Monatsarchiv: Februar 2014

„How was your trip?“

„How was your trip?“, fragte uns eine alte Amerikanerin, als wir in der Bar hoch oberhalb der Marina von Denia im Internet surften. Tja, das war schon eine Fahrt, da rund um den Felsen von Calpe, die erinnernswert bleibt, so haben wir erzählt. Einmal haben wir ja bereits die Metapher von der Glückssau (Straße von Messina) bemüht, um unsere Rückschau mit den richtigen Emotionen zu unterfüttern. Diesmal hat sie wohl geschlafen und nur mit einem halben Auge dafür gesorgt, dass nix gar Schlimmes passiert ist. Ja, auch bei den Glücksschweinen ist man um Effizienz und Ökonomie bemüht, wen wunderts. Aber der Reihe nach….

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Wir wollen also raus von Calpe, der Hafen, in dem wir schon andere anschrien, wies ihnen denn wohl so geht, bei ihren Ausfahr-Manövern hat es auch für uns bei der Abreise in sich. Es kommt Wind auf, wie schon so oft drehen wir uns mit Hilfe von Leinen (diesmal waren es die Moorings) in eine halbwegs sichere Ausgangsposition, um unseren Parkplatz zu verlassen, aber wies halt auch so ist, die Moorings, die uns Richtung Ausfahrt wenden soll, gibt solange nach, dass wir es schließlich zuwege brachten, uns um 180 Grad umzudrehen. Not much to the captains satifsfaction. Unsere Spitze ragt nun genau Richtung teurer Superyacht und da wollen wir uns auf keine Experimente einlassen.

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Wir brauchen eine geschlagene Stunde, um aus dem kleinen Windloch dort rauszukommen. Mit Mut und Tempo. Jedoch wird auch draußen nichts besser, meterhoch stehen die Wellen, ja das wussten wir ja eh schon von unserer Ankunft, dass sich das Meer hier grauslich zusammenquetscht. Ist ja auch fast eine kreisrunde Naturbucht, wo es bei viel Wind hin- und herschwappt, ohne dass etwas zur Ruhe kommen kann.
Aber auch vorne um den Felsen rum wirds kein bisserl leichter. Kein Wind, aber meterhohe Wellen von der Seite und hier geht erstmals Interieur zu Bruch. Ein Kastltürl springt auf, Teller rasseln (nein leider nicht zu Boden, sondern) schräg vis-a-vis in den dort unterm Tisch befestigten Radiator rein und zerspringen in tausend Scherben. Kindbert heult gerade in der  hinteren Kabine und will Schlechtheits-Gesellschaft, Papabert hängt schon ziemlich schräg am Steuerrad und Ilva stampft meterhoch durchs „Meeresgemüse“. Gottlob war dies einer von den kalten Tagen und Mamabert hatte ihre SeglerInnen-Rüstung angelegt, die auch gut dazu dient, dem hoch dynamischen Scherbenhaufen unter Deck mit Bartwisch und Schaufel gemächlich den Garaus zu machen. Jedesmal wenn was vorbeirutscht wurde es eingefangen und nach der nächsten Welle unwiderbringlich abschiedsgrußlos und im Mistkübel-Grab versenkt. Wir sind erschrocken, aber aufgeräumt und hellwach. Nach 8 Monaten ist etwas kaputt gegangen! Verloren haben wir ja schon einiges, aber ruiniert??? Der Törn hat es in sich, die Wellen lassen auch nach dem Kap nicht nach, sind aber dann regelmäßiger und da sich unser Kurs ändert, kommen sie schräg von hinten und tun nicht mehr so weh. In der langgezogenen offenen Bucht von Denia schaffen wir es, das Riff nicht zu treffen, gesehen haben wir es allerdings erst 2 Tage später beim Strandspaziergang. Wo und wie sind wir da durchgefahren???

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In Denia erfahren wir dann, dass dies die höchsten Wellen des Winters waren. 10 Meter und mehr am Atlantik. Vielleicht haben die uns ja übers Riff gehoben — dann danke Glückssau, auf jeden Fall. Nach ein paar ereignisreichen Tagen in Denia geht es weiter Richtung Gandia. Einem kleinen aber äußerst niedlichen Dorf an der Küste. Mamabert sind kurze Etmale äußerst willkommen, sie musste sich einer kleinen ambulanten OP unterziehen und ist in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt. Doch Papabert und Kindbert haben rasch ihre Krankenschwesternuniformen ausgepackt und so perfekt umsorgt lässt sich ja alles aushalten. Auch Kindbert genießt es, wenn nicht 7 sondern nur 3 Filme am Stück angesehen werden müssen — seine beliebteste Schlecht-Weh-Therapie auf Fahrt.

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Nach dem Klo tropfen nunmehr auch die Armaturen unbestreitbar (bis dato waren es einige Tropfen gewesen, aber jetzt ist es ein Rinnsal) Ist das zu glauben? Ilva, du Gute, was willst, nochmals Liebe zum Abschluss, gell?

Bis Valencia gibts nun fast nur mehr Motorfahrten, aber wenigstens ruhige See. Die Marina-Valencia ist riesig, genauso wie die Boote, die in ihr Platz finden. Zur Dusche brauchts da echt ein Taxi, das sind sicher zwei Kilometer. Endlich wieder einmal Stadtluft schnuppern. Tut uns gut. Abends in der Kabine liegend stört einzig und allein das lästige Schlagen des Großfalls der Nachbaryacht die Stadtidylle. Papabert steigt beherzt in Unterhos aus dem Boot und rüber aufs andere, weil das wird noch zum Schweigen gebracht. Letztlich gilt der Schlaf der Crew mehr als das ungeschriebene Gesetz: Steig nicht aufs andere Boot, schon gar nicht nur in Unterhosen. Wenn das jemand sieht, muss der sich sehr wundern, denkt Mamabert. Das Schlagen hört auf, Mamabert und Kindbert wollen schon zum Jubel ansetzten, da hechtet Papabert rein in die Kabine und gebietet absolutes Schweigen: „der hot mi gseng“. Ein Kopf taucht aus dem Nachbarboot auf, sieht sich um, ziemlich lange. Kindbert kriegt einen Kudderanfall reinster Sorte, auch Mamabert findets total lustig, nicht so Papabert, weil er doch glaubt, dass der Nachbar-Skipper gesehen hat, wer da auf seinem Boot in welcher Montur rumgeturnt ist – um den Lärm auf SEINEM Boot abzustellen. Am nächsten Tag bleibt Papabert daher lieber unter Deck. Während Mamabert an Bord liegend genest, erforschen Papabert und Kindbert die toll angelegten Parks und die Museen von Valencia. Gegrüßt hat Papabert den netten Bootsnachbarn am nächsten Tag mindestens zwei Mal. Immer freundlich: „¡Hola!“

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Die Tiger von Calpe

Nach einigen Segeltagen mit guten Etmalen legen wir in Calpe an. Der starke Wind schiebt uns rollig vor sich her, die Windfahne müht sich ab, gegen die hohen Wellen von hinten Kurs zu halten. Nach Alicante ists vorbei mit der herrlichen andalusischen Sonne, der Trockenheit, der Klarheit des Himmels, den angenehmen Abenden. Schon bald steht fest: hier kommen wir nach Europa! (eigentlich haben uns die Leute hier erzählt, es sei verdammt kalt jetzt – also das mit dem Klima wird bald wieder besser). Wir frieren nämlich beim Segeln. Und obwohl wir wissen, dass so manche/r unserer LeserInnen jetzt ein wenig schadenfroh lächeln wird – ok, wir wissen, dass Mitteleuropa grad im Eis ertrinkt, dagegen brauchen wir hier nur eine Seglerhose anzuziehen! Während der Nächte in den Häfen straucheln 2 elektrische Radiatoren und halten unsere Gehirne eisfrei.

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Nun liegen wir ziemlich unruhig im Hafen von Calp oder Calpe, je nachdem welche Schreibweise man wählt. Und obwohl wir „nur“ im Mittelmeer geblieben sind und dort auch wiederum „nur“ an der Küste entlang segeln, gibts dennoch viel zu berichten.
Nach einem zweifachen Rittberger bei Starkwind beim Anlegen in der Marina, müssen alle ganz dringend Pipi, denn kurz zuvor ist die Pumpe unseres Schiffklos kaputt gegangen. Dies erforderte gewitzte wie auch risikoreiche gegenderte Lösungen, damit die SeglerInnenblasen nicht platzen. Und was dann noch geschah: nachdem wir uns zum Essen in den dank Landstrom endlich warm werdenden Schiffsbauch zurückgezogen hatten, sahen wir achtern nur mehr eine riesige weiße Genua, ganz nahe bei unserem Heck. Papabert springt hoch. Gerade eben noch beim Laptop gesessen setzte er an zu einem rekordverdächtigen Decksweitsprung, um die eifrigen Jollensegler, die allesamt ziemlich erfahren oder zumindest erfahrener aussahen als wir, anzuschreien. Ohne Skrupel ob ihrer tollen Seglerkleidung, ihren hohen Ehrfurcht-einflößenden Haaransätzen und ihrer großen Anzahl. Mamabert und Kindbert hinter ihm her – weniger aufgebracht, weniger hübsch – Mamabert in ihren Hüttensocken mit Herz und Jogginghose, Kindbert in alter Jogginghose und unfrisiert, aber nicht minder ambitioniert, die Situation zu retten als irgendeiner der Großen. Was war da abgegangen? Als die britischen Wassersportler ihre Jolle mit einer Wende im engen Hafenbecken ins offene Meer rausmanövrieren wollten, krachten sie voller Freude gegen unser schönes Heck und rammten mit dem Großbaum fast noch den Außenborder von unserer Reling.

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Vollen frohen Muts waren sie ohne Motor und auch ohne Leinen oder Fender nur bis zur nächsten Ecke gekommen, wo unser Boot im Weg stand weil der Wind die Segel mächtig füllte.  „Where are your fenders? Where are your lines?“, brüllte Papabert. „Sorry, sorry, we are so sorry, so dumb“, gab die Crew kleinlaut von sich. „What means sorry?“, konterte Papabert. Bei Sturm mit der Genua  und dem Groß gegen den Wind zu gehen ist vielleicht doch nicht so eine gute Idee, ob nun ordentlich angezogen oder nicht. Ziemlich gedämpft fuhr die Crew samt Segelguru wieder an ihren Platz zurück – ja, so schnell kann ein Männertag sein Ende finden. Ok, gut – Schwammdrüber-Blues, unser Tag will auch gerettet werden, das Hin- und Hergeruckel raubt Papabert den Nerv. So wendet er sich konstruktiven Dingen zu und erfährt bei seinen Recherchen, dass das Plastikteil für das Klo läppische 100 Euro (!!) kostet, ein Klacks, oder?  Wir können es nach Valencia in einem Geschäft abholen und müssen dafür noch nicht mal einen Umweg fahren. Der Kratzer an der Bordwand wird durch zwei Bier von John, dem altgedienten Jollensegler wett gemacht. Was hilft gegen Stress im Hafen: Weg da!!! Sollen doch alle anfahren wenn wir nicht dabei Herzstechen kriegen. Abhlife schafft eine Wanderung.

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Kindbert freut sich ohnehin schon auf eine kleine Tour und uns allen tut ein Spaziergang durch die Natur gut. Na das trifft sich ja bestens, dass Calpe direkt an einem ca. 400 Meter hohen Felsen, dem „Peñon de Ifach“ liegt, der ähnlich wie „the Rock“ bei Gibraltar aussieht, mindestens genau so steil ist und von mindestens ebenso vielen Tieren in einem Naturpark wohlversorgt bevölkert wird. Allerdings sinds hier keine Affen, sondern Möwen und Katzen.

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Am höchsten Punkt des Felsens tummeln sich die kleinen Tiger, um Möwenküken oder wenigstens ihre Eier zu stehlen. Sie scheinen sich wohl zu fühlen bei Wind und Wetter, 400 Meter über dem Meer. Das Fotografieren sind sie wohl gewöhnt, streicheln ließ sich jedoch nur eine. Der Weg auf den Felsen ist durch ein kleines aber wichtiges Schild markiert: Caution! Extreme dangerous track! Don`t walk with Children! Das Flip-Flop-Zeichen war dazu auch noch durchgestrichen. Ok, wir würden das verstanden haben, wenn wir es gelesen hätten, haben wir aber nicht. Zum Glück sind so viele Engländer da. Aber es war ohnehin egal, schon der Anblick nach oben muss einem Menschen (wenigstens einem aus den Alpen) sagen, das wird lustig! Rauf gehts einer „maurischen Mauer“ entlang (hatten die auch schon Kletterseile?)

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Ein Durchgang durch den Fels verkürzt den mittleren Aufstieg, gleicht aber einer Rutschbahn-Tube und kann nur mittels der Halteseile am Rand bewerkstelligt werden – der 100 Meter lange Tunnel wurde irgendwann mal durch den Fels gehauen und erinnert Kindbert und Mamabert gleich an Herr der Ringe. Dann gehts über glatte und eingerissene Steine auf einem schmalen Steig an den hohen Klippen entlang nach oben, zum Anlehnen, mit Steigseilen ausgerüstet. Komisch, von unten sah der Felsen doch so klein aus? Kindert und Papabert gehen alleine weiter, der Weg sehr schwierig –  glatt –  steil – weit. Mamabert geht lieber zum Supermarkt  – es gab ja letztlich gute Gründe, warum sie den Alpen den Rücken kehren wollte und lässt die beiden Entdecker alleine aufsteigen, so nach dem Motto Ehefrau und Ehemann. Oben dann ein Ausblick, der einem die kleine Welt auf so einer Yacht vergessen lässt. Wie dicht der Landstrich doch besiedelt ist! Das meiste wird nur im Sommer bewohnt – rund 200.000 Menschen wollen dann gemeinsam hier braun und entspannt werden. Ob das möglich ist? Ein Panorama auf die Gelsenlacke (früher mal eine Saline) hinter hohen Hoteltürmen, dahinter irgendwo Ibiza im Osten, die imposanten „Zähne“ von Benidorm im Westen– die Stadt mit den meisten Wolkenkratzern pro Mensch – hässlich und unbelebt sieht das aus. Voller Eindrücke und wieder  innerlich eingenordet wird das Zusammensein am Boot erneut genossen. So ein Hafentag hats einfach in sich!

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