Porquerolles ist ein traumhafter Ort auf einer traumhaften Insel einer traumhaften Inselgruppe der Cote d‘ Azur. Nach unserem 140 Meilen Törn quer zum Golf von Lyon wollten wir mal verweilen, die Gegend genießen, Kulinarik, Leute und Sitten kennen lernen. Wann hat man dazu schon die Gelegenheit?
Der Golf von Lyon war jedenfalls gnädig zu uns. Weitaus gnädiger als erwartet. Er zeigte sich durch einen markanten Hochdruckeinfluss von seiner zärtlichsten Seite. Zunächst ging es vom östlichsten Spanischen Ort an der französischen Grenze einige Stunden mit der Windvane auf Halbwindkurs mit 6 Knoten Richtung Marseille, dann nach Sonnenuntergang bei Flaute mit Autopilot und Maschine weiter durch eine sternenklare Nacht, in der der Mond sehr spät aufstieg. Wie ein Ei quetschte er sich durch den Horizont um vier Uhr in der Früh. Nur zwei Mal mussten wir die bösen Tanker in der Nacht anfunken, weil wir scheinbar wieder mal auf einem klassisch griechischen Rammkurs mit ihnen waren.
Was haben wir nicht alles schon erlebt? Schönstes Segeln am Wind, auf Halbwind, vor dem Wind, traumhaftes Wetter, noch was? Ja, das Ankern beim Cabo Gros nicht zu vergessen – eine Traumbucht (übrigens: das Wort „Traum“ wird sich, solange wir an der Cote d‘ Azur sind, noch öfter finden, lässt sich leider nicht vermeiden), in der wir alleine lagen, trotz des vielen Yachtverkehrs um die Zeit. Da fand sich auch die Muße für die Reinigung der Propellerwelle. Die war nämlich von Pocken und allerlei Venusmuscheln zugepflastert.
Ach ja, einmal sind wir um Haaresbreite in eine Megayacht gekracht. Beim Einlaufen in das Hafenbecken von Porquerolle wollte zunächst der Tank wieder mal befriedigt werden. Nach 140 Meilen waren wir immer noch bester Dinge. Aber, wie sich herausstellen sollte, waren nicht alle Schicksale auf unserer Seite.
Der Tankwart an der Tanke reichte uns zunächst den falschen Zapfhahn. Aha, oui, der Einfüllstutzen ist ja bei uns an der Backbordseite. No Problem, er wusste ja nicht, dass wir zum Tanken normalerweise 45 Minuten einkalkulieren. Also belegten wir gleich die ganze Tankstelle. Ich kann leider nichts machen. Wir sagten, das sei, weil das Boot schon so „antique“ war.
Also machte der Tankwart Stress. Er brüllte herum und war so gar nicht beeindruckt von unseren Problemen.
Während der potente Saft in unsere schwimmende Heimat läuft, legt eine andere Yacht vor uns am Kai an. Die wollen auch tanken, können aber nicht, da wir den einzigen längeren Schlauch verwenden, blöd auch. Die Skripperfrau zeigt uns eine leere Wasserflasche. Wir kennen uns nicht genau aus, was das heißen soll, interpretieren das mit: „Wollt ihr in der Hitze vielleicht ein kleines Wässerchen, das ich euch schenken möchte?“ Wir verneinen grinsend.
Nachdem nun schon jeder uns von hier loshaben will, haben wir mittlerweile 100 Liter Diesel, ok, nach 20 Minuten, wir geben uns zufrieden. Schon nimmt die Yacht vor uns den Schlauch aus unserern Händen. Sie tanken 5 ! Liter und sind in ca. 10 Sekunden fertig. Aha, oui, die Frau wollte uns nur zeigen, dass sie so ganz klein wenig Diesel bräuchten. Ok, wenn uns das wer gesagt hätte, …. der Trick mit der Wasserflasche war uns echt zu hochgeistig.
Weg von hier. Ablegen. Ich krame erst jetzt die Leinen raus, die ich zum Wenden unserer Schwimmstube gebraucht hätte. Ilva wollte in den Häfen nämlich immer wieder gerne mal mit den Leinen in die richtige Richtung gedreht werden – das erleichterte das Ablegen ungemein, ist sicherer und stressfrei, dauert aber auch sicher 10 Minuten.
Bei all der Kramerei merke ich, dass die Leute um uns immer unentspannter werden. Ich ernte böse Blicke, die kompetenten Crewmitglieder auf der Ilva versuchen zu kalmieren, so gut es geht. Die Tankwarte schauen, die Franzosen auf der vorderen Yacht schauen, und all jene schauen, die auf Motorboot, Segler oder Trimaran schon neben der Tankstelle die Kreise drehen, weil auch sie aufs Tanken warten. Irgendwie wird die Sache nun eng. Wir alle verstehen die Lage der Tankwarte und auch die Lage der Urlaub-Machenden, denn vermutlich muss jeder von ihnen bald wieder in die Fabrik.
Oje, denke, das mit der Schiffs-Wendung per Leinen wird nun nichts mehr, der Tankwart befielt uns quasi, nun – er meinte tatsächlich NUN, abzulegen.
Der Wind steht jedenfalls schlecht, er ist viel zu stark, böig, trifft uns genau von hinten, und das mag Ilva gar nicht. Ob wir den Bug gegen den Wind drehen können, in der Enge? Links von uns liegt die Superyacht mit dem extra polierten Gelcoat und Fendern so groß wie Raumkapseln. Vor uns liegt die Yacht der Franzosen, die ohnehin nicht mehr gut auf uns zu sprechen sind, weil wir so lange gebraucht hatten.
Ich lasse mich überreden (ich sags gleich, das werde ich nicht mehr tun, nie wieder). Nun gut. Verdammt, versuchen wirs. Drehen wir Ilva per Maschine. Legen wir ab und verpissen uns von diesem stressigen Ort. Wird schon gut gehen.
Hinten am Achterdeck steht ein kompetentes Crewmitglied von Ilva und möchte – so wie vorher besprochen – die Leine ins Boot holen. Die Leine wird aber vom Tankwart an einem Poller an Land fixiert, ohne das jemand weiß. Die Leine spannt. Es gibt einen Mords-Ruck. Wir stehen. Wir stehen in einen Mini-Hafenbecken, das von drei Seiten durch Schiffe, also kleinere und größere schwimmende Häuser, begrenzt wird, im Wind, der nun von der Seite einwirkt und Ilva stetig in eine Betonlücke schiebt, aus der es kein Entrinnen gibt. Es wird langsam wirklich eng.
Der Weg des Bugs Richtung Wind ist dahin, er treibt wieder ab, nun aber schon fast auf Höhe der Luxusyacht. Ich schreie, winke, tue alles, damit dieser Idiot von Tankwart die Leine wieder frei gibt. Siehe da: er tuts – unser kompetentes Crewmitglied nimmt die Leine in einem Affenzahn an Bord.
Es wird am Lenkrad gekurbelt und Gas in allen möglichen Richtungen gegeben. Böse Blicke ernten wir von allen, die uns bei unserer Qual zusehen. Auch Schreie wollen wir verhört haben. Jeder scheint zu hoffen, dass alles gut geht. Wir am meisten. Ilva bewegt sich langsam in einem Becken, so groß wie sie, und möchte so gar nicht gegen den Wind gehen.
Schön, die Luxusyacht ist mit einer fetten Leine an einer Boje mitten im Hafenbecken gesichert. Diese Leine ist in die Richtung gespannt, aus der der Wind kommt. Das ist gut, denn vermutlich können auch gespannte Leinen Helfer in der Not sein. Diese Leine wird uns schließlich die nötige Seitenführung geben.
Wir sind nun schon gefährlich nahe an der Luxusyacht. Die Bordcrew hat sich schon mal am Deck aufgestellt, mindestens drei Meter über unseren Köpfen. Ilvas Bug ist noch nicht ganz im Wind, aber schon fast seitlich zur Luxusyacht. Unsere Fender sind hier wirkungslos, denn die Bootsform dieses Superdampfers wird nach oben hin extrem breit. Luxus eben. Fast schon kracht unsere Saling am Mast in die Nase der Marineros. Aber das ist nicht alles. Unser Griller möchte scheinbar auch noch ein paar nette weiße streifen in den Gelcat schreiben.
Die Spezialisten von Ilva hasten nach hinten ans Heck und versuchen sich mit allen möglichen, auch mit dem Bootshaken abzuzstoßen. Es gelingt. Der Gummigriff des Bootshakens schreibt nette Kreuzworträtsel in den Gelcoat, die Crew am Luxusliner schaut verdächtig nach unten. Es wird lauthals gemeckert. Der Bug schlägt um, wir sind durch den Wind, raus da. Ohne uns nochmal umzudrehen geht’s die paar hundert Meter weiter an eine Mooring-Boje.
Schon 5 Minuten nach dem Bootsgemetzel und dem geglückten Bojen-Manöver können wir alle darüber lachen. Ab nun ist Alkohol erlaubt, wir verlassen Ilva mit unserem Ikea-Regal mit Außenbordler und entern die Bars in Porquerolle. Die Nacht wird noch lange dauern.
Nächstes Ziel ist Cavalaire, ein Ort in der Nähe von St. Tropez. Auf einer Halbinsel gelegen dürfte das einer der schönsten Plätze der Cote d‘ Azur sein. Wir glauben, dass das jedenfalls stimmt.
Oh wie toll! Schaut nach viel Spatz … öh … Spaß aus. Wünsche Euch noch eine tolle Fahrt! Liebe Grüße von Rolandus Prabandus! 🙂
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Heiter weiter sag ich mal da —– und eine gehörige Portion Ignoranz für die nächsten unqualifizierten Zurufe wünsch ich!! NUr der Captain hat recht und damit Basta!!!
Gute unfall- Sturm- und speibfreie letzte Meilen wünscht
Ben Ratte
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