Beiträge mit dem Schlagwort: Meer

Spaziergang im Toskana-Meer

 

Kann man auch mit einem Segelboot spazieren gehen? Kennt ihr das Gefühl, das beim Spazierengehen entsteht? Dieser leere Kopf? Der angenehme Blutdruck? Warum nicht mal den Kopf leeren und baumeln? Am Mast, nicht am Baum, nur am Mast … der Mast meint es besser mit uns, weil er viel gerader ist als ein Baum.

Ein kleiner Streifzug durch den Westen der Toskana, inklusive einer Totalumrundung der „Secce di Vada“, eine Untiefe, nicht weit der Küste entfernt. Da bedecken nur noch zwei Meter Wasser die Steine. Und nach dieser anstrengenden Eroberung baumeln wir wieder zurück – im immer gleichen Modus: Baumeln. Den Kopf noch leerer machen.

 

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Capraia im Frühling

Verdammt, waren das Gerüche in den Gassen von Capraia City, jeder einzelne lässt die Gene hochfahren, das Herzerl, die Romantik, versprüht Lebensenergie und Vitalität, mit Blütenoptik, Gras, Baumharzduft…. der Kreislauf, die nervliche Anspannung, die geistigen Horizonte, alles hebt und senkt sich, wogt dahin wie ein Korken im Wasser, bis Capraia drei Tage später achteraus in einer Nebelwand verschwindet und im Nirgendwo geheimnissvoll auf den nächsten Besuch wartet.

Bildergebnis für capraia

Wir standen drei Tage in einer traumhaften Bucht, der einzigen von Capraia im Nordosten, eine hübsche Einfahrt, ausgeschildert backbords mit einem cubistischen Kastello auf einem Steilfelsen und einem weiß getünchten Leuchtturm. Um die Ecke wirds etwas flacher, mit Steinen, Mauern, Beflanzungen kultiviert und mit einem Weg nach oben bis zu einem Torre. Da ist er wieder, dieser vertraute harzhaltige Geruch nach Zitrone irgendwie, aber auch nach Wein, Thymian oder Salbei. Blöderweise drängen beim Einlaufen in die Bucht zwei kürzere Hafenmolen ins Auge, so hoch aufragende Biester aus riesigen Steinen – aber – wer kann es den wenigen Einheimischen verdenken, wenn sechs Monate im Jahr schwere Brecher und Sturm die Beckdecken befeuchteln?

 

Dann gehen wir vor Anker im Bojenfeld, ankern verboten zwar – aber, das kann nur im Sommer gelten – wenn 50 Yachten die Bucht belegen und sicher auch beschallen. Die Bojen waren nicht mal gesetzt. Nur die Betonfundamente sah man im klaren Wasser bis auf zwölf Meter. Fünf Minuten später sitzen wir im Salon, schauen hinaus auf die Berghänge, die allesamt nach Sonne, Wein, Salz und Staub aussehen, dann essen wir die fette Rohwurst der Italiener und einen zu einer Rollade gepressten Speck, geil !! Im Urlaub kann man sich ja alles erlauben, oder? Vor allem, wenn einem die Fleischeslust in die Birne steigt…. Dazu ein gefügiger Espresso und das Schreien der Möwen. Ist das Urlaubsflair? Kanns was anderes sein? Das Leben, ja es ist zurück!! Ja, es ist,…. Yes, we can!!

Überhaupt sind wir um vieles mehr routinierter als noch bei unserer Reise durchs Mittelmeer im Jahr 2013. Nun haben wir keine Angst mehr vor den Geräuschen, die uns vor Anker so durch den Traum wackeln, wenn die Dünung reinläuft und Ilva in eine Pendeluhr ohne Kuckkuck verwandelt. Ohne Wind beginnts eben wild zu schaukeln, was ist das Problem?

Das Leben auf einer Insel erscheint uns sinnlos, weil es in keinem Zusammenhang steht. Und Capraia steht mit dem Nichts in Zusammenhang. Ganz allein, es taucht einfach aus dem Nichts am Horizont auf wie die Osterinsel. Und dann, bist du erst mal da, fahren genau die selben Autos wie am Festland, nur, du weißt, eigentlich können die gar nirgends wohin fahren. Es gibt hier nur 800 Meter Straße!! Das hindert einen Ducatiheizer aber nicht, die Kurve entlang der Bucht mit einem Aufheuler zu nehmen, aber so richtig molto bene!! Das ist ausnahmsweise ein richtig witziger Aufheuler. Weil, so ganz ohne Zusammenhang!! Von oben, von den Bergen aus sieht man bis aufs Festland, bis nach Piombino, Elba Richtung Südosten ist genauso präsent wie Korsika im Westen, mit tief verschneiten Bergen. Fassungslos stehen wir am höchsten Punkt von Capraia in einer Kirche aus Stahlträgern, die der Wind und das Salz verrotten ließ. Teile aus Blech liegen weiter unten in der Böschung. Auf einer Broschüre steht, dass es eine Forschungsstation war. Mit solchen Fenstern?

Unser Beiboot zieht erstaunlich viel Wasser. Unklar bleibt, wo es denn eigentlich reinkommt. Mamabert und ich fuhren mit leichter Motorkraft eine Runde in der Bucht, ehe wir in den Hafen liefen, ich am Motor, sie ganz vorne, mit einem Becher in der Hand, schöpfend. Oben auf der Bergstraße (bei schätzungsweise Straßenkilometer 0,4) standen ein paar Wanderer, die lachten, ja, unser fahrendes Regal, aus dem noch Wasser geschöpft wird, sieht sicher zum Zerkugeln aus.

Dann gingen wir in den Ort, gleich links rauf bis zum Torre, und dann verzweigen sich die Wege, einer vorbei an der Polizeistation, mit Innenhof für mindestens zehn Einsatzwagen, und Wohnhäusern mit Balkon mit oder ohne schön gestalteten Stiegenaufgängen.

Bereits am zweiten Abend hat der Kapitän einen Plan für den nächsten Tag erdacht. Zum Leidwesen von Mamabert war es sein fester Wille, einen Gipfelsturm zu wagen. So gings am Tag drei für zwei Stunden bergauf, meist auf einem gemauerten Weg aus umliegenden Steinen, schön gemacht, von — sagen wir mal, Sklavenhand?? Ein Weg, auf dem Spartakus in Richtung Rom oder sonstwo getrieben wurde, erinnerte uns unzählige Male an einen klassichen Via Roma, wir glauben, dass der Name des Wegs jedenfalls so lauten musste. Davor gingen wir noch in die Uffici des Hafens, nach einem Wetterbericht fragen: Che tiempo fa, äh domani?? War die Frage, wir bekamen einen Wetterbericht ausgedruckt, gleich fragten wir noch nach der Tankstelle, gleich neben dem Büro. Ja, bis zum Sommer gibt es nur Self-Service. Ok, gracie. Perfekt. Aber dann schauten wir uns die Tanke an und stellten fest, dass die Hafenmauer unterhalb der Wasserlinie nach draußen sprang. Da bohrten sich also Steine in Ilvas Seitenwand, außer man hat Fender der Marke „Supersize“. Wollten wir Ilva damit bestrafen? Niemals!!!

Bildergebnis für capraia

Nach geglücktem Besuch des Berggipfels auf ca. 400 Meter Seehöhe, einer verrosteten Kirche und so manch anderen Bauwerken mit niederer Festigkeit – außer einer drei Meter dicken Steinmauer, die vorm Nichts abzuwehren schien, kamen wir glücklich und zufrieden auf ILVA zurück. Beiboot abbauen, kochen, Kram verstauen, den Autopilot vorbereiten. Schon bald setzte ablandiger Wind ein – vor Anker ein Geschenk Gottes, dann noch ein Achterl rot, dann ab in die Koje, der Wind kam immer mehr in die Gänge, böig, schon fast 5 bft, dann 6, die Kette riss, neben uns eine Boje mit Blinklicht, die touchierten wir mittlwerweile, weil unser Schwojradius größer und größer wurde. So auch der Wind, schon sicher 7 bft. Wir wussten nicht, ob der Anker gerutscht war, dazu das Wissen und diese komische Dinger unter Wasser mit der losen Vorahnung, dass ich da am nächsten Morgen wohl oder übel tauchen musste – bei 15 Grad Wassertemperatur – und natürlich: Legerwall – hinter uns die Felsen! Ankerversatz einschalten, in die Koje und versuchen, dran zu denken, dass unser Anker noch nie nachgelassen hatte. Schließlich brach der Morgen an und alles war beim Alten. Schon vor dem Frühstück verließen wir die Bucht mit Autopilot, Kurs 60, Cecina im Fokus. Das Wetter war diesig, so hatten wir das Mittelmeer noch nie gesehen. Capraia verschwand schon nach 30 Minuten hinter uns in feuchten Wolken.

Das Schönste am kleinen Urlaub im Nichts war die Gelassenheit, mit der wir herangingen, das erweiterte Genussempfinden, die Freude ohne Stress. Wir hatten allen Spaß der Welt, allen Genuss der Welt, spürten das Dolce Vita, wussten wieder: Es ist möglich, das Dolce Vita versteckt sich gar nicht so aufregend kreativ, wie es manchmal tut, es lässt sich finden, man braucht nur ein Boot und eine Insel. Das reicht.

 

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Das Wasser und die Wüste

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Gestern fuhr ich mit der U-Bahn über die Donau. Ich sah aus dem Fenster, sah, wie der Wind das Wasser zeichnete, kleine Wellen aufpeitschte, es zerstäubte, aufriss und Wellenspitzen mit sich fort zog. So, als wolle er das Wasser stehlen. Ich dachte mir kurz, wie schön es wäre, wieder das Meer vor Augen zu haben. Das MEER! Es zu riechen, zu schmecken, es einzuatmen wie einen gellenden Geist; ich dachte zurück, an die schöne Zeit, als wir am Cabo de Gata die Farben der Steine zählten, in der ewigen Hitze der Wüste, der Gelbheit des Sandes, der Schönheit des Abfalls – in der hellsten Sonne, die man je gesehen hat.
Die Donau erschien mir mit einem Mal schmal und gleichzeitig breit wie eine Bucht, wie ein Meereskanal droben in Holland – wo wir auch immer wieder gerne hinkommen und uns an der Verbindung aus Mensch und Meer erfreuen! In aller Künstlichkeit haben sich beide vereint, sich lieben und hassen gelernt.
Die Szene machte mich glücklich und traurig zugleich. Ja, mir ist klar, warum das so sein MUSS. Es gibt immer zwei Seiten, immer plus und minus; immer mehr UND weniger; selten PLUS allein. Ach ja, das hatten wir ja während unserer Reise schon des Öfteren. Dieses Thema scheint mich auch hier zu verfolgen.
Warum mich das gewundert hat? Wahrscheinlich, weil der Blick aus dem Fenster mir wieder einen Eindruck gab von der Schönheit dessen, was früher jeden Tag normal war, auf Ilva – nämlich Wasser und Wind. Gibts noch mehr? Gab es jemals mehr Meer?
Man arrangiert sich ganz sicher irgendwann mit dem Auf und Ab, mit dem, was der Wind hinterlässt, mit dem, das man gerade in der Sekunde serviert bekomt. Ich hoffe, die Zeit verliert nicht an Geschwindigkeit und vergeht so schnell wie im letzten Jahr. Irgendwann kommt der Frühling – womöglich schon schneller als gedacht. Irgendwann schmilzt auch hier wieder das Eis.

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Wem die Stunde schlägt – Almeria Tschüss baba

Der gute Ernest hat es ja schon – von allen, die geduldig genug waren, den Schinken bis zur letzten Seite durchzulesen  – episch ausgedrückt.  Angst und Schrecken – Grundsatzfragen, leben und sterben, heimfahren oder bleiben, Almeria oder Monfalcone – und wir?

BildAlmeria markiert den westlichsten Punkt unserer Reise, sieht man von unseglerischen Seitensprüngen nach Gibraltar und Marokko mal ab. Almeria hat alles, was ein Mensch so braucht. Eine Altstadt, Einkaufsstadt, Bars, coole Flamenco-Clubs, Restaurants (nie eins besucht –zu teuer), Sportzentrum, günstige Mietautos, billiges Gas in Flaschen, traumhaftes Klima, super-nette Leute, zerkratzte Autos, nicht allzu billigen Wein, eine verdammt gute und billige Tapas-Bar, einen genialen Paseo am Strand, zu tausenden bepisste Straßenlaternen, eine imposante Alcacabar (maurische Festung), staubig-trockene Baguettes und ca. 2 Miliarden frische Hundstrümmerl täglich.
Wem die Stunde schlägt – nicht schon wieder!!  – der macht sich Gedanken über Kameradschaft und Suizid – nein ganz soweit geht es bei uns nicht, aber unsere Stunde hat geschlagen – das fühlen wir deutlich. Es wird resümiert, was denn alles erlebt wurde, geschafft worden ist, was „im schwarzen Album mit dem silbernen Knopf “ mit soll ins weitere Leben, wenigstens im Hirnkastl. Was bleibt zurück?  Keine Ahnung, dafür war bis jetzt noch keine Zeit, auch nicht für den letzten almerianischen Sonnenuntergang.
Denn:  Es wird klar Schiff gemacht – neu verstaut und fix fixiert. Tausende Gripfile-Downloads in den letzten Tagen machen den Kopf schwer. Ist das Hoch „groß genug“ um ein gutes Stück nach Osten zu kommen? Wird uns der Wind gnädig sein und nicht sofort wieder stark aufs Näschen blasen? Alles anstellen zur großen Geräteprade. Sind alle nach der Pause noch arbeitswillig? Es dauert ewig, den legalen Weg für die Entledigung der „ausländischen“ Gasflasche herauszufinden. Für alle noch Unwissenden: hinter der Plane rechts im Club del Mar dürfen auch die landes-fremden leeren oder halbleeren Gasflaschen stehen. OK. Es wollen alle hier gewonnenen Freunde ordnungsgemäß abschiedsgeküsst werden (Freu*Wein*) und selbstverständlich „abschieds-mohnbestrudelt“.  Mohn gibts hierzulande nämlich nicht. Aber es gab gute Rückmeldungen aus spanischen „el Mundos“!

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Unzählige Male läuft Papabert mit Wasser zwischen El Arbol und Schiff  hin und her. Man könnte glauben, wir müssen in die andere Richtung noch übern Atlantik. Doch auch im Mittelmeer wird es wieder lange dauern, bis der Weg vom Boot zum Flaschenwasser so ein kurzer ist. Es wird vorgekocht – Spanischer Eintopf del Capitano, was sonst. Am ersten Segeltag nach 3 Monaten soll es niemand an Futter mangeln!

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Wo liegt der nächste Hafen – was wird uns empfohlen….. und unter welcher Telefonnummer? Tja, dennoch niemand erreichbar. Egal, wir sind motiviert!! Zum Trost gehen wir nochmals in Papaberts Lieblinsrestaurant Cabana del Tio Tom! Marwin bestellt dort zum wiederholten Mal Fresa con Nata!! Jetzt kennen ihn wohl schon alle aufgrund seiner Vorliebe (vielleicht auch wegen seiner langen Haare und dem Fußball, der allweil an seinem Fuß klebt). Mamabert genießt noch den letzten Einkaufsausflug zum Carrefour…..auch wenn es dort keinen Tintenkiller für Kindbert gibt. Spanien steht auf Tip-Ex! Tintenkiller sind ausgestorben. Auch Wäsche wird noch gewaschen. Was, schon wieder? Ja schon wieder!

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Neben dem gesamten Bootskleinkram, der vielleicht schon so manchen von unseren LeserInnen (wie uns auch oft) langweilt, geht es aber auch um „große Würfe“, so wie halt auch bei den literarischen Größen. Wie soll die Rückreise im Groben verlaufen? Wo soll bzw. könnten mögliche Endpunkte sein? Was steht auf der „Unbedingt-noch-erleben-Liste“? Wo kann Ilva nach ihrem „Tagwerk“ angemessen im Wasser liegen bis wir wieder Zeit für sie finden? Wir schreiben in etwa 40 Häfen in Ligurien und der oberen Adria an. Die Antworten liegen irgendwo zwischen amüsant und erschreckend, von den Zahlen ganz zu schweigen. Mal sehen. Wieso besteht unser Leben immer aus mehr Fragen als Antworten? Weil wir Lebensliteraten sind? Weil das normal und bei allen so ist? Naja, wollen wirs mal nicht übertreiben. Nach einem ausgiebigen Frühstück für uns und einer Tankfüllung für Ilva (gleiches Recht für alle!) samt Adios-Picture (mit geschenktem Almeria-Kapperl) geht es unerbittlich los. Fast hätten wir einen Enteisungsspray gebraucht. Wir waren da ja schon fast festgewachsen.

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Aber Nun: Kurs 210 – Ost. Wir freun uns wieder, am Meer zu sein. Ilva pfeift durchs Wasser. Jeder tut, was er kann, um zum Fahrtglück beizutragen. Kindbert liegt herum und zieht sich ein Video rein, Mamabert schaut versonnen aufs Meer, Papabert bestaunt die Küste und knipst noch eifrig bis der Fotoapperat nimmer kann. Ja, kein Scherz, wir faulenzen ausgiebig, weil Ilva fährt sofort wieder wie fast von alleine.  Schön ist so das Seglerleben.

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