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Über den Sturm

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Der Sturm greift dich an wie ein Feind, versucht dich zu packen, bemächtigt sich deiner Gedanken wie eine Religion, wie ein Versicherungsvertreter; er trachtet dir die Seele, deine ganze Existenz aus dem Leib zu reißen wie Chucky die Mörderpuppe. Verdammtes Gefühl. Es ist die Übermacht des Gegners, die du fühlst, die sich deiner annimmt wie ein guter Freund, und sagt: Hey, wie wärs mit uns zwei? Kleiner Quickie gefällig? Oder lieber auf die harte Tour?

Die Literatur sagt, nur ein wahrer Kapitän könne mit all den Gefahren am Meer umgehen, mit Stürmen, Hochs und Tiefs, mit Sturzbach-Regen, Nebel (hui), mit den sozialen Unwettern auf einem schwimmenden Yogurtbecher und allem anderen auch, mit vertäuten Tauen und Fettbränden beim Palatschinkenbraten. Dem wollen wir nicht widersprechen.

Es ist eine Grundregel der guten Seemannschaft, so lange an Bord zu bleiben, wies noch geht, so lange, bis einem die Yacht unter den Füßen wegsackt – man sollte sich an Captain Jack Sparrow ein Beispiel nehmen und am Mast solange balancieren, bis ein Steg in Sicht kommt. Zum Trainieren dieses Details könnte man eine Luftmatratze nehmen und den Abstieg auf die Sandburg üben. AbeR: Jene, die den Weg zum Versicherungsvertreter nicht so vorfinden wie den Weg in einen vertrauten Hafen (also betonnt und gut beschildert – und maximal 3 Knoten Fahrt) seien gewarnt, denn manche verlassen ihre Yacht Hals über Kopf, springen in eine aufgeblasene Gummihaut mit Überlebensmesser und versuchen noch ihr Kajak aufzuriggen, um es an die Küste zu segeln. Sind die Segler auf Leistung trainiert – so stehts in der Literatur – dann gehts noch schneller von Bord ab, dann scheint es auch hier um Sekundenbruchteile zu gehen.

Der Glaube an all das, was die Yacht bis zum Abtauchen bietet, sei eben beim sportlichen Jollensegler nicht vorhanden. Er ist trainiert, das Kentern zu üben bis ihm schlecht wird, er ist angehalten, seine Jolle zu hassen, er wird ihr die Sporen geben, bei jeder Welle mindestens ein Mal. Immer in die Rippen! Also, verlasse niemals deine Yacht, auch wenn es noch so triest aussieht, warte, bis deine Schwimm-Tempi von selbst Sinn ergeben und dich vom Umglücksort wegtragen! Oder fahre nach Triest und geh auf ein Eis!

Das Ganze ist halt eine Geduldsgeschichte. Wenn das infernalische Heulen des Orkans und das unaufhörliches Hämmern der See gegen den Rumpf zermürbt, wenn die Nerven wie herausgerissene Kabelbäume herausgetreten sind, dann stirbt auch jeder Wunsch, noch eine Sekunde länger auf diesem Yogurtbecher zu bleiben. Das scheint ein Naturgesetz unseres Geistes zu sein. Manche starten dann den Motor, um ein bisschen vertrautes Umfeld zu signalisieren, sich selbst, der Crew, der Ehefrau, dem Kind in der Schaukel; im Wissen, dass es nicht mehr viel bringen wird außer Dieselgeruch.

Beim Fastnet Rennen von 1979 ließ das Dröhnen der Rettungshubschrauber die Seeleute über Bord springen wie Känguruhs. 5 Schiffe gesunken, 15 Tote. Das war die Panik! Und diese Männer und Frauen bewiesen Mut, sie wollten zum Felsen segeln, obwohl der Himmel schon dunkel durchschien, und alle Anzeichen auf Mist- bis Sauwetter standen. Nicht die Angst sei dabei der Hauptauslöser dieses Kurzschlusses gewesen, so sind sich die Experten einig, sondern der Verlust des Vertrauens in die Sicherheit des fahrenden Untersatzes. Normalerweise wird jener Mensch panisch, wenn er glaubt, er hätte keine Überlebenschance. In den U-Booten sei es nie zu panischem Verhalten gekommen. Klar, da kann man auch nicht über Bord gehen. Deswegen könnte man sich überlegen, beim Sturm nach unten in die Kajüte zu kriechen und Türen und Luken versperren, verbarrikadieren und verschweißen. Das würde endlich helfen, bei Windstärke 12 ruhig zu bleiben.

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Das Wasser und die Wüste

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Gestern fuhr ich mit der U-Bahn über die Donau. Ich sah aus dem Fenster, sah, wie der Wind das Wasser zeichnete, kleine Wellen aufpeitschte, es zerstäubte, aufriss und Wellenspitzen mit sich fort zog. So, als wolle er das Wasser stehlen. Ich dachte mir kurz, wie schön es wäre, wieder das Meer vor Augen zu haben. Das MEER! Es zu riechen, zu schmecken, es einzuatmen wie einen gellenden Geist; ich dachte zurück, an die schöne Zeit, als wir am Cabo de Gata die Farben der Steine zählten, in der ewigen Hitze der Wüste, der Gelbheit des Sandes, der Schönheit des Abfalls – in der hellsten Sonne, die man je gesehen hat.
Die Donau erschien mir mit einem Mal schmal und gleichzeitig breit wie eine Bucht, wie ein Meereskanal droben in Holland – wo wir auch immer wieder gerne hinkommen und uns an der Verbindung aus Mensch und Meer erfreuen! In aller Künstlichkeit haben sich beide vereint, sich lieben und hassen gelernt.
Die Szene machte mich glücklich und traurig zugleich. Ja, mir ist klar, warum das so sein MUSS. Es gibt immer zwei Seiten, immer plus und minus; immer mehr UND weniger; selten PLUS allein. Ach ja, das hatten wir ja während unserer Reise schon des Öfteren. Dieses Thema scheint mich auch hier zu verfolgen.
Warum mich das gewundert hat? Wahrscheinlich, weil der Blick aus dem Fenster mir wieder einen Eindruck gab von der Schönheit dessen, was früher jeden Tag normal war, auf Ilva – nämlich Wasser und Wind. Gibts noch mehr? Gab es jemals mehr Meer?
Man arrangiert sich ganz sicher irgendwann mit dem Auf und Ab, mit dem, was der Wind hinterlässt, mit dem, das man gerade in der Sekunde serviert bekomt. Ich hoffe, die Zeit verliert nicht an Geschwindigkeit und vergeht so schnell wie im letzten Jahr. Irgendwann kommt der Frühling – womöglich schon schneller als gedacht. Irgendwann schmilzt auch hier wieder das Eis.

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