Stromboli
Nach der Durchfahrt durch die Straße von Messina mit 3,5 Knoten Gegenströmung (die ist übrigens zwischen Vulcano und Cefalu noch deutlich zu spüren) und dem endgültig im Fahrwasser verblichenen Strudel(n) und Stromschnellen glitten wir mit Motorkraft in Richtung Stromboli. Schnell tauchte er auf aus der diesigen Umbläuung – kein Wind, keine Wellen, nichts was darauf schließen ließe, man sei in der Thyrreneischen See. Je näher wir kamen, desto mächtiger baute er sich auf, Vulkan mit Wolkenhäubchen, Einschnitte, Grasflächen wurden sichtbar, erste Häuser, Boote, Fährschiffe, in Häufigkeit stark steigend. Wir fanden Schutz an einer Mooringboje für die erste Nacht an der ungeschützen Nordseite im verträumten Tropenstädchen – zunächst mal – bis sich unser Kleinster am nächsten Morgen ans Schnorcheln machte und dem Kapitän mitteilte, die Mooringleine ist nur oben so dick, unten sei nur ein dünnes Seil dran, er glaube, die sei gar nicht richtig angebunden. Es folgte ein Captains-Köpfler ins Nass. Tatsächlich, nur ein Zwirnsfaden hielt die Plastikboje –also verlegten wir in das stark frequentierte Ankerfeld noch weiter nördlich. Knapp gings zu. Im seichten Wasser lagen die Boote wie Sardinen in der Dose, dazwischen (ja man glaubt es kaum) brausten die mächtigen Gummiwürste mit 300 PS an uns vorbei. Der Swell durfte sich sehen lassen. Der Besitzer der Mooringboje teilte uns dann freundlich mit, er verlange 40 Euro pro Nacht. Er komme später vorbei. Gekommen ist er dann nicht wieder – grins.
Schon in Reggio wussten wir, dass am zweiten Abend ein Gewitter anrollen sollte. Genau an dem Abend, an dem die Tour auf den Stromboli geplant war. 25 Euro pro Person, geführt, 940 Meter steil aufwärts bei Nacht. Vormittags noch mutig und in freudiger Erwartung, wurde unsere Angst doch schnell größer, nachdem sich um 13:00 Uhr keine einzige Yacht mehr im Ankerfeld aufhielt. Eiligst fuhren wir ab nach Panarea, einer kleinen – wie sich herausstellte – Partyinsel mit einer nach Westen hin geschützen Bucht.
Panarea
Mächtig waren sie – die Boxen im Ort Panarea und das Unwetter, das am Abend über uns hinweg fegte. Die angesteuerte Bucht war voll belegt, der Anker hielt an einem Mini-Plätzchen ganz in der Mitte vieler Boote nicht so toll, somit an die Mooring. Der Typ vom Mooringfeld verlangte 100 !!! Euro für das Anlegen, aber wir sagen euch, jeder Euro war gut investiert – zumindest in dieser Nacht (auch der Mooringmeister wusste, dass wir jeden Preis zahlen würden, bei DEN Wolkenformationen!). Windspitzen bis 40 Knoten rasten über uns hinweg, die See kam uns von allen Seiten nah an die Pelle, hob das Dinghi in der Welle so hoch, wie wir im Cockpit saßen, vielleicht hat es sich auch einfach draußen gefürchtet und wollte zu uns ins sichere Boot. Der Sturm ließ uns keine Minute schlafen, nur Kindbert überstand alles in der Vorschiffskabine (die, mit den meisten Schiffsbewegungen), büselte tief und fest bis in der Frühe. Er ist nun tatsächlich „seefest“ geworden. Es musste kräftig mitgesteuert werden, um Ilva das Dasein, angekettet an engen Leinen im (viel zu engen Bojenfeld), zu erleichtern. Von weitem war zu erkennen, dass das Zentrum des Sturmes weitab von uns durchzog und wir nur die Ausläufer zu spüren bekamen – die Wolken zogen rasch über den Himmel, wurden sichtbar wenn dahinter die Blitze zuckten. Etwas auf einer anderen Insel sah aus wie ein Lavaausbruch — hell gelb-orange hoch oben am Berg, aber wer weiß – vielleicht ein inszeniertes Schauspiel für finanziell potente Insulaner.
5:00 Uhr früh: Papabert nickte für 15 Minuten ein. Plötzlich ist das Nachbarschiff, ein schnittiges größeres Motorboot, nur mehr ca. 50 cm !! von unserem Bug entfernt. El Capitano hastet zum Steuerstand, startet die Maschine und fährt rückwärts. Das war knapp. Der Skipper der anderen Yacht war nicht zu sehen. Während des Sturmes kam der Mooringmann 2 Mal und sagte uns, wir müssen unseren Leinen verlängern, der Sturm sei zu stark. Ok, verlängert haben wir, aber nur bis zu diesem Vorfall. Segelboote und Motorboote haben unserer Meinung nach einfach andere Schwoj-Gesetzmäßigkeiten, das merkt man erst, wenns schon fast weh tut. Gottlob geht aber auch jeder Sturm einmal vorüber und es erscheint wieder ein Regenbogen um die Ecke. Wir verholten uns ein Stück weiter rüber – weil auch nicht mehr Swell und 100 Euro weniger tun auch gut — in ein Ankerfald vorm Ort. Das Anlanden war ein Kulturflash. Optische und akkustische Flutwellen von modernen Kulturlandschaften überrollten uns und wir flüchteten binnen Kurzem weg von den vielen Touris zum einzigen Ort, wo es ruhig war, dem Friedhof. Allen, die auf Panarea zur Ruhe kommen wollen, sei er ausdrücklich empfohlen.
Vulcano – Gelso
Ankern in Vulcano, in Porto di Levante – so hätten wirs gerne gemacht. Und es war auch noch gar nicht spät am Tage, als wor dort nach 3 schönen Segelstunden ankamen. Ein Typ von der Mooringboje war schon parat, fragte uns, ob wir eine wollten, selbstbewusst wählten wir die Worte Anchor, Anchor – er lächelte. Nicht ohne Grund. Das Ankerfeld und alles andere auch in diesem Teil des Meeres war schon von schwimmenden Untersätzen, Yachten, Megayachten und kleineren Fuzibooten belegt. Nixo Anchor bei unserer Kettenlänge – das schmerzt. Wir motoren angefressen um die Insel nach Süden, nach Norden, letztlich rundherum und finden schlussendlich eine Stelle in Gelso – nicht zu tief und nicht zu knapp zu den anderen Booten (die letzten Erlebnisse waren uns eine Lehre) einen Ankergrund auf sechs Meter. Bis dato war dieser Platz der ruhigste seit der ganzen Reise. Auch die Bucht ausnahmsweise mal ohne Disko, nur mit einem beschaulichen Standl und ein paar Sonnenschirmen, einem Hotel für an Einsamkeit gewöhnte Autisten, einer Mini-Mole und (dem Himmel sei Dank) einer Straße nach Porto di Levante. Wir haben nämlich unserem Kindbert eine Vulkanbegehung versprochen und der große Krater kann nur von dort aus begangen werden. Und los gings am nächsten Morgen per Bus in den Touristenpfuhl Porto di Levante. Kindbert war enttäsucht, dass aus dem Krater keine Lavabrocken auf uns geschleudert werden und wir nicht durch glühende Ströme flüssigen Metalls wandern mussten, aber ja, die heißen Schwefelherde oben am Rand der steinigen, heißen Rietschn waren ihm dann auch unheimlich, verdammt giftig das Zeug – aggressiver Dampf und heiß. Das war endlich einmal spannend genug.
Es ist verdammt hart, mit den modernen Medien und all ihrer hysterischen Aufgeregtheit bei einem solchen Trip mithalten zu können. Diesmal ist es uns gelungen, vielleicht, weil Mamabert eine tatsächlich sichtbare (wenngleich nicht zu schwere) Verbrennung von den Schwefeldämpfen davon trug und Papaberts Augen mächtig brannten. Kindbert dachte schon an eine bedrohliche Vergiftung. Entspannung brachte dann das Bad im Schlampfuhl…..heiß von oben, heiß von unten, überall blubberts gelb-grau und alle stinken gemeinsam nach faulen Eiern. Besonders sehenswert: weiße und sicher sündhaft teure Bikinis optisch einwandfreier Frauen und bodygebildete Männer mit eitergelben Stinkeschlamm besudelt. Gefällt uns – Roots, bloody roots.
Beim Ablegen nach Cefalu gabs noch einen kleinen Zwischenfall: Nach zehn Minuten Motorfahrt (kein Wind- eh klar) würgte unser Motor eigenartig. Zum Glück nur wenig Fahrt und gleich abgestellt – ist das Getriebe hinüber? Hat sich was in die Welle gezwängt, das nicht hin gehört – oder vielleicht was um die Schraube gewickelt?? Erst mal Genoa setzen, um nicht ins Kap zu krachen. Troubleshooting light – nach einem Blick in die Bilge war klar, das kann nur was am Propeller sein. Und tatsächlich: eine ewig alte Luftmatratze schwang sich über den Propeller und wollte in ihrem Leben noch ein letztes Mal wichtig sein. Aber nicht mit uns – in schwarzer Taucherbrille und Wednesday-Unterhose (das beliebteste Segleroutfit) war es dann rasch klariert. Der Schreck blieb eine Zeit in unseren Gliedern stecken – so schnell kanns gehen. Und wer sich fragt, ob das für Kindbert nicht spannend genug war – der hat geschlafen.








