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Ein Hoch auf die Pityusen!

Wer oder was sind denn die Pityusen? Eine neue Biermarke? Pechstränen am laufenden Band? Sandalen mit neuem Aufdruck oder vielleicht verbrauchte Mosiko-Räucherstäbchen? Sessel aus Meerschaum? Aufgedunsene Bleichgesichter, verbraucht wie alte Maulesel? Nein, alles nicht: die Pityusen sind Inselchen der Balearen mit wohlklingendem Namen. PITYUSEN – kommt vom griechischem Begriff Nissoi pityussai. Die Griechen nannten die Inseln so wegen ihrer damals reichen Pinienwälder. Von denen ist aber jetzt nichts mehr zu sehen. Schön sind die Inseln jedenfalls trotzdem und wir waren dort – lagen quasi auf dem Weg von Ibiza nach Alicante am spanischen Kontinent. Nun gut, jetzt ist es raus. Pityusen sind etwas absolut normales, etwas, wohin jedermann/frau leicht kommen könnte, etwas wo der Otto-Normaltourismus Einzug gehalten hat, lange schon, gleich nach den kiffenden Hippies. Und es stimmt, man kann leicht dorthin gelangen (auch ohne Silikonimplantat). Man braucht nur mit dem Schiff von Mallorca nach Alicante zu segeln, dann fährt man einfach durch sie hindurch.

Auf einem Segelschiff lässt es sich hier hoch leben. Bei Espalmador wir liegen wir an einer (gratis!) Mooringboje. Die Bucht ist umschlossen von drei Seiten, das Wasser so platt wie am Erlaufsee, ein Haucherl von Wind weht angenehm frisch – dazu noch amüsante Unterhaltung vom Kommen und Gehen der Yachten – lustig anzusehen, wie Charterboote sich um die Bojen tummeln. Manche köpfeln von den Booten, gleich nachdem sie eine Leine durch die Mooringboje gezogen haben. Bei anderen Boatpeople beginnt das Boot wild zu schaukeln, nachdem sie angelegt haben. Manche sehen so aus, als seien sie schon Jahre hier – verschollen in den Pityusen, abgeschieden, nahe an den Ballermann-Metropolen des Mittelmeeres.

Seit einer Stunde sitzen wir im Cockpit und haben grade unsere Petroleumlampe angezündet. Seit einigen Tagen schon ist ihr Glasgehäuse derart verrußt, dass sie kaum noch Licht abgibt. Das macht aber nichts – der Vollmond blendet fast, in dem Licht könnte man ein Buch lesen.
Auf der einen Seite ist die Bucht von einem Postkartenstrand abgegrenzt (fischen verboten, deswegen wieder äußerst zutrauliche Fische und Möwen), auf den anderen zwei Seiten verlaufen Rifffelsen bis knapp über die Wasseroberfläche, nur ein kleiner Spalt ist Richtung See hin offen. Nachts möchte man hier nicht anlegen. Weiter vorne, wo die Insel sich um die Ecke biegt, laufen die Seen aufeinander auf, verkrallen sich die Wellenkämme ineinander, schlagen sich gegenseitig tot oder begraben eine unter der anderen mit einem „schlupp“ – ist nett anzusehen. Die Möwen kümmert es nicht – sie leben von Mahlzeit zu Mahlzeit. Gerade laufen sie eifrig an der Gischt entlang, noch nicht jede hat was im Schnabel. Aber alle sind aufgeregt. Kein Wunder – fast zwanzig Zentimeter hoch springen die Fische hier immer wieder aus dem Wasser. Am Strand laufen nackte Menschen auf und ab. Manche lassen sich sonnen, andere schrauben an ihren Dinghis herum oder feiern sich selbst mit erhobenen Händen und Affengeschrei (Ibiza ist ja nicht weit weg). Es gibt auch rosa Sand!! Da kann man sich ablenken und die Augen entspannen.

Gerade fährt ein kleines Motorboot vorbei und gesellt sich mit einem „Ooollllaaaa“ an ein anders kleines Motorboot – Festtagesstimmung in kleinster Atmosphäre. Außerhalb der Bucht, dort wo die Insel eine weitere großräumige Einbuchtung hat, liegen Schiffe, halb Privatyacht, halb Kreuzfahrtschiff. Einige sind dermaßen beleuchtet, dass es aussieht, als bräuchten die schon allein dafür ein Atomkraftwerk.
Enorm ist der Schiffsverkehr zwischen Formentera und Ibiza. Fähren, Kriegsmarineschiffe, 5-Master, kleinere Aquatour-Bummelschiffe, normale Motorboote, Segelboote, uralte Segelschiffe im Stil von Piratenschiffen wechseln sich ab und durchqueren abwechselnd oder alle zugleich die engen Durchfahren durch die Untiefen. Oben drein fliegt im Zwei-Minuten-Takt ein Passagierflugzeug in Richtung Urlaubsspaß oder Arbeitswelt. Man glaubt, in einer Metropole wie Paris oder Berlin angekommen zu sein. Dabei sieht man hier kaum ein Haus. Nur mehr Leuchttürme und die Leuchtturmwärterhäuser……

Links von uns will grad ein Motorboot die Boje aufnehmen. Sieht in der Nacht viel spannender aus, als am Tag. Als der Fahrer dann zehn Minuten später auf seinem Steuerstand den Motor abstellt, fallen mehr leere Bierflaschen zu Boden als Zylinder in diesem Motor sind. Vielleicht hat er nur vergessen, das Altglas zu entsorgen. Hu noos?

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Cefalu – Sizilien in two days

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In Cefalu ist es schön, so unsere Erwartung aufgrund eines geschenkten Info-Buchs für Segler aus 1979 (Danke nochmals an Urs). Tja und das hat auch gestimmt… die Stadt hat uns in ihren Bann gezogen, wir sind mehrmals reingelatscht um einzukaufen, essen zu gehen oder einfach nur die imposanten römischen Waschbecken unterhalb der hoch erhobenen Häuser zu bestaunen, wo das Wasser kalt durchsaust und jeder seine Beinchen kühlen kann, ohne was zu löhnen und das schon seit tausend Jahren mindestens. Nicht alles was nix kostet ist nix wert wie man sieht. Am Hauptplatz singt ein Liedersänger den ganzen Abend und die Gäßchen sind so eng, dass die Säume der an den Wäschenleinen baumelnden Höschen fast eine Sonnenfinsternis herbeiführen. Schön, einmal in einer fernsehkulissenhaften Umgebung zu schwitzen. Leider wurden die Schnorchelphantasien in der wunderbaren Hafen-Bucht unterhalb der Festung jäh zerschlagen – zu viel Müll entlag des Strandes, das Wasser glänzte regenbogenfarben vom auslaufenden Diesel der Tankstelle und Kindbert meinte, er könne da nicht reingehen, ohne sich wie eine Ölsardine zu fühlen, sicher werde er davon krank. Wir hoffen doch für Cefalu und für die dorthin Reisenden, dass es ein Unfall war – es wäre schade, wenn dieser Schmutz ein Dauerzustand wäre. Aber, alles hat was Gutes, wir spazierten ein wenig in den Bootsfriedhöfen rum und fanden Plastikteile, die helfen würden, unser krankes Beiboot (eine Halterung der Rückwand war gebrochen) wieder hinlänglich zu stabilisieren.

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Nach schlaftrunkener Nacht weckten uns laute Kanonenschüsse. Was war das? Krieg? Sprengung? Fregattenfest der Trunkenbolde? Flatolenzen im großen Stil? Nein: es waren nur die Christen. Die ließen nämlich ihre holy virgine Mary hoch leben. Mit Böllern so gewaltig, dass unsere Trommenfelle auf Anschlag gingen. Wir schauten dem Treiben zu und zählten von fünf rückwärts, bis zum nächsten Kawumm. Zum Glück hatte der Herr Pfarrer ein Megaphon auf seiner Schiffspredigt. Niemand hätte ihn gehört. Zum Abschluss gabs eine Messe im Hafengelände – unter Hunderten von Gläubigen und Schaulustigen.

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Eigentlich wollten wir in zwei Tagen Richtung Trapani (am Westrand von Sizilien) lossegeln. Sizilien soll ja wunderschön sein – und wir hatten Zeit und Lust, etwas zu wandern. Aber die Wege der SeglerInnen sind ja oft verschlungen und unser Schicksal wollte es anders. Einem Gewitter an der Küste ausweichend erinnerten wir uns an die Worte des Skipperschönlings von der Nachbaryacht „Ustica is beautiful“ – also ab zur Insel Ustica Richtung nordost, um dort eine Nacht auszuruhen, bevor wir das Thyrrenische Meer ein letztes Mal durchkreuzen würden. Wie schon so oft kamen wir nachts an, in völliger Dunkelheit war an ein Ankern nur knapp an den Klippen zu denken, bei nur 50 Meter Ankerkette – no way. Yachten um Yachten drängten sich im gespenstischen Wasser um die Steine und Felsen. Per Handynavigation gings ca. 50 Meter knapp an die Klippen; zu tief, kein ankern, zu gefährlich. Spontan sein – hurra, so wie im Abenteuer-Märchen – direkt nach Sardinien.
So trieb uns der Unmut hinaus aufs Meer – da schimpft es sich auch leichter auf die blöden Inseln mit ihren wenigen Stellplätzen und alle Angst vor der Leere sind vergessen. Endlich Platz für Emotionen. Schließlich wurde auch noch unser geheiligtes HandyApp-Pocket-Grib-Orakel befragt…….und es kam wie „propheziehn“:  Fahret hin in Ruhe und Frieden!

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Auf der Überfahrt von Sizilien (213 Seemeilen) nach Sardinien konnten wir nur 7 Stunden segeln. Der Rest war Motorfahrt wegen Totalflaute. Nicht einmal ein Wellchen war zu erblicken, geschweige denn, dass sich ein Winderl hätte spüren lassen. „Der einzige Wind, der hier weht, kommt von sozial tabuisierten Orten“ meinte Papabert. Spiegelglatt war die See, wie in Breitenbrunn aber mit zwei Kilometer Wasser unter uns. Die Wiederkehr des Nichts – fast glaubte man durch die Luft zu schweben. Auch die Nachtfahrten waren angenehm, wir waren nur einmal kurz mit einem Tanker auf Kollisionskurs (das einzige Schiff, das wir sahen), sonst aber verliefs wie am Schnürchen. Mit Kindbert Papierflieger basteln und zielfliegen, Hackysack-üben im Cockpit. Wir entdeckten tausendmal gesehene Filme auf Englisch neu.

Mit viel Sitzfleisch und durchvibrierten Hintern erreichten wir Sardiniens Südspitze glücklich und auch etwas stolz. Das einzig Blöde ist nur, dass wir für die Motorfahrten keinen Autopiloten haben – 43 Stunden steuern, alle 2-3 Stunden eine Ablöse, gar nicht urlauberisch, sondern fast wie Schichthackln, aber das geht so nicht weiter  – in Mallorca bekommen wir ob unserer tollen und treuen Freundin einen Pinnenpiloten geliefert, der wird in die Windfahne eingekuppelt. Alles geht.

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Die Liparischen Inseln – voll im Antrunk, mächtig im Abgang

Stromboli

Nach der Durchfahrt durch die Straße von Messina mit 3,5 Knoten Gegenströmung (die ist übrigens zwischen Vulcano und Cefalu noch deutlich zu spüren) und dem endgültig im Fahrwasser verblichenen Strudel(n) und Stromschnellen glitten wir mit Motorkraft in Richtung Stromboli. Schnell tauchte er auf aus der diesigen Umbläuung – kein Wind, keine Wellen, nichts was darauf schließen ließe, man sei in der Thyrreneischen See. Je näher wir kamen, desto mächtiger baute er sich auf, Vulkan mit Wolkenhäubchen, Einschnitte, Grasflächen wurden sichtbar, erste Häuser, Boote, Fährschiffe, in Häufigkeit stark steigend. Wir fanden Schutz an einer Mooringboje für die erste Nacht an der ungeschützen Nordseite im verträumten Tropenstädchen – zunächst mal – bis sich unser Kleinster am nächsten Morgen ans Schnorcheln machte und dem Kapitän mitteilte, die Mooringleine ist nur oben so dick, unten sei nur ein dünnes Seil dran, er glaube, die sei gar nicht richtig angebunden. Es folgte ein Captains-Köpfler ins Nass. Tatsächlich, nur ein Zwirnsfaden hielt die Plastikboje –also verlegten wir in das stark frequentierte Ankerfeld noch weiter nördlich. Knapp gings zu. Im seichten Wasser lagen die Boote wie Sardinen in der Dose, dazwischen (ja man glaubt es kaum) brausten die mächtigen Gummiwürste mit 300 PS an uns vorbei. Der Swell durfte sich sehen lassen. Der Besitzer der Mooringboje teilte uns dann freundlich mit, er verlange 40 Euro pro Nacht. Er komme später vorbei. Gekommen ist er dann nicht wieder – grins.

Schon in Reggio wussten wir, dass am zweiten Abend ein Gewitter anrollen sollte. Genau an dem Abend, an dem die Tour auf den Stromboli geplant war. 25 Euro pro Person, geführt, 940 Meter steil aufwärts bei Nacht. Vormittags noch mutig und in freudiger Erwartung, wurde unsere Angst doch schnell größer, nachdem sich um 13:00 Uhr keine einzige Yacht mehr im Ankerfeld aufhielt. Eiligst fuhren wir ab nach Panarea, einer kleinen – wie sich herausstellte – Partyinsel mit einer nach Westen hin geschützen Bucht.

Panarea

Mächtig waren sie – die Boxen im Ort Panarea und das Unwetter, das am Abend über uns hinweg fegte. Die angesteuerte Bucht war voll belegt, der Anker hielt an einem Mini-Plätzchen ganz in der Mitte vieler Boote nicht so toll, somit an die Mooring. Der Typ vom Mooringfeld verlangte 100 !!! Euro für das Anlegen, aber wir sagen euch, jeder Euro war gut investiert – zumindest in dieser Nacht (auch der Mooringmeister wusste, dass wir jeden Preis zahlen würden, bei DEN Wolkenformationen!). Windspitzen bis 40 Knoten rasten über uns hinweg, die See kam uns von allen Seiten nah an die Pelle, hob das Dinghi in der Welle so hoch, wie wir im Cockpit saßen, vielleicht hat es sich auch einfach draußen gefürchtet und wollte zu uns ins sichere Boot. Der Sturm ließ uns keine Minute schlafen, nur Kindbert überstand alles in der Vorschiffskabine (die, mit den meisten Schiffsbewegungen), büselte tief und fest bis in der Frühe. Er ist nun tatsächlich „seefest“ geworden. Es musste kräftig mitgesteuert werden, um Ilva das Dasein, angekettet an engen Leinen im (viel zu engen Bojenfeld), zu erleichtern. Von weitem war zu erkennen, dass das Zentrum des Sturmes weitab von uns durchzog und wir nur die Ausläufer zu spüren bekamen – die Wolken zogen rasch über den Himmel, wurden sichtbar wenn dahinter die Blitze zuckten. Etwas auf einer anderen Insel sah aus wie ein Lavaausbruch — hell gelb-orange hoch oben am Berg, aber wer weiß – vielleicht ein inszeniertes Schauspiel für finanziell potente Insulaner.

5:00 Uhr früh: Papabert nickte für 15 Minuten ein. Plötzlich ist das Nachbarschiff, ein schnittiges größeres Motorboot, nur mehr ca. 50 cm !! von unserem Bug entfernt. El Capitano hastet zum Steuerstand, startet die Maschine und fährt rückwärts. Das war knapp. Der Skipper der anderen Yacht war nicht zu sehen. Während des Sturmes kam der Mooringmann 2 Mal und sagte uns, wir müssen unseren Leinen verlängern, der Sturm sei zu stark. Ok, verlängert haben wir, aber nur bis zu diesem Vorfall. Segelboote und Motorboote haben unserer Meinung nach einfach andere Schwoj-Gesetzmäßigkeiten, das merkt man erst, wenns schon fast weh tut. Gottlob geht aber auch jeder Sturm einmal vorüber und es erscheint wieder ein Regenbogen um die Ecke. Wir verholten uns ein Stück weiter rüber – weil auch nicht mehr Swell und 100 Euro weniger tun auch gut — in ein Ankerfald vorm Ort. Das Anlanden war ein Kulturflash. Optische und akkustische Flutwellen von modernen Kulturlandschaften überrollten uns und wir flüchteten binnen Kurzem weg von den vielen Touris zum einzigen Ort, wo es ruhig war, dem Friedhof. Allen, die auf Panarea zur Ruhe kommen wollen, sei er ausdrücklich empfohlen.

Vulcano – Gelso

Ankern in Vulcano, in Porto di Levante – so hätten wirs gerne gemacht. Und es war auch noch gar nicht spät am Tage, als wor dort nach 3 schönen Segelstunden ankamen. Ein Typ von der Mooringboje war schon parat, fragte uns, ob wir eine wollten, selbstbewusst wählten wir die Worte Anchor, Anchor – er lächelte. Nicht ohne Grund. Das Ankerfeld und alles andere auch in diesem Teil des Meeres war schon von schwimmenden Untersätzen, Yachten, Megayachten und kleineren Fuzibooten belegt. Nixo Anchor bei unserer Kettenlänge – das schmerzt. Wir motoren angefressen um die Insel nach Süden, nach Norden, letztlich rundherum und finden schlussendlich eine Stelle in Gelso – nicht zu tief und nicht zu knapp zu den anderen Booten (die letzten Erlebnisse waren uns eine Lehre) einen Ankergrund auf sechs Meter. Bis dato war dieser Platz der ruhigste seit der ganzen Reise. Auch die Bucht ausnahmsweise mal ohne Disko, nur mit einem beschaulichen Standl und ein paar Sonnenschirmen, einem Hotel für an Einsamkeit gewöhnte Autisten, einer Mini-Mole und (dem Himmel sei Dank) einer Straße nach Porto di Levante. Wir haben nämlich unserem Kindbert eine Vulkanbegehung versprochen und der große Krater kann nur von dort aus begangen werden. Und los gings am nächsten Morgen per Bus in den Touristenpfuhl Porto di Levante. Kindbert war enttäsucht, dass aus dem Krater keine Lavabrocken auf uns geschleudert werden und wir nicht durch glühende Ströme flüssigen Metalls wandern mussten, aber ja, die heißen Schwefelherde oben am Rand der steinigen, heißen Rietschn waren ihm dann auch unheimlich, verdammt giftig das Zeug – aggressiver Dampf und heiß. Das war endlich einmal spannend genug.

Es ist verdammt hart, mit den modernen Medien und all ihrer hysterischen Aufgeregtheit bei einem solchen Trip mithalten zu können. Diesmal ist es uns gelungen, vielleicht, weil Mamabert eine tatsächlich sichtbare (wenngleich nicht zu schwere) Verbrennung von den Schwefeldämpfen davon trug und Papaberts Augen mächtig brannten. Kindbert dachte schon an eine bedrohliche Vergiftung. Entspannung brachte dann das Bad im Schlampfuhl…..heiß von oben, heiß von unten, überall blubberts gelb-grau und alle stinken gemeinsam nach faulen Eiern. Besonders sehenswert: weiße und sicher sündhaft teure Bikinis optisch einwandfreier Frauen und bodygebildete Männer mit eitergelben Stinkeschlamm besudelt. Gefällt uns – Roots, bloody roots.

Beim Ablegen nach Cefalu gabs noch einen kleinen Zwischenfall: Nach zehn Minuten Motorfahrt (kein Wind- eh klar) würgte unser Motor eigenartig. Zum Glück nur wenig Fahrt und gleich abgestellt – ist das Getriebe hinüber? Hat sich was in die Welle gezwängt, das nicht hin gehört – oder vielleicht was um die Schraube gewickelt?? Erst mal Genoa setzen, um nicht ins Kap zu krachen. Troubleshooting light – nach einem Blick in die Bilge war klar, das kann nur was am Propeller sein. Und tatsächlich: eine ewig alte Luftmatratze schwang sich über den Propeller und wollte in ihrem Leben noch ein letztes Mal wichtig sein. Aber nicht mit uns – in schwarzer Taucherbrille und Wednesday-Unterhose (das beliebteste Segleroutfit) war es dann rasch klariert. Der Schreck blieb eine Zeit in unseren Gliedern stecken – so schnell kanns gehen. Und wer sich fragt, ob das für Kindbert nicht spannend genug war – der hat geschlafen.

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Nachtrag: Reggio: Welcome to Saverio-Land

Die Marina in Reggio besitzt den Charme eines Betonbassins der späten 70 Jahre. Der Hafenboy sieht ruhigen Gewissens zu, wie der Bug der Yacht der Kaimauer unsittlich nahe kommt und auch, wie Mamabert mit der Grazie einer Seekuh vorn über den Bugkorb hechtet, um diese aufzuhalten.
Es windet stark – Ilva ist kaum von der Kaimauer fernzuhalten – die Moringleine muss mit Hilfe eines motorisierten Beibootes durchgesetzt werden. Trotz Zweifeln des Skippers ist es laut Havenboy nicht nötig, eine zweite Leine zur Sicherheit zu erhalten und eine Spring auszulegen ist nicht erlaubt. Na Bravo – ein herzlicher Empfang dafür, dass die Marina halb leer steht und das zur Hauptsaison.
Aber seis wie es sei – wir riechen die „City“ und erinnern uns all unserer Wünsche, die wir auf See erfolgreich verdrängt haben. Kindbert will seine verloren gegangene Angelrute durch eine neue ersetzen, das Ende von Papaberts einzig sozial-verträglicher kurzer Hose nähert sich in riesen Schritten (sprich Löchern) und dann wär da noch eine potentere Nachfolgerin der 7-Euro Sonnenbrille von Mamabert gesucht.
Kurz: Wir haben Wünsche und Begehren und dem soll Rechnung getragen werden. Doch zuerst – der übliche Schönheitsschlaf. „Hello! Salve! Hello, Austria“ schallt es über den 40 Grad heißen Schatten. Im Boot regt sich nix – wir haben keine Lust. Aber das scheint ein örtlich ungültiges Signal zu sein. Die Rufe werden lauter. Schicksalsergeben kriecht Mamabert – im Bikini – unter dem Sonnensegel zum Bug und steht einem kleinen, älterem Herrn gegenüber, der sie gnädig begutachtet und ihr eine Karte hinhält. Saverio ist sein Name, sein Geschäft im Hafen: Einfach alles. Vom Reggio-Guide, über privaten Käse und Weinverkauf, Taxifahrten, Bootsservice und Ersatzteilhandel bis hin zum Wäscheservice.
Alles ist möglich – Best Service – best Price. Er überreicht mit reichlich Stolz lächelnd seine Visitenkarte mit ausschweifender italienischer Erklärung. Schläfrig und etwas überfordert gibt sich Mamabert untentschlossen und verkriecht sich wieder in ihre Höhle. Sache erledigt? Weit gefehlt. Als wir (Anm.: Stunden später) Richtung Bahnhaltestelle flanieren und an der Marinareception (einem Metallcontainer mit Plastikstühlen davor) vorbeikommen, wetzt Saverio unglaublich behende auf uns zu und bietet seine Dienste dem Capitano an. Unentschlossene sind ja bekanntlich die besten Opfer, wenn es heiß ist überhaupt. So sitzen wir in seinem Taxi und freuen uns darüber, dass 10 Euro eine gute Investition sind und wir dann in der City wenigstens früher zum Essen kommen. Da haben wir Saverio noch nicht gekannt. Lächelnd bleibt er bei Affenhitze voll entspannt und überreicht uns eine Anzahl von Kopien, wo er in einem amerikanischen Reiseguide der 80er Jahre für seine Originalität und Dienste als Lokalcolorit gelobt wird. Es wird dies auch laut durch ihn verlesen, Punkt für Punkt. Witzig, aber nein, kaufen wollen wir nichts, jedoch können wir nun in die City fahren? Sicherlich — Wir kriegen auf italienisch erklärt, was an uns vorbeirauscht: Nein, wir brauchen keine Früchte. Kurz darauf halten vorm Iper Simply Einkaufsmarkt an der Ausfahrtsstraße irgendwo Richtung Norden. Das ist nicht die City. Saverio verlässt das Taxi und geht hinein – wir bleiben verdutzt zurück und Mamabert kriegt den ersten Lachkrampf. Was wird das? Saverio kommt kurz danach mit einer Palette Bier und einer 6er-Packung Tiefkühleis-Kornettos (Schoko-Vanille nicht Erdbeer, tja leider) für Bambino und uns. Naja, jetzt wirds wohl ins Zentrum gehen – die Eise zergehen schon. Die Straße schaut gut aus, die Richtung auch, aber gleich danach gehts rechts raus in eine Siedlung. Saverio telefoniert, winkt aus dem Fenster, hält vor einem Einfamilienhaus. Es kommen weitere Männer – räumen den Kofferraum aus und wieder mit anderen Dingen an. Unser Erstaunen kennt keine Grenzen – unsere Geduld schon. Na jetzt wirds wohl werden, sicher hat er nur kurz was gebraucht.

Aber da gehts auch gleich wieder weiter, wir brausen an seinem Haus vorbei und halten wenige Kurven weiter vor einer kleinen Lagerhalle aus Blech. Saverio wieselt heraus, öffnet die hintere Tür – ein Ersuchen ums Aussteigen – und verschwindet in der Hütte. Wir verlassen (jetzt schon leicht verzweifelt, aber immer noch wohlerzogen höflich) das Auto, in der Hand schmelzen die Kornettis – welche Mamabert rasch an den Mann bringt.

Ein Tor wird zurückgeschoben, wir stehen in einer Werkstatt, Boote hängen von der Decke. Maschinen und Gerätschaften, viele Kühlschränke, Neonleuchten, eine Kinette. Wir fühlen uns entführt – ohne Stockholmsyndrom. Saverio ist ob unserer Blicke unbeeindruckt, wahrscheinlich reagieren alle seine Gäste bei seinen Überraschungsfahrten angfänglich so und er ist es gewöhnt. Es öffnet sich das Tor vorne und ein Strand mit Katzen, ungefallenen Bäumen, allerhand Kramuri und einem bellendem Hund in einem selbstgemachten Zwinger mit einem Napf rohem Fleisch wird sichtbar. Wie kommen wir nun in die City? Saverio heißt uns mit unerbittlicher Liebenswürdigkeit willkommen, tätschelt Hände, bringt Stühle. Öffnet eine Flasche Wein, füllt unsere Gläser und begibt sich zu einem der vielen Kühlschränke wo er einen Laib Käse mit einem großen Messer bearbeitet und uns Kostproben überreicht. Er war früher Marinero, dann Cucinero, dann Skipper, jetzt macht er alles. Ah….wir sind auf einer Promotion-Tour. Es werden Erinnerungen an lange und mühselige Werbe-Busfahrten aus unserer Kindheit mit unseren Großeltern wach. Kindbert ergibt sich als erster und geht mal zum Meer.

Der Ausblick auf der anderen Seite der Hütte ist genial, wir sind verblüfft. Ein kleiner Naturstrand, Messina am anderen Ende der Meeresenge erscheint uns als ein reizvolles Ziel und wir wünschen uns dorthin, oder wenigstens in die City von Reggio. Aber es hilft alles nix, die Gläser werden nachgefüllt. Essen wär jetzt gut. Statt dessen wird Mamabert schier aufgefressen vor Zuneigung (die auch inbrünstig gezeigt wird, sobald Papabert sich auch nur kurz umdreht) Papabert wird mit Alkohol abgefüllt, die Nachbarn kennen wir weitere 30 min später mit Vornamen. Sie sind sehr nett. Es wird uns ein gratis Ankerplatz angeboten.
2 Stunden später haben wir 6 Flaschen Wein gekauft und einen ganzen Laib Käse (weil einen halben gibts nicht, leider) und sind nun endlich anscheinend (kauf)willig genug gewesen um nach Reggio gefahren zu werden. Noch Obst – weil da wär die Gelegenheit? Aber nix da, der Capitano bleibt hart und will in die City – wir verlassen das Taxi mit einem Tipp für eine Pizzeria und freuen uns, es überstanden zu haben. Müde gehen wir durch eine Gasse, sind extrem hungrig und geschafft und spazieren nach dem Essen, welches tatsächlich gut und günstig war, zu Fuß zurück zu Ilva. Wär gar nicht so weit gewesen.

Am nächsten Morgen schon hilft Saverio erneut. Die Tankstelle der Marina hat geschlossen – für uns ein Desaster, weil unser Tank ist leer, so kommen wir nicht von hier weg. Doch rasch sind Kanister organisiert – Taxi? Selbstverständlich gern und schon gehts ab zum Dieselkauf, 100 Liter. Danach werden noch Lebensmittel gebunkert und Früchte in Saverios Obstgeschäft gekauft. Sehr lecker.

Das übernächste Schiff im Hafen gefällt uns – es sind Annaberger auf Weltumsegelung. Sehr witzig –  trinken abends ein Bier am Pier, tauschen uns aus und sehen Saverio zu, wie er Geschäfte an Land zieht – aus sicherer Entfernung. Gleich am nächsten Morgen wollen wir wieder los. Unsere Shoppinggelüste sind verflogen – wir müssten ja stets an Saverio vorbei, der sichtlich traurig ist, als wir ihm mitteilen, dass wir früh ablegen. Warum, das wissen wir nicht. Vielleicht gabs zu wenig Geschäft dieses Jahr, vielleicht auch zu wenig Gesellschaft. Wie auch immer, wir sind der Überzeugung, Reggio ist eine tolle Stadt, auch wenn wir sie letztlich gar nicht gesehen haben.

Kurz vor dem Ablegen meldet uns ein dumpfes Geräusch, dass etwas auf unser Boot gefallen ist. Croissants — wir rufen noch Mille Grazie hinter Saverio her, der winkend über den Pier radelt und legen ab.

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Holland Windvane – eine Kiste Metall wird zum Leben erweckt!

Geschweißtes Eisen lebt doch – das Video ist der Beweis!! Der vierte Steuermann wurde zum Leben erweckt- er hat viele Vorteile, ist immer wach, unermüdbar, genau beim Steuern und — unbestechlich. Ilva steuert von selbst. Das Segeln wird wie Zugfahren, sitzen und genießen, vielleicht ein Buch lesen, einfach mal abschalten und nur nach vorne blicken, ob wir nicht irgendwo auflaufen oder einen Fischer rammen. Hat auch ein bisschen was Gefährliches. Es ist kaum zu beschreiben, wie der Komfort gleich Einzug hält mit so einem Ding. Segeln mit Windfahnensteuerung – niemals mehr freiwillig ohne!!

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