheziehn“:  Fahret hin in Ruhe und Frieden!

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Auf der Überfahrt von Sizilien (213 Seemeilen) nach Sardinien konnten wir nur 7 Stunden segeln. Der Rest war Motorfahrt wegen Totalflaute. Nicht einmal ein Wellchen war zu erblicken, geschweige denn, dass sich ein Winderl hätte spüren lassen. „Der einzige Wind, der hier weht, kommt von sozial tabuisierten Orten“ meinte Papabert. Spiegelglatt war die See, wie in Breitenbrunn aber mit zwei Kilometer Wasser unter uns. Die Wiederkehr des Nichts – fast glaubte man durch die Luft zu schweben. Auch die Nachtfahrten waren angenehm, wir waren nur einmal kurz mit einem Tanker auf Kollisionskurs (das einzige Schiff, das wir sahen), sonst aber verliefs wie am Schnürchen. Mit Kindbert Papierflieger basteln und zielfliegen, Hackysack-üben im Cockpit. Wir entdeckten tausendmal gesehene Filme auf Englisch neu.

Mit viel Sitzfleisch und durchvibrierten Hintern erreichten wir Sardiniens Südspitze glücklich und auch etwas stolz. Das einzig Blöde ist nur, dass wir für die Motorfahrten keinen Autopiloten haben – 43 Stunden steuern, alle 2-3 Stunden eine Ablöse, gar nicht urlauberisch, sondern fast wie Schichthackln, aber das geht so nicht weiter  – in Mallorca bekommen wir ob unserer tollen und treuen Freundin einen Pinnenpiloten geliefert, der wird in die Windfahne eingekuppelt. Alles geht.

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Die Liparischen Inseln – voll im Antrunk, mächtig im Abgang

Stromboli

Nach der Durchfahrt durch die Straße von Messina mit 3,5 Knoten Gegenströmung (die ist übrigens zwischen Vulcano und Cefalu noch deutlich zu spüren) und dem endgültig im Fahrwasser verblichenen Strudel(n) und Stromschnellen glitten wir mit Motorkraft in Richtung Stromboli. Schnell tauchte er auf aus der diesigen Umbläuung – kein Wind, keine Wellen, nichts was darauf schließen ließe, man sei in der Thyrreneischen See. Je näher wir kamen, desto mächtiger baute er sich auf, Vulkan mit Wolkenhäubchen, Einschnitte, Grasflächen wurden sichtbar, erste Häuser, Boote, Fährschiffe, in Häufigkeit stark steigend. Wir fanden Schutz an einer Mooringboje für die erste Nacht an der ungeschützen Nordseite im verträumten Tropenstädchen – zunächst mal – bis sich unser Kleinster am nächsten Morgen ans Schnorcheln machte und dem Kapitän mitteilte, die Mooringleine ist nur oben so dick, unten sei nur ein dünnes Seil dran, er glaube, die sei gar nicht richtig angebunden. Es folgte ein Captains-Köpfler ins Nass. Tatsächlich, nur ein Zwirnsfaden hielt die Plastikboje –also verlegten wir in das stark frequentierte Ankerfeld noch weiter nördlich. Knapp gings zu. Im seichten Wasser lagen die Boote wie Sardinen in der Dose, dazwischen (ja man glaubt es kaum) brausten die mächtigen Gummiwürste mit 300 PS an uns vorbei. Der Swell durfte sich sehen lassen. Der Besitzer der Mooringboje teilte uns dann freundlich mit, er verlange 40 Euro pro Nacht. Er komme später vorbei. Gekommen ist er dann nicht wieder – grins.

Schon in Reggio wussten wir, dass am zweiten Abend ein Gewitter anrollen sollte. Genau an dem Abend, an dem die Tour auf den Stromboli geplant war. 25 Euro pro Person, geführt, 940 Meter steil aufwärts bei Nacht. Vormittags noch mutig und in freudiger Erwartung, wurde unsere Angst doch schnell größer, nachdem sich um 13:00 Uhr keine einzige Yacht mehr im Ankerfeld aufhielt. Eiligst fuhren wir ab nach Panarea, einer kleinen – wie sich herausstellte – Partyinsel mit einer nach Westen hin geschützen Bucht.

Panarea

Mächtig waren sie – die Boxen im Ort Panarea und das Unwetter, das am Abend über uns hinweg fegte. Die angesteuerte Bucht war voll belegt, der Anker hielt an einem Mini-Plätzchen ganz in der Mitte vieler Boote nicht so toll, somit an die Mooring. Der Typ vom Mooringfeld verlangte 100 !!! Euro für das Anlegen, aber wir sagen euch, jeder Euro war gut investiert – zumindest in dieser Nacht (auch der Mooringmeister wusste, dass wir jeden Preis zahlen würden, bei DEN Wolkenformationen!). Windspitzen bis 40 Knoten rasten über uns hinweg, die See kam uns von allen Seiten nah an die Pelle, hob das Dinghi in der Welle so hoch, wie wir im Cockpit saßen, vielleicht hat es sich auch einfach draußen gefürchtet und wollte zu uns ins sichere Boot. Der Sturm ließ uns keine Minute schlafen, nur Kindbert überstand alles in der Vorschiffskabine (die, mit den meisten Schiffsbewegungen), büselte tief und fest bis in der Frühe. Er ist nun tatsächlich „seefest“ geworden. Es musste kräftig mitgesteuert werden, um Ilva das Dasein, angekettet an engen Leinen im (viel zu engen Bojenfeld), zu erleichtern. Von weitem war zu erkennen, dass das Zentrum des Sturmes weitab von uns durchzog und wir nur die Ausläufer zu spüren bekamen – die Wolken zogen rasch über den Himmel, wurden sichtbar wenn dahinter die Blitze zuckten. Etwas auf einer anderen Insel sah aus wie ein Lavaausbruch — hell gelb-orange hoch oben am Berg, aber wer weiß – vielleicht ein inszeniertes Schauspiel für finanziell potente Insulaner.

5:00 Uhr früh: Papabert nickte für 15 Minuten ein. Plötzlich ist das Nachbarschiff, ein schnittiges größeres Motorboot, nur mehr ca. 50 cm !! von unserem Bug entfernt. El Capitano hastet zum Steuerstand, startet die Maschine und fährt rückwärts. Das war knapp. Der Skipper der anderen Yacht war nicht zu sehen. Während des Sturmes kam der Mooringmann 2 Mal und sagte uns, wir müssen unseren Leinen verlängern, der Sturm sei zu stark. Ok, verlängert haben wir, aber nur bis zu diesem Vorfall. Segelboote und Motorboote haben unserer Meinung nach einfach andere Schwoj-Gesetzmäßigkeiten, das merkt man erst, wenns schon fast weh tut. Gottlob geht aber auch jeder Sturm einmal vorüber und es erscheint wieder ein Regenbogen um die Ecke. Wir verholten uns ein Stück weiter rüber – weil auch nicht mehr Swell und 100 Euro weniger tun auch gut — in ein Ankerfald vorm Ort. Das Anlanden war ein Kulturflash. Optische und akkustische Flutwellen von modernen Kulturlandschaften überrollten uns und wir flüchteten binnen Kurzem weg von den vielen Touris zum einzigen Ort, wo es ruhig war, dem Friedhof. Allen, die auf Panarea zur Ruhe kommen wollen, sei er ausdrücklich empfohlen.

Vulcano – Gelso

Ankern in Vulcano, in Porto di Levante – so hätten wirs gerne gemacht. Und es war auch noch gar nicht spät am Tage, als wor dort nach 3 schönen Segelstunden ankamen. Ein Typ von der Mooringboje war schon parat, fragte uns, ob wir eine wollten, selbstbewusst wählten wir die Worte Anchor, Anchor – er lächelte. Nicht ohne Grund. Das Ankerfeld und alles andere auch in diesem Teil des Meeres war schon von schwimmenden Untersätzen, Yachten, Megayachten und kleineren Fuzibooten belegt. Nixo Anchor bei unserer Kettenlänge – das schmerzt. Wir motoren angefressen um die Insel nach Süden, nach Norden, letztlich rundherum und finden schlussendlich eine Stelle in Gelso – nicht zu tief und nicht zu knapp zu den anderen Booten (die letzten Erlebnisse waren uns eine Lehre) einen Ankergrund auf sechs Meter. Bis dato war dieser Platz der ruhigste seit der ganzen Reise. Auch die Bucht ausnahmsweise mal ohne Disko, nur mit einem beschaulichen Standl und ein paar Sonnenschirmen, einem Hotel für an Einsamkeit gewöhnte Autisten, einer Mini-Mole und (dem Himmel sei Dank) einer Straße nach Porto di Levante. Wir haben nämlich unserem Kindbert eine Vulkanbegehung versprochen und der große Krater kann nur von dort aus begangen werden. Und los gings am nächsten Morgen per Bus in den Touristenpfuhl Porto di Levante. Kindbert war enttäsucht, dass aus dem Krater keine Lavabrocken auf uns geschleudert werden und wir nicht durch glühende Ströme flüssigen Metalls wandern mussten, aber ja, die heißen Schwefelherde oben am Rand der steinigen, heißen Rietschn waren ihm dann auch unheimlich, verdammt giftig das Zeug – aggressiver Dampf und heiß. Das war endlich einmal spannend genug.

Es ist verdammt hart, mit den modernen Medien und all ihrer hysterischen Aufgeregtheit bei einem solchen Trip mithalten zu können. Diesmal ist es uns gelungen, vielleicht, weil Mamabert eine tatsächlich sichtbare (wenngleich nicht zu schwere) Verbrennung von den Schwefeldämpfen davon trug und Papaberts Augen mächtig brannten. Kindbert dachte schon an eine bedrohliche Vergiftung. Entspannung brachte dann das Bad im Schlampfuhl…..heiß von oben, heiß von unten, überall blubberts gelb-grau und alle stinken gemeinsam nach faulen Eiern. Besonders sehenswert: weiße und sicher sündhaft teure Bikinis optisch einwandfreier Frauen und bodygebildete Männer mit eitergelben Stinkeschlamm besudelt. Gefällt uns – Roots, bloody roots.

Beim Ablegen nach Cefalu gabs noch einen kleinen Zwischenfall: Nach zehn Minuten Motorfahrt (kein Wind- eh klar) würgte unser Motor eigenartig. Zum Glück nur wenig Fahrt und gleich abgestellt – ist das Getriebe hinüber? Hat sich was in die Welle gezwängt, das nicht hin gehört – oder vielleicht was um die Schraube gewickelt?? Erst mal Genoa setzen, um nicht ins Kap zu krachen. Troubleshooting light – nach einem Blick in die Bilge war klar, das kann nur was am Propeller sein. Und tatsächlich: eine ewig alte Luftmatratze schwang sich über den Propeller und wollte in ihrem Leben noch ein letztes Mal wichtig sein. Aber nicht mit uns – in schwarzer Taucherbrille und Wednesday-Unterhose (das beliebteste Segleroutfit) war es dann rasch klariert. Der Schreck blieb eine Zeit in unseren Gliedern stecken – so schnell kanns gehen. Und wer sich fragt, ob das für Kindbert nicht spannend genug war – der hat geschlafen.

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Nachtrag: Reggio: Welcome to Saverio-Land

Die Marina in Reggio besitzt den Charme eines Betonbassins der späten 70 Jahre. Der Hafenboy sieht ruhigen Gewissens zu, wie der Bug der Yacht der Kaimauer unsittlich nahe kommt und auch, wie Mamabert mit der Grazie einer Seekuh vorn über den Bugkorb hechtet, um diese aufzuhalten.
Es windet stark – Ilva ist kaum von der Kaimauer fernzuhalten – die Moringleine muss mit Hilfe eines motorisierten Beibootes durchgesetzt werden. Trotz Zweifeln des Skippers ist es laut Havenboy nicht nötig, eine zweite Leine zur Sicherheit zu erhalten und eine Spring auszulegen ist nicht erlaubt. Na Bravo – ein herzlicher Empfang dafür, dass die Marina halb leer steht und das zur Hauptsaison.
Aber seis wie es sei – wir riechen die „City“ und erinnern uns all unserer Wünsche, die wir auf See erfolgreich verdrängt haben. Kindbert will seine verloren gegangene Angelrute durch eine neue ersetzen, das Ende von Papaberts einzig sozial-verträglicher kurzer Hose nähert sich in riesen Schritten (sprich Löchern) und dann wär da noch eine potentere Nachfolgerin der 7-Euro Sonnenbrille von Mamabert gesucht.
Kurz: Wir haben Wünsche und Begehren und dem soll Rechnung getragen werden. Doch zuerst – der übliche Schönheitsschlaf. „Hello! Salve! Hello, Austria“ schallt es über den 40 Grad heißen Schatten. Im Boot regt sich nix – wir haben keine Lust. Aber das scheint ein örtlich ungültiges Signal zu sein. Die Rufe werden lauter. Schicksalsergeben kriecht Mamabert – im Bikini – unter dem Sonnensegel zum Bug und steht einem kleinen, älterem Herrn gegenüber, der sie gnädig begutachtet und ihr eine Karte hinhält. Saverio ist sein Name, sein Geschäft im Hafen: Einfach alles. Vom Reggio-Guide, über privaten Käse und Weinverkauf, Taxifahrten, Bootsservice und Ersatzteilhandel bis hin zum Wäscheservice.
Alles ist möglich – Best Service – best Price. Er überreicht mit reichlich Stolz lächelnd seine Visitenkarte mit ausschweifender italienischer Erklärung. Schläfrig und etwas überfordert gibt sich Mamabert untentschlossen und verkriecht sich wieder in ihre Höhle. Sache erledigt? Weit gefehlt. Als wir (Anm.: Stunden später) Richtung Bahnhaltestelle flanieren und an der Marinareception (einem Metallcontainer mit Plastikstühlen davor) vorbeikommen, wetzt Saverio unglaublich behende auf uns zu und bietet seine Dienste dem Capitano an. Unentschlossene sind ja bekanntlich die besten Opfer, wenn es heiß ist überhaupt. So sitzen wir in seinem Taxi und freuen uns darüber, dass 10 Euro eine gute Investition sind und wir dann in der City wenigstens früher zum Essen kommen. Da haben wir Saverio noch nicht gekannt. Lächelnd bleibt er bei Affenhitze voll entspannt und überreicht uns eine Anzahl von Kopien, wo er in einem amerikanischen Reiseguide der 80er Jahre für seine Originalität und Dienste als Lokalcolorit gelobt wird. Es wird dies auch laut durch ihn verlesen, Punkt für Punkt. Witzig, aber nein, kaufen wollen wir nichts, jedoch können wir nun in die City fahren? Sicherlich — Wir kriegen auf italienisch erklärt, was an uns vorbeirauscht: Nein, wir brauchen keine Früchte. Kurz darauf halten vorm Iper Simply Einkaufsmarkt an der Ausfahrtsstraße irgendwo Richtung Norden. Das ist nicht die City. Saverio verlässt das Taxi und geht hinein – wir bleiben verdutzt zurück und Mamabert kriegt den ersten Lachkrampf. Was wird das? Saverio kommt kurz danach mit einer Palette Bier und einer 6er-Packung Tiefkühleis-Kornettos (Schoko-Vanille nicht Erdbeer, tja leider) für Bambino und uns. Naja, jetzt wirds wohl ins Zentrum gehen – die Eise zergehen schon. Die Straße schaut gut aus, die Richtung auch, aber gleich danach gehts rechts raus in eine Siedlung. Saverio telefoniert, winkt aus dem Fenster, hält vor einem Einfamilienhaus. Es kommen weitere Männer – räumen den Kofferraum aus und wieder mit anderen Dingen an. Unser Erstaunen kennt keine Grenzen – unsere Geduld schon. Na jetzt wirds wohl werden, sicher hat er nur kurz was gebraucht.

Aber da gehts auch gleich wieder weiter, wir brausen an seinem Haus vorbei und halten wenige Kurven weiter vor einer kleinen Lagerhalle aus Blech. Saverio wieselt heraus, öffnet die hintere Tür – ein Ersuchen ums Aussteigen – und verschwindet in der Hütte. Wir verlassen (jetzt schon leicht verzweifelt, aber immer noch wohlerzogen höflich) das Auto, in der Hand schmelzen die Kornettis – welche Mamabert rasch an den Mann bringt.

Ein Tor wird zurückgeschoben, wir stehen in einer Werkstatt, Boote hängen von der Decke. Maschinen und Gerätschaften, viele Kühlschränke, Neonleuchten, eine Kinette. Wir fühlen uns entführt – ohne Stockholmsyndrom. Saverio ist ob unserer Blicke unbeeindruckt, wahrscheinlich reagieren alle seine Gäste bei seinen Überraschungsfahrten angfänglich so und er ist es gewöhnt. Es öffnet sich das Tor vorne und ein Strand mit Katzen, ungefallenen Bäumen, allerhand Kramuri und einem bellendem Hund in einem selbstgemachten Zwinger mit einem Napf rohem Fleisch wird sichtbar. Wie kommen wir nun in die City? Saverio heißt uns mit unerbittlicher Liebenswürdigkeit willkommen, tätschelt Hände, bringt Stühle. Öffnet eine Flasche Wein, füllt unsere Gläser und begibt sich zu einem der vielen Kühlschränke wo er einen Laib Käse mit einem großen Messer bearbeitet und uns Kostproben überreicht. Er war früher Marinero, dann Cucinero, dann Skipper, jetzt macht er alles. Ah….wir sind auf einer Promotion-Tour. Es werden Erinnerungen an lange und mühselige Werbe-Busfahrten aus unserer Kindheit mit unseren Großeltern wach. Kindbert ergibt sich als erster und geht mal zum Meer.

Der Ausblick auf der anderen Seite der Hütte ist genial, wir sind verblüfft. Ein kleiner Naturstrand, Messina am anderen Ende der Meeresenge erscheint uns als ein reizvolles Ziel und wir wünschen uns dorthin, oder wenigstens in die City von Reggio. Aber es hilft alles nix, die Gläser werden nachgefüllt. Essen wär jetzt gut. Statt dessen wird Mamabert schier aufgefressen vor Zuneigung (die auch inbrünstig gezeigt wird, sobald Papabert sich auch nur kurz umdreht) Papabert wird mit Alkohol abgefüllt, die Nachbarn kennen wir weitere 30 min später mit Vornamen. Sie sind sehr nett. Es wird uns ein gratis Ankerplatz angeboten.
2 Stunden später haben wir 6 Flaschen Wein gekauft und einen ganzen Laib Käse (weil einen halben gibts nicht, leider) und sind nun endlich anscheinend (kauf)willig genug gewesen um nach Reggio gefahren zu werden. Noch Obst – weil da wär die Gelegenheit? Aber nix da, der Capitano bleibt hart und will in die City – wir verlassen das Taxi mit einem Tipp für eine Pizzeria und freuen uns, es überstanden zu haben. Müde gehen wir durch eine Gasse, sind extrem hungrig und geschafft und spazieren nach dem Essen, welches tatsächlich gut und günstig war, zu Fuß zurück zu Ilva. Wär gar nicht so weit gewesen.

Am nächsten Morgen schon hilft Saverio erneut. Die Tankstelle der Marina hat geschlossen – für uns ein Desaster, weil unser Tank ist leer, so kommen wir nicht von hier weg. Doch rasch sind Kanister organisiert – Taxi? Selbstverständlich gern und schon gehts ab zum Dieselkauf, 100 Liter. Danach werden noch Lebensmittel gebunkert und Früchte in Saverios Obstgeschäft gekauft. Sehr lecker.

Das übernächste Schiff im Hafen gefällt uns – es sind Annaberger auf Weltumsegelung. Sehr witzig –  trinken abends ein Bier am Pier, tauschen uns aus und sehen Saverio zu, wie er Geschäfte an Land zieht – aus sicherer Entfernung. Gleich am nächsten Morgen wollen wir wieder los. Unsere Shoppinggelüste sind verflogen – wir müssten ja stets an Saverio vorbei, der sichtlich traurig ist, als wir ihm mitteilen, dass wir früh ablegen. Warum, das wissen wir nicht. Vielleicht gabs zu wenig Geschäft dieses Jahr, vielleicht auch zu wenig Gesellschaft. Wie auch immer, wir sind der Überzeugung, Reggio ist eine tolle Stadt, auch wenn wir sie letztlich gar nicht gesehen haben.

Kurz vor dem Ablegen meldet uns ein dumpfes Geräusch, dass etwas auf unser Boot gefallen ist. Croissants — wir rufen noch Mille Grazie hinter Saverio her, der winkend über den Pier radelt und legen ab.

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Nachtrag: „Bei Italien unten dann rechts“

„Bei Italien unten dann rechts“ lautete oft die Antwort auf die Frage: „Wo wollt ihr denn eigentlich hin?“. Bei Italien unten dann rechts. Je näher das Ende der Bauphase rückte, desto öfter wurde sie gestellt, so schien es uns. Aber what the hell bedeutete das eigentlich? Etwaige Leerstellen taten sich bei Befragten und den Befragern auf, was den Gesprächsfluss normalerweise aber nicht hemmte.
Yachten haben ja keinen Blinker, vielleicht ein paar Lichter in allen möglichen Farben, aber dieses Rechts-Abbiegen war leichter gesagt als getan, ohne Vorstellung vom Spurwechseln auf einem Meer.
Jetzt – bei der ersten Ankerwachen – und nach dem Abbiegen – gibt es zumindest einige Antworten, die den damals Fragenden auf diese Weise nachgereicht werden können. Wer mittlerweile eine Antwort gefunden hat, kann nun getrost in anderen Websites surfen – wer sich vom nachfolgendem Text eine erwartet, wahrscheinlich auch.
So wagen wir eine lose Zusammenschau äußerer Veränderlichkeiten, die uns bei der Durchreise ins Auge gesprungen und im Hirn geblieben sind – oft auch ohne Sinn und Zweck.

 1. Die Grillen zirpen leiser, die Stranddiskotheken werden hingegen lauter. Lauter wird auch unser Beiboot und potenter! Endlich haben wir einen Außenborder erstanden. Honda 2.3 Aircooler. Die Fischer in Ciro Marina waren erstaunt, wie rasch sich unser Portaklappboot aus der Nachkriegzeit (wenn du es mal nicht findest, such nach einem beigen Ikea-Kasten oder einem umgekippten Bücherregal) zu einem 007-Bond-Mobil aufrüsten lässt.
Verdanken tun wir den Erwerb des Motoris erstaunlich vielen Personen, die uns unterstützt haben – der freundlichen junge Herr im Marina-Hafen-Beisl, der – ohne uns genau zu verstehen – unser persönliches Taxi-Unternehmen war, weil es im Ort kein Taxi mehr gibt. Ob das wegen der Krise ist, war nicht zu klären. Signore Salvatori Flori und seine Mannen im Flori Motori Shop (den wir hiermit ausdrücklich lobend erwähnen wollen und der bitte wirklich so heißt!!), die – immer heiter wie es uns erschien – trotz unseres wahrscheinlich eigenartig anmutenden Auftritts (aus dem Nichts erscheinend, mit etwas Bargeld in der Hosentasche, ohne Fiskalnummer (wos is des?), Ausweis, Italienisch-Kenntnissen und mit tagelang getragener Wäsche) Geduld, Muße, Humor und ihr Wort gehalten haben.

2. Die Siestas werden ernst genommen, dann gibts auch kein Essen in der Bar Centrale, in der abends auch der Wein endete, aber schon bevor der Kapitano bestellte!

3. Hässliche Bettenburgen weichen richtigen Castellen aus alter Zeit.

4. Manche Dinge des täglichen Lebens werden (noch) billiger, wie z.B. Liegeplätze oder Wassermelonen. Letztere bleiben leider dennoch gleich schwer und stellen somit trotz ihrer Beliebtheit bei der Crew eine Herausforderung für die Einkaufslogistik dar. Wasser oder Wasserlemone – beides ist einfach nicht zu „dazahn“. Andere Sachen verschwinden gänzlich aus dem Blickfeld, z.B: Sauerrahm oder Wetterberichte oder die Duschen in den Marinas.

5. Englisch als Mittel zur Verständigung und W-Lan als Mittel zur Verbindung zur Außenwelt werden zur Gänze unnützt, bzw wirken extraterrestrisch. Da hilft ja spanisch noch besser um in Internetcafes schwitzend vor überalterten Win 98 Programmen zu sitzen beim Email schreiben.

6. Die Delphine (auch die Quallen bittesehr) sehen hier größer aus und sind viel weißer, was gut ist, weil man sie dann besser im Wasser ausnehmen kann.

7. Es bellen viel mehr Hunde in den Gärten der Häuschen in den kleinen Buchten. Wir sehen auch weit mehr Müll – zu Wasser und zu Land, leider – und es galt, die ersten Ölplattformen zu umrunden.

8. Die Kursnadel zeigt schon ein W (vielleicht steht es ja für „winterlich warm“) vorne in der Kurve und die Sonne scheint nun kaum mehr nach Mittag über der rechten Schulter sondern meist von schräg rechts vorn. Das ist gut, weil damit stimmt der Kurs, aber auch blöd, weil da nutzt das Sonnensegel vom Cockpit nix.

 9. Manche „neu erworbenen alten“ Bücher werden aus dem Regal nach vorne gekramt und nächtens gelesen, z.B. das Thyrrenische Meer, 1979 (im Hafen mit Urs aus der Schweitz gegen das Pielachtalbuch von Fritz getauscht), andere werden begeistert nochmals von vorne begonnen, wie z.B. Tom Sawyer von Mark Twain, weil es Kindbert hinlänglich amüsiert.

10. Es gibt nicht mehr soviel zu fluchen wenn die Selbststeueranlage neu justiert werden muss und letztens gelang sogar ein Manöver, ohne sie auszukuppeln. Wenn der Wind dann noch wenigstens etwas gehustet hätte, hätts funktioniert. Ganz sicher.

11. Der Geschwindigkeitsmesser möchte sich anscheinend nicht mehr aufs schnöde Messen reduzieren lassen und hat seinen Job an den Nagel gehängt, gleich neben ihm hat Garmin erfreulicherweise endlich akzeptiert, dass Yachtunfälle vor der kroatischen Küste außerhalb unserer Reichtweite liegen und endlich aufgehört „Notfallsignal“ zu piepsen. Dies tat er beinahe ohne Unterlass die letzten 3 Tage – was sein sonstiges 24h-Engagement auf eine Breaking-News-Tätigkeit beschränkte.

Um die Ecke ist eben vieles anders, mehr, als man zuerst denkt. Manches bleibt aber auch gleich: Die klaren Sternenhimmel, die Tagesetmale rund um die 40 Seemeilen um nach Sizilien zu kommen bevor der Herbst da ist, die Herausforderung, dass 3 unterschiedliche Personen ihre Bedürfnisse auf kleinstem Raum stillen wollen, die Schwimmrunden ums Boot (absolutes Novum: Quallen-Ausguck vom Deck aus, damit die Schwimmer sie nicht zwischen die Zähne kriegen) und die gemeinsamen Fussball-, Schnorchel- und Brettspiele, die abendlichen Spaziergänge, die Sorge um die Funktionstüchtigkeit aller Gerätschaften, die nächtlichen Gelsen-Jagden nach harten Attacken, das Telefonieren mit zuhause zu feierlichen Anlässen. Auch der Sound von Kindberts Tom-und-Jerry-Collection und das Lachen von Alf über unsere Boot-Sound-Anlage – und unseres hoffentlich auch.

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Die scheintote Glückssau im Kanal von Messina

KapelleWir haben die süditalienische Küste bezwungen. Jawohl – mit wenig Wind und daher mit mehr Motorstunden als erwünscht; mit sinkendem innerem Elan bei den stupiden Steuerstunden, mit großem Gebrumms und ständigen Vibrationen aus Ilvas Bauch. Die Nächte waren voll von Disco-Gedröhne bis in die Morgenstunden – egal auf welchem Ankerplatz wir auch waren. Die Krönung war meist ein Feuerwerk in Richung Wasser, man will ja keinen Waldbrand entfachen. Davon abgesehen tröstete uns die Küste in Kalabrien mit abwechslungreichen Gebrigsformationen und an die Hänge geklebten Siedlungen – unser Billig-Gucker wurde sooft benutzt wie nie zuvor.

Der Landgang in Roccello war heißer als erwartet und überraschend abwechslungsreich – eigentlich wollten wir ja zur imposanten Burgruine, Betätigung für unsere ungenutzten Seglerbeine – gefunden haben wir Feigen und Trauben stibitzend nicht nur einen entspannten Auslauf, sondern auch einen scharfen Hund (größer als sein Herrl – größer und kolossaler, als alles Vorherige) und ein verschlossenes Tor bei der Ruine (stöhn!!), sowie eine Blasmusikkapelle beim vormittäglichen Konditionstraining. Während uns im Touristengwandl mit nur leichtem Handgepäck schon der Schweiß in Strömen die kurzen Hosen runterrann, stiegen 30 stramme Kalabrier in uniformeller Vollmontur (mit langen Hosen und Krawatte) und allem musikalischem Gerät samt 4 Tubas munter (wenngleich auch ein wenig spontan intoniert) begeistert gegeneinander trötend das „Bergerl“ rauf im flotten Marsch und zu Mamaberts Freude – vor uns auch wieder runter. Die Ohren ringelten sich mitunter ein wenig, aber wir waren beim gescheiterten Burgbergmarsch von erheiternder Marschmusik begleitet (das taugt und bringt das Herzerl in Schwung). Erfreut sprang auch unsere Glückssau hinterdrein.

Nach einem erfrischendem Bad gings ab Richtung Sizilien. Der Äthna hatte sich zeitgerecht zur Abenddämmerung aus den Wolken geschält, damit Kindbert auch wusste, „wofür wir das alles auf uns nehmen“. Wir bogen erneut rechts ab hinein zum lang erwarteten geschützten Stellplatz in einen Hafen, der (endlich seit Brindisi) wieder Diesel hatte und uns eine gute Startposition für die Messinastrassendurchquerung sichern sollte. Ohne dass wir es merkten, bekam die Glücksau bei dem Gedanken daran schon Panikattacken.

00.40 Uhr, es dunkelte schwer (ja wir sind keine FrühaufsteherInnen, klar) als wir per Handypeilung den Hafen erreichten – Wind kam auf, allerdings wieder aus Nord, also falsche Richtung und auf Höhe des angegebenen Hafens: kein rotes oder grünes Licht, keine Betonnung, kein Blitzfeuer, kein Garnichts, außer einer unbeleuchteten riesigen Hafenmauer. Da sollte doch ein Hafen sein?! Die Glückssau röchelte schon, aber wir hörten es nicht…… – also draußen einen Ankerplatz suchen, schon wieder ankern, schon wieder Swell — diese Meckereien fanden ein jähes Ende als unbeleuchtet neben uns hohe, rostig-alte Stahlkonstruktionen aus dem Dunkel auftauchten, immer mehr werdend, gerade da, wo doch verlockende 5-10 m Wassertiefe unser fester Boden für die Nacht sein sollten – die Sau fällt stocksteif um…. – rasch da weg und etwas weiter hoch motorend wurden die Nachteulenaugen des Kapitäns nochmals weit, als – gerade noch rechtzeitig für eine Wende ausnehmbar ein paar Meter rechtsab runde Fischzuchtanlagen sichtbar wurden.

Rasch da weg – Mamabert wurde als (nachtblinder) Ausguck mit Taschenlampe in den Bugkorb beordert. Der Glückssau treten vor Atemnot die Augen aus den Höhlen – gemma, gemma noch nördlicher vielleicht ist ja dort —- aber nein, da ist nix an der Küste, nur eine Sperrzone, die auch noch umrundet werden will. Sch…….. Die Glückssau sieht vor sich einen dunklen Tunnel und danach ein Licht….. rasch noch ein Check mit dem Handy, steuern, schauen, alles gleichzeitig, aber kein Platz in Sicht, also dann wiederwillig noch weiter rauf in die Straße von Messina bei Nacht. Der Wind frischt auf und aus dem Nichts die erste hohe Welle hebt den Bug und (kaum zu glauben bei der herrschenden Schwerkraft) Mamabert auch – ein Schrei entfährt ihr: einen Augenblick der Bodenhaftung beraubt, krallt sie sich fest und kriecht auf allen Vieren ins Cockpit zurück. Ilva hüpft auf und ab wie ein spanischer Stier beim Rodeo hin und her – scheinbar kreuz und quer. Ein Schweineengerl schwebt auf die Sau hernieder die reglos an Deck herumrollt. Es ist nix zu sehen – nur mehr spüren, dass alles auf und nieder geht —- wo ist Kindbert? Der schläft. Dem Gotte sei dank, auch wenns nur einer ist.
Noch zwei Stunden mindestens so weiter? Nur, wenn der Wind nicht noch stärker wird – sonst noch mehr Stunden? Wieviel Diesel ist noch im Tank? Egal. Umdrehen – egal wie, aber schnell“ – zwei Gehirne aber dieselben Gedanken. Gesagt getan. Wie? Keine Ahnung – eine Welle quer rauf und oben geschickt mit dem Wind gedreht und dann —— kaum zu glauben: Moderater Surf trotz zitternder Knie wieder retour. 7 Knoten.

Die Glückssau macht einen Schnaufer, rappelt sich auf und gibt dem Engerl einen (T)Rüffel mit auf seinen Weg nach oben.

Wieder retour. Das gibts ja gar nicht, wie lange dauerte das Desaster? Vielleicht 30 min, aber die waren hart. Wir glauben es kaum, aber bereits 30 Min später kann sich keiner vorstellen, dass um die Ecke das nächtliche Grauen lauert. Die Glückssau seufzt. Eine Stunde später treibt neben uns in stockdunkler Nacht ein Tretboot in zwei Meter Entfernung vorbei – in voller Fahrt. Hatte die Glückssau einen Rückfall? Keine Ahnung. Seit da an scheint sie stabil zu sein. Der Ankerplatz wurde rasch gefunden – das war auch notwendig, denn die Laune war im Keller. Die Sau lässt sich wieder gemütlich auf ihrem Platzerl auf Ilva nieder.

Und am nächsten Morgen? Frühstück, Baden und Dieseltank aufschrauben. Den genauen Dieselstand errechnen. Ist es notwendig, zu Fuß zur Autotankstelle zu gehen und Diesel aufs Boot zu tragen? Nein, noch 60 Liter mindestens. Für eine Strecke von 14 Nm. Na dann, wieder ran an die Wurst – wir wollen da durch, das ist fix. Dieses Mal im Sonnenschein und mit ganz viel Schwein unter Motor rauf bis Reggio. Wieder 5 Windstärken und steile Wellen, aber nicht so hoch und weniger von der Seite. Ilva hält sich wacker, wir sehen was und finden es gar nicht mehr wild. Wir beobachten Boote, Kitesurfer, Badende, endlich rein in den Hafen – glücklicher als unsere Sau. Schweres Anlegemanöver unter viel Wind aber dann: raus aus der Wäsche, duschen, kochen, essen, schlunzen, Bordkino, gemeinsam lachen.

Wir fühlen die City — Wünsche werden wach. Papabert will eine Hose, die nicht reißt, Mamabert eine dunklere Sonnenbrille, Kindbert W-Lan fürs seine Handywelt. Alles ganz normal. Wir liegen bei einem Bahnhof. Komisch. Wer will heim? Keine(r) – noch 30 Nm bis zum Stromboli Vulkan.

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Brindisi – Perle im Abfall

DSC00527 Brindisi hat uns echt überrascht und Entspannung gebracht. Nach zwei Nächten vor Anker (mit voller Disko-Dröhnung bis 3 Uhr in der früh volle Kanne „Onki, Onki, Onki, Onki“) und auffrischendem Wind inklusive hohem Swell von der Seite versuchten wir um 6 in der Früh so schnell wie möglich in den Hafen zu kommen. Hoher Seegang vor der Einfahrt, fast hätte er unsere Ilva verschluckt. Dann kommst du rein in das Hafenbecken und du bist dir nicht mehr sicher, ob nicht doch hier die erste Atombombe hochgegangen ist. Riesige Schiffe, eine gehörige und gestunkene Raffinerie (klar, irgendwo muss das Zeug ja herkommen), Schlepper, heruntergekommene irgendwann-mal-stabile-Kastellos, man glaubt, dass das nicht mehr besser wird. Aber: Brindisi hat eine tolle zweite Seite. Erst mal, die Altstadt. Enge Gassen voller Autos und Mupetten (wie wir im Pielachtal sagen), morbider Flair… genauso, wie man sich das so vorstellt.
Wir hatschten bei Tropenhitze nach einem schwer improvisierten Starkwind-Anlegemanöver (gottlob hat da niemand zugesehen….) müde die 2 km bis Brindisi – Downtown. Warum die da drinnen alle mit den Autos herumfahren wie wilde Italiener wissen wir nicht. Ein Rad würds auch tun, die Autos sind Ein-Mann-Betriebe. Im Vorbeigehen touristisieren wir kurz am Tancredi-Brunnen (mehr als 1000 Jahre alt) und in einer Kirche aus dem 1. Jahrhundert – dafür gibts keine Süßigkeiten oder gar Gerstensaft während der streng überwachten Siesta. Siesta ist zum Ausrasten, für nix anderes.
Zum Glück hatte der Marine-Shoppe Limoncelli einen 40mm Auspuffschlauch. Das Geschäft würde man nie finden, auch wenn man daran vorbei gehen und in die Auslage starren würde. Wir fragten uns einfach durch; die Leute hier sind sehr nett und offenherzig, und das auch ohne Englischkenntnisse. Jede Frage in unserem fantasievollem oder nicht vorhandenem Italienisch wird akribisch beantwortet, bis ma´s versteht. Selbstverständlich und ohne Eile.
By the way – auch die Marina-Mama Katharina in Vieste (am Kap von Gargano) servisierte uns königlich, war mitten in der Nacht erreichbar und telefonierte mit allen möglichen Händlern, um Preise für unsere bevorstehende Auspuffreparatur herauszufinden; der immer-arbeitende Marinamann, der uns eine Stiege bringt, damit wir leichter von unserem Bugkorb an die Pier flanieren können —- SeglerInnenherz was willste mehr.
Und noch dazu nette Nachbarn, die einfach so, wie bestellt, die passenden Seekarten für unsere Route haben und diese samt Liegeplatz-Geheimtipps billig abgeben. Nochmals vielen Dank an Urs, der übrigens ein Boot abzugeben hat und irgendwo allein in der Adria herumschippert.
Nun ankern wir fern ab der Adria, im Ionischen Meer, am südlichsten Zipfel von Italien. Es ist halb vier und ich habe Ankerwache. Es ist unglaublich und vielleicht verrückt. Als wir die Adria verließen und ums Kap (Castrignano del Capo) herum gingen, begann die Luft anders zu riechen, milder, samtiger. Mamabert meinte, vielleicht ist hier irgendwo in der Nähe eine Mülldeponie. Aber nein, nach ca. 500 Mal einatmen erwächst in uns die Überzeugung, die Luft ist hier anders als noch in der Adria. Ich habe das noch nie irgendwo gelesen, dass nach einem Kap sich die Luft, der Geruch der Luft verändert. Auch die Preise haben sich verändert – es ist noch etwas billiger hier – erleichternd nach den teuren kroatischen Wochen…..Wir sind noch ca. 60 Seemeilen entfernt von der westlichen Seite des Stiefels. Morgen gehts weiter, hoffentlich mit etwas mehr Wind. Der war nämlich die letzten 2 Tage auf Urlaub, wo auch immer er geblasen hat, bei uns nicht.

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