Brindisi hat uns echt überrascht und Entspannung gebracht. Nach zwei Nächten vor Anker (mit voller Disko-Dröhnung bis 3 Uhr in der früh volle Kanne „Onki, Onki, Onki, Onki“) und auffrischendem Wind inklusive hohem Swell von der Seite versuchten wir um 6 in der Früh so schnell wie möglich in den Hafen zu kommen. Hoher Seegang vor der Einfahrt, fast hätte er unsere Ilva verschluckt. Dann kommst du rein in das Hafenbecken und du bist dir nicht mehr sicher, ob nicht doch hier die erste Atombombe hochgegangen ist. Riesige Schiffe, eine gehörige und gestunkene Raffinerie (klar, irgendwo muss das Zeug ja herkommen), Schlepper, heruntergekommene irgendwann-mal-stabile-Kastellos, man glaubt, dass das nicht mehr besser wird. Aber: Brindisi hat eine tolle zweite Seite. Erst mal, die Altstadt. Enge Gassen voller Autos und Mupetten (wie wir im Pielachtal sagen), morbider Flair… genauso, wie man sich das so vorstellt.
Wir hatschten bei Tropenhitze nach einem schwer improvisierten Starkwind-Anlegemanöver (gottlob hat da niemand zugesehen….) müde die 2 km bis Brindisi – Downtown. Warum die da drinnen alle mit den Autos herumfahren wie wilde Italiener wissen wir nicht. Ein Rad würds auch tun, die Autos sind Ein-Mann-Betriebe. Im Vorbeigehen touristisieren wir kurz am Tancredi-Brunnen (mehr als 1000 Jahre alt) und in einer Kirche aus dem 1. Jahrhundert – dafür gibts keine Süßigkeiten oder gar Gerstensaft während der streng überwachten Siesta. Siesta ist zum Ausrasten, für nix anderes.
Zum Glück hatte der Marine-Shoppe Limoncelli einen 40mm Auspuffschlauch. Das Geschäft würde man nie finden, auch wenn man daran vorbei gehen und in die Auslage starren würde. Wir fragten uns einfach durch; die Leute hier sind sehr nett und offenherzig, und das auch ohne Englischkenntnisse. Jede Frage in unserem fantasievollem oder nicht vorhandenem Italienisch wird akribisch beantwortet, bis ma´s versteht. Selbstverständlich und ohne Eile.
By the way – auch die Marina-Mama Katharina in Vieste (am Kap von Gargano) servisierte uns königlich, war mitten in der Nacht erreichbar und telefonierte mit allen möglichen Händlern, um Preise für unsere bevorstehende Auspuffreparatur herauszufinden; der immer-arbeitende Marinamann, der uns eine Stiege bringt, damit wir leichter von unserem Bugkorb an die Pier flanieren können —- SeglerInnenherz was willste mehr.
Und noch dazu nette Nachbarn, die einfach so, wie bestellt, die passenden Seekarten für unsere Route haben und diese samt Liegeplatz-Geheimtipps billig abgeben. Nochmals vielen Dank an Urs, der übrigens ein Boot abzugeben hat und irgendwo allein in der Adria herumschippert.
Nun ankern wir fern ab der Adria, im Ionischen Meer, am südlichsten Zipfel von Italien. Es ist halb vier und ich habe Ankerwache. Es ist unglaublich und vielleicht verrückt. Als wir die Adria verließen und ums Kap (Castrignano del Capo) herum gingen, begann die Luft anders zu riechen, milder, samtiger. Mamabert meinte, vielleicht ist hier irgendwo in der Nähe eine Mülldeponie. Aber nein, nach ca. 500 Mal einatmen erwächst in uns die Überzeugung, die Luft ist hier anders als noch in der Adria. Ich habe das noch nie irgendwo gelesen, dass nach einem Kap sich die Luft, der Geruch der Luft verändert. Auch die Preise haben sich verändert – es ist noch etwas billiger hier – erleichternd nach den teuren kroatischen Wochen…..Wir sind noch ca. 60 Seemeilen entfernt von der westlichen Seite des Stiefels. Morgen gehts weiter, hoffentlich mit etwas mehr Wind. Der war nämlich die letzten 2 Tage auf Urlaub, wo auch immer er geblasen hat, bei uns nicht.
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Brindisi – Perle im Abfall
Aufbruch! Weg mit der Langeweile! Ran an die Riemen!
Nach drei Monaten harter Arbeit in der Marina Lepanto haben wir uns dort insgeheim fast schon redlich eingenistet gehabt. Pool, Resti und Cafe —- rasch mal mit dem Auto rein nach Monfalcone, abends zum Pizza-Opa (der – ausgerechnet schon mindestens 750 000 Pizze gemacht haben muss) oder etwas weiter nach Triest, wo es das beste Eis der westlichen Welt gibt, wie wir finden. Immer wieder Besuch von netten Menschen, weil, so weit isses ja doch nicht. Sogar den Weg aus dem Kanal und wieder retour haben wir schon gefunden und den Werftarbeitern vom Pool aus zugewinkt. Nicht zuletzt waren wir schon Marinagesprächststoff, denn unser Vorhaben – ein Jahr auf Ilva zu verbringen – brachte uns milde Lächler, bewundernde Blicke aber auch neidische Komplimente ein. Nun tümpeln wir (nur 3 Tage danach bitte sehr) grad in der Marina Pula vor uns hin und genießen den berühmt berüchtigten Sundowner (letzter Rotwein aus Italien, geschüttelt von Neptun, nicht gerührt bitte sehr) und – die Stadtatmosphäre. 3 Nächte außerhalb des Komforts liegen hinter uns. Kindbert ohne Handy-Spielewelt, Mamabert ohne tägliche Dosis IperSimply und Papabert ohne kaltes Getränk. Die Zeiten der stumpfen Handarbeit auf einer schwimmenden Baustelle erklären wir endgültig für beendet und beschränken uns auf das Kurieren der üblichen Wehwehchen eines 43 Jahre alten Oldtimers, der oben drein im Wasser schwimmt. Die Wegerungen sind drauf, die letzten Leisten montiert, Motor bereits so oft kontrolliert, dass das auch blind und mit zurück gebundenen Händen kopfüber geht, Rigg getrimmt, Boxen eingebaut – die Mucke schnurrt.
Für das Beiboot – ein Porta-Klappboot – haben wir bis jetzt noch keinen leistbaren Außenborder gefunden – aber wir glauben immer noch an ein Wunder – vielleicht fällt uns ja einer auf den Kopf oder knapp daneben. Hoffentlich ist auch ein Barometer dabei! Der soll nämlich wichtig sein, sagt „Segeln für Dummies“ und auch Bobby Schenk.
Aber nun zum Wesentlichen, die Reise, um die’s ja geht. Wir wollen ja eigentlich Reiseberichte schreiben und keine Stegreif-Löwingerbühnen-Geschichten erfinden, damit die Sinnfrage geklärt ist und wir nicht in Versuchung kommen, unseren Lebenswandel zu hinterfragen:
Die Fahrt von Italien nach Istrien gestaltete sich 2 Tage lang etwas „holprig“, um es prägnant auszudrücken. Wind aus Süd – Kurs auch Süd, schlecht für ein Segelboot, etwas langsam und beide Male eine etwas zu lange Tagesetappe (wir legen uns ja noch nicht überall hin zum erholsamen Ankerschlaf wie manche Segelveteranen!). Dazu noch eine 2 Meter Welle genau auf unseren hoch gezogenen Bug. Kindbert schlief die meiste Zeit und bekam seine Sea-Bands angelegt. Mamabert stellte den Rekord im Dauer-Vorlesen auf, Papabert am Steuer. Essen, was grad da war – und wenns grad ging – v.a. Chips in allen Variationen. Duschen im Meer. Kein Internet zum Wettercheck. Aber dennoch: wir haben uns aus dem Sumpf der Alltags-Trägheit rausgekämpft und die Leinen los geworfen. Das ist in unserem Fall auch kein Fehler, denn die Muring bei Rovinj hat die Leinen eh in einer Nacht starken Schwells bereits wundgescheuert.
Nach zwei Tagen Rovinj könnte man meinen, es gäbe irgendwo eine Jury, die das Superlative mit eleganten Preisen belohnt – das Superlativ vom Superlativ nämlich. Ein kleiner Auszug unserer langen Liste der möglichen Wettbewerbe: Kleinste Bikinihose Contest (nicht mehr „in“, sondern fast schon „out“ in Zeiten wie diesen, in denen die Strandmenschen wieder längsgestreifte Overalls tragen), das meiste Gewicht im kleinsten Dinghi-Rennen (bitte ohne Schräglage), das höchste Gefahrenpotenzial im Hafenhandbuch vorgaukeln (theatralisch erzählt vom Autor persönlich), Hund über die Mauer – Richtung Dinghi-Zielwurf (ohne Wurst), Nackt- bzw. Fast-Nackt-Putzen oder vor schier unendlich alten, bärtigen Männern oder Seebären und mit dem zwangs-jugendlichen Arsch wackeln (bitte elegant, sonst Rauswurf), oder das original Umag Special: Genierfreies Nacktanlegen mit verbunden Augen und Pokerschnauze. … und das war nur der Anfang! Den Rest wollen wir ja gar nicht mehr erwähnen, zu schlimm!
Ach ja, wir haben auch einen Contest gewonnen. Den „Finde eine zweite Trintella 3 in der Adria“ Contest: gilt nur, wenn man ohne Schrammen neben einer Trintella 3 bei Windstärke 4 anlegen kann. Ein schöner Sieg muss man sagen, da es ja nur mehr wenige (vielleicht 60 Stück) davon gibt.