Beiträge mit dem Schlagwort: Spanien

Badegasticum Idealum (Der ideale Badegast)

Bild

Gefragt, welche Charaktermerkmale den idealen Badegast (wahlweise auch ideale Badegästin) von dem gemeinen Badegast unterscheiden, können folgende 25 Attribute festgehalten werden, welche bis dato jedoch nur selten alle erreicht wurden:

 1. Optimale Höhe: 130 cm, optimale Breite: 20 cm und optimale Tiefe: 30 cm.

2. Sie/Er weiß, die Demokratie hat bis dato alle Boote zum Sinken gebracht und ordnet sich devot in die vorgegebenen Verhaltensregeln ein.

3. Sie/Er kann schwimmen oder erweckt dauerhaft auch in Krisensituationen unter emotionaler Anspannung den Eindruck, es zu können.

4. Sie/Er ist Ernährungswissenschaftler und kann den durchschnittlichen Kalorienbedarf einer Kleinfamilie auf längerer Überfahrt spontan errechnen oder zumindest erraten.

5. Sie/Er trinkt Kaffee ohne Milch und Zucker, warmes Bier, frühstückt das Abendessen von gestern, trinkt ausgerauchtes Mineral und ist mit mindestens einem kardianisch fixierten „Saumagen“ ausgestattet. Sollten dennoch bereits anverdaute Lebensmittel den Körper auf dem falschen Weg und zu ungeeigneter Zeit verlassen, ist es ihr/ihm kein Problem, die Lage soweit im Vorfeld einzuschätzen, dass zeitgerecht und ohne Vorwurf an Crew oder Skipper ein geeignetes Gefäß gesucht, gefunden und in Position gebracht werden kann (am besten eines mit festem Deckel).

6. Sie/Er versucht stets, das Gute in jeder Situation zu erkennen und nimmt positiven Einfluss auf die Bordstimmung – auch ohne Auslauf.

7. Sie/Er hat eine hinlänglich große Portion Humor, bzw. ist zu ironischen Interpretationen der umweltbestimmten Realität in der Lage.

8. Sie/Er liebt Kinder und ihre Tätigkeiten am frühen Morgen und säubert gerne per Hand dreckiges Geschirr – ohne Anleitung von Skipper oder Crew.

9. Sie/Er hat keine Wünsche bezüglich der Reiseroute, hat überall hin eine Flug-, Bus oder Bahnverbindung und flexible Urlaubszeiten.

10. Sie/Er kann auch bei starker Lage Krautsuppe mit Risotto machen.

11. Sie/Er liebt Wind und Flaute, salzverkrustete (mitunter aufgesprungene) Haut, Sonne den ganzen Tag, sowie Regen wenn es denn welchen gibt.

12. Sie/Er liebt es, mit nassem Hintern von der Dinghifahrt an den Strandboulevards zu flanieren um in feinen Restaurants zu sitzen.

13. Sie/Er schwitzt/stinkt niemals und ist olfaktorisch auch nicht in der Lage, Schweiß oder andere Körperausdünstungen in der näheren Umgebung wahrzunehmen.

14. Sie/Er kann in jeder Position erholsamen Schlaf finden und ein Handpumpklo ohne Erklärung benützen.

15. Sie/Er hat die spirituellen oder finanziellen Mittel, unangenehmen Schwell zu unterbinden (Transportboot zum Aufwerfen von optisch ansprechenden Sanddünen zwecks Wellenbrechung sollte mindestens zur Verfügung stehen) und ist gelernter und passionierter Landmaschinenmechaniker mit Hang zum kopfüber Extremschrauben.

16. Sie/Er ist allzeit tauchbereit und führt alles notwendige Equipment zum Durchführen aller anfallenden Unterwasserreparaturen mit sich.

17. Sie/Er steht in einem verwandtschaftlich positivenVerhältnis zu Neptun und den Windgöttern.

18. Sie/Er gründet eine finanziell potente Seglerstiftung zum Wohle segelnder Familien aus Wien Ottakring.

19. Sie/Er macht ausschließlich schöne, jugend- und doppelkinnalarmfreie Fotos von Schiff, Kapitän und Crew – und das ständig.

20. Sie/Er freut sich von Anfang bis zum Schluss, mit dabei sein zu dürfen und weint ein bisschen beim Abschied.

21. Sie/Er ist goldenes Clubmitglied in allen Marina-Privat-Clubs des Törns und verschafft damit auch den Begleitpersonen freien Zugang zu Einrichtungen, die in Crew/Skipper Begehrlichkeiten wecken wie z. B: Fuß- und Tennisplätze, Hallenschwimmbäder, Jacuzzis, etc.

22. Sie/Er kann ein Instrument spielen und großartige Texte fürs Internet schreiben, oder wenigstens singen.

23. Sie/Er hat gute Verbindungen zu internationalen Autovermietungen, bzw. verfügt über die finanzielle Freiheit, sich jederzeit ein passendes fahrbares Gerät zu verschaffen, um damit die weitere Umgebung zu erkunden, bzw. Einkäufe zu tätigen (notfalls werden auch Esel angenommen).

24. Sie/Er ist im Besitz des Transponders zum Beamen nach langen Außeneinsätzen von Scotty (Raumschiff Enterprise, eh scho wissn)

25. Sie/Er kann sich auch selbst beschäftigen.

Wie eingangs erwähnt, ist noch kein Badegast erschienen, welcher alle Bedingungen erfüllt hat. So ist Fam. Bert dazu übergegangen, Abweichungen außerhalb des normalen Toleranzbereiches zusätzlich zu verrechnen.

 So, das wars auch schon…..wie ihr seht, es ist ganz leicht, die wenigen Bedingungen zu erfüllen……..falls nicht:

Geld regiert die Welt! Oder ist es doch der (Über)Mut????

 Wir freuen uns darauf, Euch als Badegäste an Bord der ILVA begrüßen zu dürfen.

 

BildBildBildBildBildgel

 

 

 

 

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Aktiv in Alicante

Papabert plagt schon seit einigen Tagen ein böses Sodbrennen, ein verstimmter Magen, Säure, nicht wegzukriegen. Fettes Essen ist damit tabu, Wein eigentlich auch wegen der Säure, Bier eigentlich auch wegen des Blubbers. Was bleibt übrig? Richtig – etwas Obst und gekochte Erdäpfeln, Reis. Das Einhalten einer solchen Diät wird aber durch den derzeitigen Aktivitäts-Überschuss beim Essengehen verdammt schwierig und man müsste fast sagen, unmöglich gemacht. Soda mit Himbeeren hilft vielleicht, vielleicht auch die besorgten Medikamente.
Aber wir möchten nicht gleich abschweifen. Das eigene Wohl wird ja in Seglerkreisen gerne zurückgestellt. Was macht es schon aus, wenn einem a Schas plagt? Wir leben vom Verzicht und von unserer Ausdauer auch in Krisenzeiten. Wer wird denn schon bei Seegang über die Reling kotzen? Richtig; niemand, außer die Leute, die ehrlich sind, oder die, die keine Chance haben, etwas zu verheimlichen, weil sie Gäste bei uns sind und eine Tour auf die Insel Tabarca ansteht.

1
Eventuell war es ein Zeichen der Stressbewältigung. Bei der Insel war nämlich kein Heimkommen in Sicht – der Anker hatte sich in einer Felsspalte verfangen und war trotz aller Versuche nicht mehr raufzuwinden. Böses DUDU!!!! Das passt uns eine Stunde vor Sonnenuntergang gar nicht. Schon gar nicht, wenn die Taucherbrillen das einzige Mal auf der ganzen Reise nicht an Bord sind (ein Mietauto ist doch nicht immer gut – dritter Merksatz in diesem Blog) und die Geschäfte schon zu haben. Papabert fuhr verzweifelt den Ankerplatz auf und ab – auf der Suche nach einer Taucherbrille. Niemand hatte eine, und wenn, dann nur Goggles und mit denen kann man unter Wasser nix sehen. Aber: auf den Käptn ist Verlass – in den Ort laufen (ohne Schuhe), Taucherbrille nicht kaufen, sondern ausborgen – von irgendwem. Im verlassenen Dörfchen konnte er jemanden überzeugen, dass der „Verleih“ seiner Taucherbrille absolut kein Nachtteil für ihr ist (ein junger Spanier verstand anscheinend den Ernst der Lage) und tauchen – such den Anker … mit ausgeborgter Brille und nigelnagelneuer Unterwassertaschenlampe. Auf Eitelkeiten verzichtet man gern, wenn die Stunde fortschreitet, die Jause im Hafen wartet nicht ewig. Mit einigen inbrünstig rübergebrüllten „Gracias“ waren wir auch schon wieder auf dem Rückweg – mit leicht erhöhtem Adrenalinspiegel, aber nix passiert, alles gut. Laut unseren Gästen ist Alicante auch nach unserem Ausflug immer noch einen Urlaub wert.
Zugegeben: vom Meer aus lädt Alicante nicht auf Anhieb auf ein paar nette Wochen ein. Während der Einfahrt in den Hafen sah es aus, als kämen wir in eine total versaute Industriestadt. Auf den Balearen nämlich, kann man schon an das Schöne gewöhnt werden –  die haben den Müll ja ganz hinten am Berg versteckt. Aber hier lag er hoch aufgetürmt in der Hafeneinfahrt, gemeinsam mit Schwefel- und Alteisenbergen. Hässliche Hafenmauern, Wracks, die halb aus dem Wasser ragen, Hochhäuser, die wie Soldaten in der Landschaft stehen, quasi nach der Reißbrettmethode (vielleicht eine spanische Architekturdisziplin?), Flugzeuglärm und große Fähren, die  – wenn du nicht gelegentlich mal nach hinten blickst – dich einfach überfahren, mit Volldampf und einer Portion Zerstörungswelle. Das ist eine Begrüßung.
Aber: So wie überall und immer im Leben muss man auch in Alicante nach den schönen Plätzen suchen. Es gibt sie. Am Besten entdeckt man sie „amerikanisch“, mit eigenem fahrbaren Untersatz, oder aber auch zu Fuß.

3
Die Wasserfälle im Hinterland von Benidorm z. B. waren ein Inbegriff eines paradiesischen Platzes – inklusive reinstem Bergwasser, nicht einmal Fische gehen da aufs Klo. Schon nach ein paar Metern in den Fels eingedrungen, tut sich ein enger Kamin auf, in dem aus zehn Metern Höhe das Wasser herabrauscht. Der Eingang in die Höhle ist geheimnisvoll schmal, die Wände durch das abfallende Wasser dick vermoost. Das Sonnenlicht dringt bis zur Wasseroberfläche durch und beleuchtet diese kleine Höhle von oben wie mit einem Scheinwerfer. Anfangs waren wir alleine, die einzigen Touristen saßen bei Bier und Tapas weiter oben in der Cafeteria … was Mamabert dazu verführte, sich gleich an Ort und Stelle umzuziehen und hineinzuschwimmen. Bei 15 Grad Wassertemperatur entstand ein ziemlich „kurzes“ Gefühl – Pielach-Dejavu im September.
Einmal im Kamin, ist man abgeschottet von der Außenwelt. Man kann hier den Ort genießen, sich auf die glatten Steine setzen und allein sein (habens probiert), auch wenn weiter draußen 40 spanische Senioren stehen, lauthals kommentieren und sich mit Fotoapparaten an den Höhleneingang anpirschen.

12
Einmal sind wir barfuß auf der rosaroten Salzkruste am Strand der Salinas bei Torrevieja entlanggelaufen, verwundert, wie abgespaced ein sanftes Tal mit ca. 2 Mio. tatsächlich identen Ferienhäusern und einer rosaroten Lagune als Ortszentrum aussieht. Und Wolkenkratzer haben wir gesehen. Viele, viele, direkt in die Wüste gebaut. Anscheinend hat nur New York mehr Wolkenkratzer als die Stadt Benidorm. Naja, viele waren es schon….aber so viele?? Sicherlich hat diese skurrile Skyline dazu beigetragen, dass sich der Autor unseres Reiseführers zu der Aussage hinreißen ließ: „Die Welt würde keinen großen Schaden nehmen, wenn sich der Küstenstreifen beim Mar Menor vom Land lösen würde und im Meer versänke“. Nicht grad nett – aber wir verstehn`s.

7

Auch ein Bergbauerndorf haben wir besucht. Ein halb abgesprengtes Kastello thront über dem Ort, dazwischen gibt es geheime Durchgänge und ca. 200 Geschäfte, dazu nochmal 100 Wirtshäuser und 50 Hotels und unzählige Museen, die fast alle das gleiche zeigen – Flohzirkus und die Bibel im Stecknadelkopfformat. Das kleine „verträumte“ Bergbauerndorf wirkt nach Ladenschluss eher wie ausgestorben (ist es auch definitiv).

14

Unter dem Ort befindet sich ein Wasserreservoire. Im scharfem Azurblau liegt es wie eine Blume im hohen Tal zwischen den unerwartet grünen Hängen – ein krasser Gegensatz zum restlichen Steingebirge. Daneben liegen Finkas mit angelegten Terrassenfeldern, auf denen tatsächlich noch was angebaut wird.

13

Auch Alicante wird bewacht von einem Kastello hoch oberhalb der Stadt. Kindbert ist frühmorgens in Begleitung unserer Gäste raufgewandert. Sehr tüchtig – für die gemütlicheren Urlauber gibts aber auch einen Lift mitten im Berg (so habens auch wir geschafft). Das Kastello wurde im frühen 18. Jahrhundert von den Briten erobert und von den einheimischen Spaniern bald darauf gesprengt; von unten, durch einen Tunnel.
Heute werden die Feinde subtiler abgewehrt. Mit Fett, Friteuse, Fett, nochmals Fett und ein paar Würsten; auch Hanswürsten in den Gassen, die ständig Gaukeln, mit leidlich wenig bis super kreativem Betteln: „I have made 5000km on my bike, now I´m hungry“. Oder Dauerbeschallung beim Essen, oder Spaziergang. Es geht aber auch anders: Am Hafen sitzt still und demütig ein wohlerzogener alter Chinese und spielt sein Saiteninstrument – er lädt Kindbert ein, mitzumachen – Musikstunde a`la internacional: Do – Re – Mi –Fa – So…. klingt eigen. Kindbert gefällts und er macht lange mit. Die gesamte restliche Woche verbeugt er sich, wenn wir vorbeigehen. Wir winken zurück. Aber nicht alle ImperatorInnen können subtil abgewehrt werden: Vielen Engländern schmeckt, was serviert wird, die Restaurants sind brechend voll. Die stellen ja auch den Großteil der finanziell mehr oder weniger betuchten Urlauberschaft dar. Leer ist es hingegen beim Inder – dafür aber ausgezeichnet lecker, sicher das beste Essen, welches wir im städtischen Dschungel erlegt haben.

Zur selben Zeit – gleich um die Ecke konnte man plötzlich nicht mehr über die Straße. Ein Worldcup-Triathlon mit ebenso worldcupmäßigen Menschen brachte Polizisten und schnelle alte Frauen zur Verzweiflung. Wie TriathletInnen sich in Alicante wohl ernähren? Mit englischen Tapas? Wir haben uns dann beim Wettbewerb in Stellung gebracht (nur wohlgenährt, damit wir nicht an Hungers sterben) und sie beobachtet. Muy impressionante!!! Eine Runde im Hafenbecken schwimmen hätte Mamabert schon an Brechreiz erkranken lassen. Dass die das machen, kann nur mit Unwissenheit über die vielen SeglerInnenbräuche in weitläufigen Hafenbecken erklärt werden. Sogar die Fische haben immer wieder das Wasser verlassen und zwischen den Planken des Schwimmsteges den Freitod gewählt, weil sie es wahrscheinlich nicht mehr in dieser Brühe ausgehalten haben. Kein Wunder also, dass die AthletInnen so dünn sind…..vielleicht brauchen sie dann eh viel Fett. Der passende Song dazu sei per Youtube von Ytitty – „Ich steh auf Wings von Kentucky“ – empfohlen. Wir hoffen nach wie vor auf richtige spanische Küche, irgendwann mal.




4 5 6

9
11


82
Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , , , | 2 Kommentare

Seglerhimmel auf Cabrera

Nach zwei Nächten in Porto Cristo waren wir wieder dort, wo wir körperlich und geistig hingehörten. Frisch und munter, gekampelt und gschneutzt tat sich ein erster Seglerhimmel auf: ein ruhiger Liegeplatz, Internet an Bord, zehn Minuten zum Ort, einen Pool am Dach, eine Hafenkneipe in der Marina, bestes Wetter, gute Busverbindungen nach Palma und nicht zuletzt Tapasbars und Fastfood. Ein Ausflug nach Palma per Bus am dritten Tag tat uns gut – und versetzte uns endgültig wieder in den Normalzustand – mit 100 km/h durch die Landschaft zu brausen ist geil. Touristendasein hat auch was!

Die Hauptstadt Palma entzückt uns immer wieder. Die Kathedrale mit den umliegenden Parks, auf Kundschaft wartende Künstler, die Ramblas mit den Menschenmassen, die sich um die Blumestände schlängeln, Kinder in Buggys, die beim Näherkommen der Straßenclowns trotz Reisenseifenblasen aufheulen und sich sofort an Mutters Busen wünschen, Metallica aus der Akustikgitarre, Bettler, leere Bars, versiffte Typen in Spiderman-Kostümen, abgestürzte Persönlichkeiten – alle leben sie ihren Traum hier. Die Häuser Gaudis, die engen Gassen, die alten Stadtmauern und das Hafengelände laden auch uns zum Träumen ein. Wir ließen viel Geld in der Stadt, unter anderem auch im deutschen Bookshop. Abends gehts um ein Crewmitglied erweitert mit dem Mietauto wieder Richtung Porto Cristo. Schön, dass die Insel nicht so groß ist – und: Ein Mietauto ist noch besser als ein Bus (zweiter Merksatz in diesem Blog).
Reparaturen stehen am Programm. Ilva, die gute Alte, will Aufmerksamkeit und kriegt als Geschenk für die vielen zurückgelegten Seemeilen eine neue Auspuffanlage sowie eine neue Lichtmaschine und Keilriemen (dem Heinz sei Dank!), die endlich dem Ladebooster gewachsen sein sollen. Mal sehen.

Belohnung für die schweißtreibende Arbeit erhalten Papabert und Kindbert im Musikshop Musicasa, den wir noch selbstmotorisiert in den Suburbs von Palma aufspüren. Mit Akustikgitarre und einer Trommel gehts wieder zurück an Bord. 10 Minuten bleiben noch bis zum Zurückgeben des Mietautos, weil sonst fährt der letzte Bus ohne uns. Aber nichts leichter als das. Es ging noch alles gut aus – samt Mokka am Busbahnhof – aber im Laufschritt, vollbepackt und in freudiger Erwartung. Die Bootsnachbarn werden uns lieben, wenn wir mal ordentlich losrocken!

Obwohl noch nicht alles erledigt ist, wollen wir ein Stückerl weitersegeln. Die Ausgaben in der Marina drücken auf das Bordbudget. Also los in eine Cala (das sind die engen Felseinschnitte auf Mallorca, von einem Fluss in früherer Zeit ausgewaschen) zum Ankern. Cala Virgine verspricht per Handybilder türkisblaues Wasser, verzweigte Buchten und Ankerspaß. Mal sehen, wie lang wir dahin benötigen. Gerade nicht zu lang, um noch einen Ankerplatz zu kriegen, wie sich herausstellt. Aber wer will denn noch den Swell weiter angsteigen sehen als bis zur Einmeter-Welle? Der Wind ist es, der wieder einmal „falsch“ bläst. Dann hilft alles Schönreden nix – wir verholen uns in die nächste Bucht. Porto Colom erfreut uns auch. Nicht wegen der Wasserqualität (die Leine an der Mooringboje weckt den Brechreiz Mamaberts – sind die vielen braunen Batzerl tatsächlich….aber egal. Sofort an was anderes denken!!), sondern wegen den moderaten Preisen im Ankerfeld. Der Hauptplatz ist noch unbepflastert, die Tapasbar entspannt auch, wenn der Fußball von Kindbert den Gästen nahe kommt und es lässt sich dort gut der Tag verbummeln.
Doch irgendwann geht uns auch hier die Luft aus. Mamabert will weitersegeln. Ein Inselparadies im Südosten von Mallorca – Cabrera – soll Badegäste auf Ilva zum Wiederkommen verleiten und nach den vielen zivilisatorischen Verlockungen Natur ins Seglerleben bringen. Zweifel kommen auf? Obs dort auch so dreckig ist, oder vielleicht gar verlassen ist? Dort steht sicher ein ziemlicher Schwell. Doch wir überwinden uns und motoren trotz Flaute die fünf Stunden.
Und siehe da: erneut der Seglerhimmel. Wir steuern in eine fast rundum geschlossene Bucht mit Bojenfeld. Das Wasser ist wie in einem frisch geputzten Aquarium, azurblau, glasklar; Fische so zahlreich wie in der Fischzuchtanlage, Brassen, Barben, Drückerfische, Pfeilhechte und mehrere Stachelrochen tummeln sich ums Boot – ein Traum. Nur ein paar Häuser und ein Hafencafe sind an Land zu sehen. Ein Juchazer!!! Wir springen ins Aquarium!!
Eine hohe, scheckig braun-grün überzogene felsige Insel schützt uns vor Wind und Wellen. Höhlen wohin das Auge schweift, giftgrüne Kiefernwälder, irgendwann mal intakte Steinmauern. Hier grasten bis vor wenigen Jahren noch tausende Ziegen. Ein Kastell thront hoch über der Einfahrt und erzählt von Piraten und Fregatten – und von Kriegen. Um das Jahr 1800 sollen hier 5000 französische Kriegsgefangene verhungert sein – das gibt dem Ort eine besonders mystische Note (Kindbert will einen Totenschädel suchen gehen. Gefunden haben wir gottlob dann eine Falle für eine Ginsterkatze mit stinkigen Tintenfischen drin, das tuts auch).
Ja gibts denn so was: Fischschwärme, so neugierig und selbstsicher, dass sie nicht mal dem Kapitän ausweichen. Ein Drückerfisch will anscheinend nicht, dass die Windfahne repariert wird. Beim Abnehmen des Ruders lässt er sich fast streicheln. Ein riesiger Oktopus wird gesehen, mehrere (oh ja!!!) Stachelrochen gleiten wie ferngesteuert an der Oberfläche durchs Wasser – fast überfahren wir einen mit dem Beiboot. Kindbert und Papabert wollen auch einen Baracuda (oder zumindest einen ihm sicher ebenbürtigen Raubfisch) gesehen haben. Fein, eine intakte Natur in riesenbadewannenform unter uns zu haben – fast gratis.

Wir freun uns riesig. Hatschn zum Kastell, rüber über die Berge zum Leuchtturm, zum Cafe und zurück per Dinghi, checken unsere Mails, unterrichten Kindbert. Nicht mal Regen kann unsere Stimmung trüben. Also unser Tipp an alle: Vergesst die Südsee, auf nach Cabrera!

BildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBild

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Drei Tage auf See – Mallorca erwartet uns

Flagge

Vier Nächte des Wartens in der Marina von Calasetta im äußersten Westen Sardiniens waren genug. Wir wollten weg. Nicht, dass uns der Marinero nicht unterhalten hätte. Headbangend saß er immer in seinem Büro mit Rammstein aus dem Laptop. Die Menschen hier waren nicht das Problem. Das Problem war eher, dass uns eine lange Überfahrt bevorstand, eine ungemütliche obendrein und schon am Donnerstag abends soll es bei Menorca auffrischen, bis zu 25 Knoten. Das wollten wir uns sparen. Also raus in die Wildnis – sind eh nur 250 Meilen bis zu den Balearen. Drei Tage hatten wir Zeit, laut Wetterberichten. Viel Wind unten an der Nordafrikanischen Küste, viel Wind im Golf von Lyon im Norden – und wir – dazwischen. Schon 20 Knoten auf der glatten Wasserfläche, gepaart mit aufschiebenden Wassermassen ergeben eine speibüble Suppe – auf Dauer.

Aber bloß nicht ohne Sprudel fahren – wer weiß schon, wie weit uns der letzte Champagner-Tank bringen würde … Wieder mal gabs keine Tankstelle in der Marina, wir mussten auf die nahegelegene Insel Carloforte zum Tanken – eine Stunde Fahrt. Tiefgang nur 1,5 Meter, wir haben 1,4 unter Wasser – puh eine kleine Welle und es wird eng. Ein geschäftstüchtiger wie freundlicher Marinero griff uns schon weit vor der Hafeneinfahrt mit der Gummiwurst auf und fragte nach unserem Tiefgang. Alles paletti, wir legten an. Tanken? Ja tanken könnten wir, und er zeigte auf die Straße. Wir sahen seinem Fingerdeut mit großen Augen folgend zu, auf die Hauptstraße, auf eine Kreuzung – dahinter eine Agip – leider keine AWI. Ja ja, er nickte freundlich. Zum Glück bauen die Italiener ihre Tankstellen so nahe an ihre Marina-Büros, dass man sie vom Pier aus sehen – und per Kanister sein Boot betanken kann.

Einen Sicherheitsanruf tätigten wir noch (auf Anraten des Kapitäns): Wenn wir uns am Samstag bis Mittag nicht telefonisch gemeldet haben, so solle man uns doch suchen lassen. Und gleich darauf gings hinaus aufs offene Meer. Meterhohe, knallharte Wellen rollten von vorne an und hoben uns und alles rund um uns als auch in uns (Mägen, Blasen, Gehirne) einige Meter in die Höhe, im fünf Sekundentakt. Komischerweise rutschte das Herz kurz in die Hose — nach einer Eingewöhnungsphase kams aber eh wieder an den richtigen Platz.

Die Wellen standen hoch, weil der Meeresboden hier sehr steil nach oben steigt (es ist ja immer gut, wenn schlechte Dinge eine fachlich-fundierte Erklärung kriegen). Wir segeln einfach weiter, draußen wirds sicher besser, da glättet sich der Meeresboden. Das Meer mags nicht, wenn es zu viel zusammengedrückt wird (erster Merksatz in diesem Blog).

So wars dann auch, die Wellen waren zwar noch hoch, aber gutmütig…. langgezogen, ohne Gischt mit gutem Abstand dazwischen hoben sie uns hoch und setzten uns hernach wieder nieder. Kindbert hat es mit dem Götterblitz im Prater verglichen, obwohl er niemals damit fahren würde.

Der Windgott meinte es besser mit uns als der Wassergott. Konstanter 3-er Wind von Nord bei Kurs West, das ergibt ein leichtes Amwindsegeln. Ilva stampft gemütlich, rollt dafür aber nicht. Der Windfahnensteuerung gefiels ebenso. Wir mussten kaum steuern auf diesem fünfzig Stunden. Nur in der Nacht verließ uns der Wind und wir ließen unseren Perkins straucheln. In der Nacht wars auch immer etwas unheimlicher als am Tag. Das gewittrige Wetterleuchten von Nord-Ost und Süd erinnerte uns stets daran, Kurs zu halten und schnell zu bleiben. Aber, mehr als hohe Wellen waren zum Glück vorerst nicht drin.

Dies war dennoch hinlänglich genug für uns —- es belebte alle Dinge. Der eben noch brav liegende Senf hüpfte bei plötzlicher Welle grandios mit einem Looping auf den Rand der eben vorbereiteten Salatschüssel, welche gemäß den Hebelgesetzen freudig den Salat durchs halbe Cockpit schleuderte. Na ja, gibts halt Hamburger ohne Salat. Es klapperte, klimperte, ächzte und klopfte überall, das Backrohr mit seinen Innereien schrie lauter als der AIS-Alarm (ja auch dieses Gerät konnte wieder nicht umhin, alle verlorenen Ziele immer wieder neu zu melden).

Es war wie im Spukschloss, wo sich die Gänge verbiegen, Stufen plötzlich nicht mehr gerade sind, Haltegriffe aus der Reichweite verschwinden, alle Ecken und Kanten den Gliedmaßen entgegenspringen – gottlob sind wir nicht schlecht gepolstert. Klogänge wurden zur Expedition und der Abwasch zur Grauwasserdusche. Letztlich haben wir uns auf das Mindeste beschränkt. Sitzend oder im Cockpit liegend, eine(r) am Ausguck. Nur Kindbert schaffte es, geistige Leistungen zu erbringen: Fernsehen und Games am Handy konnte er am Rücken liegend gut aushalten.

Ein dunkles ruderndes Objekt entlockte dem seekranken Papabert dann doch einen Stellungswechsel: eine Schildkröte paddelte mutterseelenalleine durchs offene Meer. Wo die wohl ihre Eier abgelegt hat?

Ein Blick aufs Navi zeigt an, dass wir schon zu weit nördlich segeln und wir wundern uns, warum unsere Windsteueranlage keinen Kurs unter 270 Grad schafft – dummes Ding, muss ein Dilettant gebaut haben (???) – wir steuern von Hand und merken, dass ein Kurs unter 270 schlichtweg unmöglich ist. Die Wellen sind so stark, dass sie Ilva immer nach Norden versetzen. Jede Richtungsänderung wird zur Aufgabe an Mensch und Maschine – und zur Bewährungsprobe für die Ruderanlage.

Wir zählen Wellen, Sterne, Stehminuten im Cockpit, Stunden, Seemeilen vor und zurück. Es ist uns nicht gelungen einen Witz oder einen Schüttelreim zu erfinden, so geschüttelt waren unsere Gehirne. Drei Tage im selbem Gewand, salzverkrustet, unfriesiert, auf unseren Schlafsäcken eng am Boden beisammen sitzend (oder meist liegend) wie Hausbesetzer aus den späten Achzigern, so kamen wir schließlich auf den Balearen an – und wollten so schnell wie möglich bei Menorca ankern, in den Hafen einlaufen, stehen bleiben, ausruhen. Aber im Hafen meldete sich niemand und dunkel war es auch noch. Die Steilküste, an der die Gischt hoch aufspritzte, lud auch nicht gerade zum Ankern ein. Mittlerweile haben wir Schiss vor so engen Schluchten, vor allem mit diesen verschlafenen Augen und diesem vielen Wind. Schnell war klar, wir fahren noch 50 Meilen weiter nach Mallorca, denn, da wollen wir ja wirklich hin und außerdem kommt doch übermorgen unsere Freundin an. Seekrankheit und Migräneanfälle mal beiseite – Kurs SW, Wind von hinten und nochmals Ritte auf Wellen und durch Täler bist speibst. Nochmal acht Stunden Geschaukel, dann die Einfahrt in die Cala Porto Cristo suchen und anlegen, untypisch mit elegantem Einkehrschwung, mit Pirouette in die Garage. Noch ein Blick rundum vom Boot aus: Häuser, Menschen, Straßen, Busse, Kaffeehäuser, Burgerking (oh ja…..), alles da. Freuen, stolz sein und schlafen bis der Hunger das Schlechtweh endgültig besiegt. Ausschalten.

Yacht PortoCristo Lifesaver Felsen Esel Aft

Kategorien: Reise Angenehm, Törns | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , | Ein Kommentar

Bloggen auf WordPress.com.