Sonntag, 13. Juli, 7:44. Aufwachen auf Ilva. Ich fühle mich wie ein kleines Kind im Mutterleib. Ilva schaukelt sanft, ich liege in der Kabine, die Sonne scheint, es ist angenehm kühl. Das Wasser spiegelt sich an der Unterseite der Persenning. Nach vier Monaten fühle ich so etwas wie Genugtuung. Ich weiß noch, wie wir von hier abgereist sind, Anfang März, von El Masnou, der Stadt mit Bahnhof. Genau dort kann ich nun wieder andocken. Entspannung, Hochgefühle, Erinnerungen an unsere 1-jährige Reise.
Was haben wir auf Ilva alles erlebt? Auf engestem Raum türmt sich Erinnerung an Erinnerung. Jeder Blick ruft was anderes wach. Steuerstand, Mast, der Mistkübel im Cockpit. Wer hat da schon aller reingekotzt?
Als wir gestern Ilva zum ersten Mal nach vier Monaten wiedersahen, lag sie genauso da, wie wir sie verlassen hatten. Alles war unverändert. Die Festmacher hatten nicht gescheuert (wir hatten Gummischläuche drübergesteckt), der Steven war auch nicht in den Steg gekracht, kein Rost. Innen und außen war alles so, als ob wir nie weg gewesen wären. Traum. Wir öffneten den Niedergang und nahmen mal einen kräftigen Luftzug. Muff? Gestank nach Fäule? Moder? Nö, alles nicht. Es riecht wir immer, wie zu Hause in der Hütte mit viel Holz. Schön. Wir öffnen alle Fenster, tragen das Beiboot und den Spi-Baum nach draußen, schauen mal ich die Achterkabine, in die Backskisten, in die Schapps in der Pantry, in die Vorschiffskabine. Alles da, fein. Das einzige, was riecht, ist das Klo. Aber gut, da sind die Schläuche ja noch offen, weil die Pumpe noch repariert werden muss – und zwar heute. Das lässt sich also entschuldigen.
Gute Ilva.
Die letzten drei Wochen war Sturm im Golf von Lyon, 35 Kn. Aber der Luftdruck ist im Steigen. Schon der Flug quer zum Golf von Lyon war turbulent. Die Stewardess warnte uns: „Bitte angeschnallt bleiben, es wird jetzt ein bisschen holprig.“ Schon begann der Flieger zu zittern. Unten am Meeresgrund sah man große weiße Flächen, scheinbar ohne Zusammenhang. Das waren die Wellen, die sich überschlugen. Quer gerillt war aber auch noch hoher Schwell auszunehmen. Von oben schien das Meer wie im Standbild eingefroren zu sein. Wenn das so bleiben könnte!
Dazwischen schoben sich riesige Schiffe Richtung Barcelona. Dahinter war noch die Küste auszunehmen, alles flach. Kein schöner Anblick.
Aber wer hat schon den Luxus, die vor ihm liegende Stecke per Vogelperspektive vorab begutachten zu können?
Heute ist noch eine Menge zu tun: Segel aufziehen, damit sie nicht sinnlos herum liegen, Klo-Pumpe reparieren, den Impeller wieder einbauen, den Dieseltank öffen und nachsehen, ob nicht irgendwelcher Dreck oder Algen drinnen schwimmen und dann versuchen, die Maschine zu starten. Und dann natürlich, das WM-Finale anschauen. Wir haben Zeit bis morgen, denn dann kommt unser Dritter im Bunde, dann soll es am Dienstag morgen losgehen, der Küste entlang Richtung Frankreich.