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Madeira – Insel der seligen Poncha-Trinker

Irgendwie sind es immer die Inseln, die uns in ihren Bann ziehen, sie strahlen etwas Magisches aus. So wie Madeira, Insel der Blumen und Berge. Der Atlantik ist überwältigend. Eine Wahnsinns-Vorstellung, da im Sommer hinauszusegeln und drüben – quasi drüben unten anzukommen – in North- oder Southcarolina, oder in Grenada. Vielleicht wird’s ja noch was mit der Atlantik-Überquerung.

Madeira hat und überrascht. In vielerlei Hinsicht. Zunächst einmal die Berge. Die sind steiler, und hartnäckiger als wir dachten. Da geht’s hinauf, hinauf, hinauf, ewig, bis zum Himmel, haben wir unserer kleinen Zwergiberta gesagt, bis zu den Wolken, und noch darüber hinaus. Zum Glück gibts die Levadas. Das sind hunderte gemauerte Bewässerungskanäle, ungefähr einen halben Meter breit, sie ziehen sich wie Spinnennetze rund um die Insel – sie bleiben auf einem Niveau, damit das Wasser darin stehen bleibt – man wandert quasi wie auf einer Ebene rund um die schroffen Berghänge – super fürs Wandern mit kleinen Kindern! In den Levadas wartet das Wasser auf den Sommer, bis es dann, kontrolliert abgelassen, die Bananen- und Maracujafelder mit Leben versorgt. Aufgefangen wird es an den steil abfallenden schroffen Lavafelsen im Inselinneren, wo Regen- und Tauwasser in Strömen talwärts rinnt – zumindest im Winter steht die Insel im Saft wie eine frische Kaktuspflanze. Man kann sich einfach nicht vorstellen, dass es hier jemals trocken wird – und doch müssen vor Jahren hier gewaltige Waldbrände getobt haben, denn eine Menge Bäume sind abgestorben oder unten schwarz angekokelt. Teilweise sind ganze Wälder tot – den Grund konnte uns niemand erklären, auch nicht ein „Ranger“, der die Wälder beaufsichtigt.

Oben in den Bergen, wo das Moos und die Flechten die Wälder überziehen wie ein Zuckerguss kommt man sich vor wie in einer Geisterwelt. Dichte Nebelschwaden ziehen mit dem Wind, lassen manchmal einen Blick auf den Atlantik zu, oder verhüllen einen selbst, inklusive Kamera. Wie muss das alles ausgesehen haben, als noch dicke Mammutbäume die Insel bevölkerten, oder Mahagoni, oder Drachenbäume und Steineichen? Das Hochplateau ist tatsächlich kahl, alles abgeholzt, nicht ein einziger Baum steht noch da oben. Der vorzeitliche Schiffbau hat alles vernichtet.

Manche Madeiraner sehen aus, als hätten sie irgendwann mal den Wunsch verspürt, hier wegzuziehen, das beschwerliche Leben aufzugeben, alles hinzuschmeißen, die Bananen, die gute Luft, Freunde, Familie, den Wein, den Fußball. Manche sehen aus, als hätte ihnen der Alkohol diese Wünsche aus den Gehirnen gewaschen. Manche sehen aus, als hätten sie noch nie an einen solchen Wunsch gedacht, und manche sehen aus, als würden sie sich niemals trauen, ihre Wünsche zu träumen, weil sie brav in die Kirche gehen. Vielerorts sieht man auch Resignation, oder Armut, oder Beides zugleich. Manche Dörfer in den Bergen laden nicht gerade zum Bleiben ein. Es sind die Dörfer, von denen es keine Fotos gibt, weil sie fast das ganze Jahr über im Nebel liegen. Dort oben zu wohnen möchte man sich nicht vorstellen. Feuchte Mauern, feuchtes Holz, feuchte Kleidung, innen, außen, überall. Nebel wohin man schaut. Da kommt es schon mal vor, dass tote Katzen auf der Straße liegen, oder offene Müllhalden die Ortzentren schmücken. Kinder ohne Schuhe, die auf den nassen kalten Straßen herumlaufen und nicht einmal Fußballspielen können, weil es vorne und hinten nur steil nach unten oder oben geht. Winzige Bauernhöfe haben wir gesehen, ein Leben wie vor hunderten von Jahren, ohne Strom, Kanalanschluss und Auto, mit kleinen Hühnerställen und einem scharfen Hofhund. All das haben wir gesehen. Die Armut ist eben ein Stiller Begleiter der Welt. Trotzdem scheinen die Menschen dort in den Bergen das Nötigste zu haben, ihre Freundlichkeit haben sie jedenfalls nicht verloren. Milch, Eier, Hühner, Fisch, Bananen und einen guten Poncha, das ist alles, was man braucht.

Schön sehen die Terrassenfelder aus. Mit Steinmauern, hunderten, tausenden, Millionen Steinmauern wird ein bisschen Land der steilen Klippe abgejuckst, für ein paar Kilo Bananen, Papayas oder Guaven, die allesamt kaum gewinnbringend verkauft werden können. Die Konkurrenz aus Übersee, Firmen wie Dole sind wahre Riesenhaie, die den Markt mit Billigen Bananen überschwemmen und die kleinen Fressen. Da kommen die madeirischen Bananenbauern eben nicht mit, mit zu wenig Wasser, zu wenig Anbaufläche und vor allem nicht, wenn man sich zu seinem Feld von oben einige Hundert Meter abseilen muss. Dafür schmecken die Bananen wunderbar würzig, vielleicht sind sie sogar besser zum Kochen als zum Roh essen geeignet.

Die höheren Lagen kommen im Winter kaum von Nebel raus. Fast nie lichtet sich dort der Himmel, nur an schönen Tagen und die sind selten. Das machte auch Karl I. zu schaffen, der in nur vier Monaten Aufenthalt in den Bergen (Monte) über Funchal an einer Lungenentzündung verendete. Das war 1922. Vielleicht wollte er auch nicht mehr. Die Villa da oben ist jedenfalls ein fantastischer Bau, man könnte glauben, jemand würde sich doch ein Herz nehmen, potent und willens genug sein, um dieses unglaublich schöne Bauwerk zu erhalten. Aber weit gefehlt!! Die Villa verfällt, verrottet, wird von Moder und Schimmel zerfressen, ist innen total zerstört. Nur noch ein paar Wände und Decken sind zu erkennen, die mit Verzierungen von der ehemaligen Schönheit zeugen.

Der Osten der Insel zerfällt in einzelne Abschnitte, die langsam vom Meer wieder zurückerobert werden. Hier sieht man sehr schön, wie der Vulkan die einzelnen Schichten zusammenzimmerte, mit senkrechten Kanälen, die vom heißen Magma durchstoßen wurden. Ein einziges schönes Haus ist im äußersten Osten zu finden, ein Haus, das zum Schreiben in der Einsamkeit einlud. Vor allem Papabert war angetan von dieser Art der Abgeschiedenheit.

An der Südküste ist das Klima mild, vor allem in Ribeira Brava kam nicht so starker Wind durch die enge Schlucht. Es war einer der schönsten Orte der ganzen Insel, wie wir fanden, klein und fein. Sogar genügend Spielfläche zum Fußballspielen. Wir fühlten uns wieder zurückversetzt nach Spanien, nach Almeria, Valencia, Cartagena oder Barcelona. Die Leute im Cafe schauten Fußball und wir mit ihnen, bald verehrten auch wir Cri“sch“tiano Ronaldo, so wie sie – wenn man mal dort ist, versteht man das Gehabe Cri“sch“tianos vielleicht besser. Cri“sch“tiano thront nicht weit von seinem Elternhaus am Pier am Westlichen Ende des Hafens als Bronzestatue mit eine großen Beule in der Hose. Wie Papabert fand, eine etwas zu große Beule. Das sah alles andere als natürlich aus – oder die Madeirer haben so große Beulen. Nur wenige Tage nach unserer Abreise hat jemand die Statue geschändet, indem er „Messi“ auf Cri“sch“tianos Kopf schrieb.

An der Nordküste lud uns Porto Moniz fast zum Baden ein, wenn wir nur unsere Badesachen mitgehabt hätten!!! Die natürlichen Fels-Becken mit sauberstem Atlantikwasser gefüllt sehen herrlich aus, sind auch im Winter warm. Weiter westlich wurde in den Becken, die aussahen wie ein Freibad gefischt – mit der Angel – früher wurden in diese Becken Fische hineingetrieben, dann mit einem speziellen Sud auf Drogen gesetzt und schließlich per Hand nach Hause getragen. Vielleicht machen es manche immer noch so.

Madeira ist einen Urlaub wert! Auch der Madeira-Wein, auch der Poncha! Wird im Achtel-Glas ausgeschenkt – und das Gute: Man braucht nur einen einzigen, um nicht mehr nach Hause zu finden! Auch der Espada und das Brot, die Suppen und Rindersteaks waren erstklassig. Vielleicht segeln wir mal hin. Oder darüber hinaus! Nach Westen, in die Karibik. Oder nach Southcarolina!

 

 

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Salzverkrustet – Der Reisebericht der Jahres!

Endlich im Handel erhältlich!! Unser Reisebericht in Buchform, gebunden, mit 61 Fotos, sieht schön aus – und liest sich fein. Und wenn man es selbst nicht lesen will, hat man ja immer noch Onkeln und Tanten, Nichten und Neffen, die bald beschenkt werden wollen!! Das ist DER Reisebericht des Jahres. Das ist sicher!! Wir freuen uns auch über eine Bewertung!!

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Cecina Nummer 1

Cecina – Landhaus im Rosa-Sauber-Stil – direkt im Wald vor Cecina gelegen. Im dichten Gebüsch fast nicht auszumachen. Ein Weg führt dahin, scheint aber eine Sackgasse zu sein. Das Licht fällt fast waagrecht in den Wald. Bei Sonnenuntergang – wie ein Waldbrand, 5 MInuten davor. Wow, hier müsste Lars von Trier mal einen neuen Waldfilm drehen. Er könnte sich die Scheinwerfer sparen. Dringend benötigte Gasflasche besorgt. Oui Capitan. Hinter drei Hausecken und zwischen 2 scharfen Hunden mitten in Cecina gelegen. Das war nicht leicht herauszufinden – obwohl viele Menschen in der Stadt wahrhaftig dran mitgearbeitet haben – Tankwart, Fleischhacker, Verkäufer in der Eisenhandlung (2 Mal),  Einkaufszentrum – Mann mit breitem Grinsen, Verkäufer aus dem Modegeschäft – bei all der Fragerei gleich Bekanntschaften geschlossen. Gracie. Nun können wieder die Menüs aus der schiffseigenen Kombüse geliefert werden – mit Volldampf. Wann ist Ostern?

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Marokko und Melilla: Von Mandarinen, Moscheen, Muezzin-Apps und der großen Freiheit

Faulheit? Ja, wir warn faul, faul, fauler, am faulsten, jawohl! Keinen Blogeintrag seit 3 Wochen! und das trauen wir uns noch zu sagen!! Öffentlich in einem Blog im Worldwideweb! Die Faulheit ist ja ein Hund; je weniger man tut, desto weniger tut man, jeder kennt das – vielleicht. Wir waren in Marokko für zwei Wochen – mussten uns im Urlaub vom Urlaub erholen, ha. Das Warten auf das Vorbeisein des Winters ist nämlich auch anstrengend! Tägliche Wetterbeobachtungen vom Balkon der Tapas-Bars aus, technische Wartungsarbeiten unserer Ilva fast täglich – theoretisch – mit der allbekannten Müsste-Könnte-Einstellung. Ja, ja, das schwächt. Deswegen auch unser Kurztripp, der letztlich sehr erholsam war. So gingen wir wild entschlossen ans andere Ende des Hafens und bestiegen die Fähre nach Marokko – schneller, sicherer, und – billiger (ja der Diesel ist teuer). Fes, Rabat, Melilla und noch mehr von Marokko (oder einem kleinen bisschen Spanien) wollten wir sehen. Ein bisserl treiben lassen und Tajines mit Maroc Whisky verspeisen.

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Mit einem Reiseführer auf spanisch und dem Bus gings von Nador nach Fes, die alte Hauptstadt des Wissens. Von Einheimischen bekamen wir immer wieder erzählt, dass die Mafia in Marokko sehr aktiv im Menschenhandel beteiligt ist. Daher gibts ganz viele (und mitunter pittoresk anmutende) Kontrollen in den Öffis im gesamten nördlichen Marokko von bös dreinschauenden Polizisten. Anscheinend wollen die Behörden auf keinen Fall Europa verärgern und bemühen sich um Sicherheit – und das heißt: so viele mutmaßliche Flüchtlinge aufgreifen wie geht. So hält der Bus ca. alle 30 Minuten und wird von Polizisten von oben bis unten durchsucht. Vielleicht ist ja während der Fahrt jemand zugestiegen? Sylvester Stallone lässt grüßen.

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Nach der 7-stündigen Busfahrt zwischen betenden Männern mit langem Bart und Camouflage-Hose und um Decken feilschende Omas, waren wir so erlegigt, dass ein Hotel her musste. Bepackt wie Trägerameisen schleppen wir uns nächtens von einem Hotel zum anderen. „Un Chambre? No! We are full! Try the one in the next street, they have something for you!“. In der Not frisst der Teufel ja Fliegen, und wir – Hotelzimmer. Im Bett des Zimmers waren zwar noch Haare und weiße und schwarze Brösel inkl. sonstiger weiß-gelblicher Flecken; aber egal, es war warm mit Decke überm Kopf – für eine Nacht ok.

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Warm hatten es sicherlich auch die Huskys, die Marokkaner anscheindend gerne haben und sie am Strand ohne Leine und Beißkorb freilassen – wie sich die Tierchen im Sommer tun, wäre mal interessant, bei über 40 Grad. Mit dickem Fell und hellbraunen Augen graben sie im Strand nach allem, was eben früher oder später mal weggeworfen wurde. Und das ist viel. Ganze Friedhöfe in Rabat und Fes sind mit Müll bedeckt, ganze – ehemals intendierte Stiegenhäuser, Rampen in den Markt so wie in Fes oder einfach innerhalb leerstehender Grundstücke, liegt Müll in Mengen, die jeden Menschen der MA 48 den Angstschweiß hertreiben müssten. Vielleicht liegt es daran, dass in Rabat anscheindend die Dichte von Bankomaten höher ist, als die von Mistkübeln. Auch in Fes musst du echt suchen, um dein Saftpackerl in einen dafür vorgesehenen Mistkübel schmeißen zu können. Dass da allerhand auf den Boden fällt ist klar – unklar bleibt, wieso den Menschen dort der Müll egal ist.

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Zwar fuhren wir mit der modernsten Straßenbahn, in die wir je gestiegen sind, nagelneu mit neuer Brücke über das neu angelegte Marina-Hafengelände inkl. einer neuen Wohnhausanlage im Stile: Schnell- und net ganz Fertigbau – das war sicher nicht ganz billig. Aber einen Stau wegen der Müllabfuhr haben wir nicht gesehen.

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 Überhaupt ist manches in Marokko wirklich etwas „strange“ für eine Familie aus Mitteleuropa mit konservativen Wurzeln. Politisch ist hier ziemlich etwas im Gange, das spürt man viel stärker als in Europa, wenn man durch die Straßen geht, oder wenn man vom Hotelmanager zu einem Tee eingeladen wird.
Mister X, ein junger, linguini-dürrer Intellektueller, der uns echt aufrichtig betreute, erzählte uns stolz vom vorigen König, Mohammed den Fünften. Denn der jetzige König, Mohammed der Sechste, der Sohn, sei ihm viel zu liberal. Mit dem gehe das Land langsam den Bach runter. Soviel Freiheit sei nicht gut für Marokko. Mohammed der Fünfte sei viel besser gewesen – ungefähr so wie Hitler [PAUSE]. Das war der Zeitpunkt, wo Mamabert sich an ihrem Marzipankipferl verschluckte. Unser Gegenüber hat aber anscheinend bemerkt, dass seine Meldung nun nicht ganz so gut bei uns ankahm und schwenkte vom Thema ab. Schade – wir hätten gerne noch mehr erfahren von den Praktiken des Mohmammed, den Fünften. Dass Mamabert auch immer husten muss!! Zu aller Unfreude haben wir dann ein paar Tage später auf einem Straßen-, Zeitungs- und Buchstand ein „Mein Kampf“ offen ausgebreitet und auf Arabisch übersetzt entdeckt. Kranke Ideologien sind hier anscheindend im Umlauf und mit Stolz redet man darüber – sogar mit den Touristen vom Ach-so-lieben Österreich.

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So auch ein ca. 30-jähriger Typ aus einer reichen Berber-Familie (sein Vater war marokkanischer Militärgeneral). Er begrüßte uns freundlich: „Oh, you are from Austria? I like Austria, because the people there all are racists!“ Bei der Zugfahrt von Rabat nach Melilla hatten wir für zehn Stunden das Vergnügen, neben ihm zu sitzen und über dieses und jenes zu plaudern.

BildDie „Männer der Wüste“ fackeln halt nicht rum mit so kleinen Unterschieden. Sie trennen klar auf, nehmen was da ist und die, die da sind, auch gleich mit. So wie der Mann, der uns vom Hotelmanager vorgestellt wurde. Nachdem wir mal ganz lose angefragt hatten, wieviel ein Wüstentrip (Wunsch von Kindbert) kosten würde, wurde gleich einiges für uns organisiert. Weil wir aber für 3 Tage Wüstenei nicht 1400 Dirham ausgeben wollten, kam die Gute Fee auf den Gedanken, uns mit einem Bekannten mitzuschicken, der auch gleich ein Hotel am Ende der Welt betreibt. Geholt vom Hotelzimmer wurden wir mit einem freundlichen: „Hello, you can come down, there is a nice possibility to get to a des(s)ert“. Papabert freute sich über eine gute marokkanische Nachspeise und nahm Mamabert mit. War dann aber doch ein Verkaufsgespräch. Wüstentrip? Kostet nur 400 Dirham. Ocassion, Hotel nur 200, alles inklusive! Acht Stunden Autofahrt über den niederen Atlas bei Schnee? Wir haben dankend abgelehnt. Wer weiß, wieviele Verwandte er noch hat, die auch im Geschäft tätig sind, wenn wir erst einmal dort sind – ohne Möglichkeit zum Entkommen.

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 Die Marktwirtschaft kennt hier keine Grenzen. Jedes im Alltag bestehende Bedürfnis wird von geschäftstüchtigen Mitmenschen erfasst und sofort in einen Beruf verwandelt. Niemand, so scheint es, steht irgendwo zum Selbstzweck oder aus purem Interesse, sondern weil er auf jemand oder irgendetwas wartet, wo er sofort seine Dienste anbietet. Dies kann eine Führung durch die Medina genauso betreffen, wie das Halten von Leinen im Hafen der Fischer, eine Fahrt zur Grenze im privaten Auto, das Ausfüllen von Visaanträgen bei der Grenze, die Bewachung geparkter Autos, Organisation eines Straßenfußballspiels, etc. Nicht immer ist von Anfang an klar, dass es sich bei der vorigen Handlung (meist ungefragt getätigt) um eine Dienstleistung handelt, was zu Verwirrungen führen kann. Vor allem wenn Schulkinder hinter Touristen hergehen, um diese kurz vor dem Hotel oder dem Bahnhof zu überholen, mit der Behauptung, sie hätten eine Führung unternommen und wollten dafür nun Bakschisch.

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 Märkte gibts aber auch überall; alles wird zum Markt erkoren, egal um welche Ware es sich handelt. Die Mandarinen mochten wir am liebsten. Die gibts an jeder Ecke oder auch Wand (im Winter). Manchmal einfach mitten da auf einem fahrendem Wagerl, Moped, Esel oder noch am Baum. Wenn die Sonne scheint, ist die Medina mit ihren Märkten eine funkelnde Glitzerwelt, die mit Gerüchen und Bildern stark beeindruckt und uns unglaublich müde macht.

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Und – nichtsdestotrotz gibt es in Rabat auch Menschen, die ihr Leben, ihre Stadt, ihre Arbeit oder die Gesellschaft ernst nehmen. Wir sahen in den paar Tagen, in denen wir dort waren gleich mehrere Demonstrationen – wir fragten weswegen. Die schlechten Arbeitsaussichten, die miese Lage der Arbeitslosen und die schlechte Bezahlung gehe den Menschen schon an die Nieren. Das merkt man am Aggressionspotenzial, das im Vergleich zu Österreich hier schon sehr hoch ist. Da werden die Polizisten von manchen „Mutigen“ schon richtig herausgefordert und die Polizisten mutieren zu Jägern und jagen mit dem Schlagstock in der Hand die Flinkbebeinten, die sich rasch durch die Parkanlagen schlagen um sich nach der nächsten Ecke wieder zu einer laut skandierenden Masse zusammenzuschließen. Sie freuen sich über Aufmerksamkeit – vor allem wenn Touristen Kamaras dabei haben. Die Polizei weniger. Mamabert kriegt ob Papaberts Paparazzi-Mut die Krise. Wo ist da ein Klo zum Verstecken?

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 Uriniert wird in Rabat und Fes übrigens öffentlich und überall. Männer stehen in Häuserecken, an Mauern, an irgendwelchen baulichen Gegebenheiten und lassen es laufen, ob wir vorbeigehen oder nicht – stört niemanden. Es sieht manchmal aus, als seien alte Stadtmauern an einigen Stellen vom Boden bis auf einen Meter Höhe feucht, quasi mit Urin vollgesogen. Der Geruch kann sich sehen lassen – aber natürlich: wo kann man schon ein Klo finden? In der Medina – und die ist weit weg, da gibts ein öffentliches Klo, irgendwo abgelegen hinter 2 Lagerräumen und nach der Küche des Hendlstandls – rechts. Das war auch uns (fast) zu weit. Aber saubere Klos kann man finden, z.B: bei Mac Doffknalds.
Den gibts in jeder Stadt und alles (bis auf die Soßen) schmeckt wie daheim. Wer dorthin gehen kann, vor allem am Wochenende, oder zu Geburtstagsfeiern für die Kinder, hat es geschafft. Aus allen Augen leuchtet ein Funke von Stolz über den hohen Standard und den eigenen sozialen Aufstieg. Nirgendwo sonst haben wir eine so hohe Dichte an bildungsbürgerlich aussehenden, Iphone-bewaffneten, businessmäßig-schieke gekleideten Menschenansammlungen gesehen wie dort; hat auch die saubersten Tische, perfekt gereinigte Klos und Kinderspiel-Arenen, die sich sehen lassen können; und überaus westliche Preise. Die Berts waren die einzigen Touristen dort und wurden dennoch weder beschaut, noch von Händlern überfallen. MacDoofknallts – wo das Handeln ein Ende hat!

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 Massentransportmittel gelten ja als Boten und Denkmäler eines Zeitalters liberaler, westlicher Orientierung und stabiler, aufwärtsstrebender Wirtschaft. Es gibt Überlandbusse, moderne Züge mit Liegewagen, sogar zwei Straßenbahnlinien in der Hauptstadt. Der Bert-Test dieser Fortbewegungsmittel ergab die Erkenntnis, wer landestypisch reisen will, fährt mit dem Bus, der auch weiterhin das billigste Mittel von A nach B darstellt und überall hinkommt – aber nur, wer weiß wann und vor allem wie? In Marokko jedenfalls abenteuerlich. Berts reisten auch zwischen Einmachgläsern und Wolldecken sowie Nesquick-Großpackungen, die über, unter und neben uns auf den Sitzplätzen verstaut worden waren. Es wurde (wengistens in diesem Bus) darauf verzichtet, Tiere in toter oder lebendiger Form mitzunehmen. Der Bus fuhr erst ab, als er voll war – egal ob mit Mensch oder Material (ist natürlich auch wirtschaftlicher und zeugt vom Organisationsvermögen der Marokkaner!).

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Eine zeitsichere, luxuriösere und wenig teurere Version ist es, Zug zu fahren. Wer erste Klasse reist, hat auch einen Sitzplatz garantiert ohne Aufpreis für die Sitzplatzreservierung! (Jawohl ÖBB, da kannst du dich anhalten!) Hier lebt man auch fast frei von überraschenden Gerüchen und hat ausreichend Platz auch für längere Fahrten. Papabert fiel zwar der Kopfteil seines Sitzes auf den Kopf, doch alle anderen Gegenstände im Abteil haben die Benutzung ohne Schaden zu nehmen überstanden. Auch die schon lose Fensterdichtung hat die zehn Stunden Fahrt heil überstanden!

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 Die Friedhöfe wurden in Rabat zwischen Meer und Stadt angelegt – eine gscheite Lösung, unsererm Geschmack nach. Schaut richtig wienerisch-morbid aus und hält sicherlich auch so manchen Pauschalurlauber davon ab, sich en masse am Strand zu räkeln. Zwischen den Fluten und den Mauern liegen also die Toten und halten das Wasser fern – so haben auch die Toten noch einen Auftrag!
Manche Friedhöfe sind grob vermüllt. Die Berts versuchten, ein paar Gräber zu fotographieren, einmal geht ein Einheimischer sofort auf Angriff, das Fotographieren von Gräbern zollt keinen Respekt gegenüber den Toten. Jawohl, dafür sind wir auch. Papabert zeige ihm den Müll, der auf den Gräbern liegt und fragt, ob das gezollter Respekt ist. Er versteht die Frage nicht – wir können kein Französisch.

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Auch wenn dies nicht angenehm war, überall entsteht sofort Kommunikation. In Fes hat Kindbert schnell Freunde zum Fußballspielen gefunden. Die Kinder haben pro Tag anscheindend nur zwei Stunden Schule – da gehen sich viele Partien aus. Schnell wird Kindbert aufgenommen. Neben einem Holzschnitzer ist das Tor – dahinter gleich der Haschisch-Verkaufsstand, bei dem die Händler selbst die besten Konsumenten sind. Freundlich-breit grinsend grüßen sie uns wie alte Bekannte und spielen auch gleich mit. Ja, die Medinas sind voller „Kultur“.

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Die „Medinas“, die alten Teile von Gemeinden oder Städten sind imposant in ihrem verwinkeltem Aufbau und lassen sich nur langsam erkunden. Auch nach Tagen stellen sie noch ein unverständliches Labyrinth dar, welches man nur mit grober Orientierung (Sonne, Mond und Sterne) durchqueren kann. Oft sind sie gleichzeitig auch noch Märkte, was das Gehtempo beschleunigt, um nicht Opfer aller verkaufstüchtigen Ansässigen zu werden, wodurch die Optik für wichtige Entscheidungskreuzungen massiv einschränkt ist. Man muss viel Zeit einplanen, um halbwegs damit zurecht zu kommen. Abends fallen sie aufgrund der Tatsache, dass viele Einwohner die neueren Gebäude in den westlich orientierten Stadtvierteln als Wohnort vorziehen, in ein stilles Dunkel. Obwohl viele Berichte vor den unsicheren Zuständen in den Medinas warnen, haben sich die Berts nicht unsicher gefühlt, waren aber zur abendlichen Stunde immer schon fußmarod in ihren Betten.

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Eins hat unserem Kindbert schlimm zugestetzt: Der Male-Femal-Indikator „Haar“ hat seine geschlechtliche Identität immer wieder harten Prüfungen unterzogen. Sein langes blondes Wallehaar wies ihm im nordarfikanischen Kulturkreis eindeutig dem weiblichen Geschlecht zu, mit der Auswirkung, dass man uns auch nach mehrmaligem Kundtun nicht glaubte, dass er ein Junge ist, ihn immer mit Mädchen gleichsetzte, auch so ansprach und z.B. einmal nicht mit Fußball spielen ließ und ihn sogar immer wieder aus der Männertoilette vertrieb und zur Frauentoilette geleitete. Armer Kerl, das war hart. Zusätzlich dazu haben auch immer wieder begeisterte Erwachsenenhände auf den Märkten im Getummel den Weg in sein Haar gefunden, es kurz gestreichelt, oder dran gezupft. Konnten wir jemand davon überzeugen, dass er tatsächlich ein Junge ist, wurde er milde belächelt. Manchmal haben wir der Einfachheit halber einfach gesagt, er sein ein Mädchen.

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Kreischende oder ungläubig dreinschauende Mädels gabs oft und überall, wenn Kindbert Fußball spielte. Einmal blieb eine gesamte Mädchenklasse stehen und kicherte, kuderte, zeigte unverholenes Interesse an diesem eigenartigen Wesen, dem blonden Mädel mit dem kräftigem Schuss. Wahrscheinlich kamen die alle zu spät in ihre Stunde. „So viele BewundererInnen hab ich selten“, meinte Kindbert nicht ohne einen Anflug von Selbstzufriedenheit.

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Nach fast zwei Wochen Marokko wollten wir noch nach Melilla, der spanischen Enklave an der Nordküste Marokkos. Auf 13 Quadratkilometer tummeln sich 80000 Spanier. Der Kolonialismus wird hier gelebt und ist für den Otto-Normaltourist fast spürbar. Handeln möchte hier niemand, auch einen Maroc-Wiskey sucht man vergeblich. Hier möchte man sich abheben von den Marokkanern und Nordafrikanern – und schafft das auch – innerlich wie äußerlich.

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Der Verkehr ist ungefähr so stark wie am Gürtel zur Mittagszeit. Wo die alle hinfahren? Weit kanns nicht sein, denn viele Spanier fahren nicht über die Grenze. Die besteht aus zwei fünf bis acht Meter hohen Zäunen, stark bewacht mit Nachtsichtgeräten und groben Gewehren – EU-Außengrenze in Afrika.

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Die Stadt wirkt wie aus dem Disney-Bilderbuch, viktorianisch-stylisch, voll vorweihnachtlich dekoriert – erinnert an Barcelona, was keinen verwundert, weil beinahe alle Gebäude ein Architekt gebaut hat. Supersauber an der Frontseite, alle ordentlich und wohlerzogen. Kein Mäderl ohne Mascherl im Haar, keine Dame ohne hohe Hacken (Mamabert kommt sich vor wie der letzte Schlurf). Kein Familienoberhaupt ohne großem Auto oder zumindest einem großem „Padre“ vorne oder hinten sitzend. Ferrari-Kinderwagen werden stolz von Vorzeige-Omas an hell erleuchteten Schaufenstern vorbeigeschoben. Berts finden es dort sehr teuer (entgegen den Meldungen vom billigen Einkaufen dank Zollfreizone) und etwas gekünstelt. Es gibt nichts, was man nicht kriegen kann, samt aller gefakten Markenklamotten. Dennoch ist die Stadt sehr sehenwert, schöne Parkanlagen, Höhlenanlagen, ein prächtiges Fort aus unterschiedlichen Jahrhunderten trotziger Abwehr aller Angreifer – ein schicker Yachtclub ziert das Hafengelände – mit Badeterrasse samt Badeleiter ins wenig saubere Fähr-Hafenbecken. Wieviel muss man wohl zahlen, um da ein „Öl-Bad“ genießen zu können?

BildIm Yachthafen für Otto-Normal-Verbraucher nebenan schauts net ganz so hinreißend aus und auch der allgemeine Strand ist stark vermüllt. Viele Schiffe liegen an Land, zerstückelt, ausgemergelt, zurückgelassen.

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Gleich am Entree zur Hauptstraße – 50 Meter nach dem „Plaza de España“ steht das Freiheitsdenkmal von Melilla – „Un Grande Libre“. Die große Freiheit wird hier noch zelebriert – in der engen Kolonialstadt – umzäunt wie ein Hochsicherheitstrakt. Aber frei sein beginnt ja beim Frei-Fühlen, nicht?

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Nimm mich jetzt……

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……auch wenn ich stinke. Ein (leider)unvergesslicher Ohrwurm aus den geistigen Niederungen deutssprachiger Pop-(un)Kultur drängt sich immer öfter über geheime Ganglien an den Wachposten des Unbewussten vorbei. Warum das denn bloß? Zwei Eindrücke haben mich zu folgenden, frei assoziierten Gedanken inspiriert:

 1. Sumpfgas 

2. Ich habe einen Mann gesehen……

„What the hell is Sumpfgas??“ war die auftauchende Frage, als Papabert von gleichnamigen Gasen auf unserem Boot sprach. „Ist es explosiv?“ (Kindbert ortete ein langersehnes Abenteuer). Hmmm, es ist ja für die Meisten kein Geheimnis: Es stinkt am Klo. Naja, scheint ja normal —- ist es ja der Ort geheiligter Entgiftung des Körpers, des Abschieds von allem Schlechten, the Point of no Return. Da muss es ja ……. aber so dermaßen olfaktorisch impressiv? Das sind gewiss nicht wir – schon gar nicht von innen. In keinem unserer klugen Bücher steht etwas darüber – auch in den Foren des elektronischen (geruchsfreien) Äthers bleibt die Erkenntnis gering. Schütt Reiniger rein. Ja eh —- aber Reiniger rein (wie`s halt im normalen Wohnungs-Leben so gemacht wird) heißt zeitgleich auch Reiniger raus ——- ins Hafenbecken, in die kristallfarben-türkise Bucht, an den Strand wo die Kindlein baden, ungesehen auf auf See. Lieber vor oder nach den Delfinen? Immer dieses Nachdenken über unlösbare Probleme. Und ja: es gibt sie, die umweltfreundlichen Reiniger, die ökologisch abbaubaren, aber nicht in den Marinas. Klar übers Internet beziehen – aber ohne Lieferadresse, weil auf Fahrt? Bitte an Ilva, auf offener See Längengrad, Breitengrad, Uhrzeit.

Wie machen es die anderen? Haben sie sich davon gelöst, Exkremente auszuscheiden, z.B. so wie die Menschen, die sich von Licht ernähren? Sozusagen, wegmeditiert? Sind wir auf einer unzureichenden Stufe geistig-körperlicher Erkenntnis stecken geblieben? Von den anderen Booten, ist dazu nix zu hören, niemand braucht mal Kloreiniger, weil der ausgegangen ist, wenngleich so manche Wasserverfärbung neben den Rümpfen mit der Strömung dahinziehend den Veradcht aufkommen lässt, dass auch sie noch auf der niederen Stufe der täglichen Entleerung dahinvegetieren. Wir haben schon einiges verborgt, aber nie Kloreiniger.

Sicher, da gibt es noch die Fäkalientanks. Auch wir haben einen. Fassungsvermögen 20 Liter. Wann ist der voll? In einer Stunde, oder nach einem halben Tag. Was, wenn kein Hafen mit Grauwasserabsaugmöglichkeit in der Nähe vorhanden ist. Nicht anlegen? Zu einem „Kacktransport“ werden? Schreckliche Abgründe tun sich auf.

Lösungsvorschlag 1: nur mehr kurze Tagesetappen, dazwischen immer in Häfen anlegen und dann ab ins Marinaklo beim Landgang. Erscheint gut. Praktiziert sich wenig erfolgreich. Klos sind oft in einem Zustand, der nicht zur Entleerung (wie schon gesagt, geheiligt) einlädt. Oder sie sind meilenweit entfernt, versperrt, ohne Papier etc.  Also wird dieser Vorschlag wieder verworfen.

Lösungsvorschlag 2: Abschauen von den andern….wie machen es die Großen?

Eine Yacht im Hafen kann wegen ihrer Größe nicht in eine Potoonbox, sondern liegt nun schon Tage am Waitingkai – lang wie ein Gemeindebau, genauso hoch auch. Die Crew ist mehrere Mann stark. Wie verabschiedet sich Reich und Schön vom körperlich Unbrauchbaren? Keine Ahnung, wenn sie es aber so machen, wie sie ihr Boot pflegen, dann erfolgt dies mit mehr Wasser und mehr Spülmittel, als die Umweltpolizei (und unser moralisches Gewissen) erlaubt. Täglich wird stundenlang das Deck mit Wasser bespritzt, das Freibord gewässert und mit Schaum ordentlich gereinigt.

Wir wässern Ilva alle paar Wochen – weil dann der Staub, die Haare, der Sand und alles was sonst noch nicht mehr an unseren Körpern oder Dingen haftet und sich am Borden im Salz festklebt, unerträglich werden – so schnell und so wassersparend wie möglich, mit wenig Druck und Brüste. Im Hafen ist es aber keine Seltenheit, dass Wasser bei einer Yacht stundenlang rinnt und Berge von Schaum, vom Oberdeck übers Unterdeck und hinten übers offene Cockpit langsam ins Wasser spült. Sieht aus wie die Niagarafälle oder bei der Schaumparty auf Ibiza. Hier stehen die SeglerInnen den MotorFans um nichts nach! Auch die anderen Boote werden gern mitgewässert, kann ja nicht schaden – sofern die Luken zu sind.

Die große Yacht am Waitingkai besitzt auch eine große Klappe die, nach oben geöffnet, den Blick auf unzähliche Reinigerflaschen freigibt. Aha, da wird wohl auch ein effizienter Kloreiniger dabei sein. Ob wir den wohl leihen dürfen? Wen fragt man da von den vielen Menschen? Sind die auch noch auf einer niedrigen Stufe in der Fäkalerleuchtung? Vielleicht noch unter uns?

Lösungsvorschlag 3: Man kann es aber auch ganz anders machen und den Marina-Putztrupp bestellen. Oh ja, dann hat man damit nix zu tun. Tragen die dann auch die moralische Verantwortung? Ist das etwa der Grund, warum Frauen (tut mir leid, ich hab keine männlichen Putzer gesehen) von Seefahrern immer so tief gläubig sind? Gibt es so viel, was sie auf ihrem Gewissen haben?

Wie ergeht es den Seemännern selbst? Müssen die auch viel Buße tun??? Nach jedem Ölwechsel im Wasser, beim Tanken von Champanger-Diesel (hatten wir selbst nun schon öfter erhalten), beim Streichen und Ausbessern von Kleinigkeiten?

Lösungsvorschlag 4: Vielleicht ist ja die Marina für die Abwässer zuständig. So wärs am Besten, alles Schlechte weg von uns, schließlich sind wir ja auf Urlaub. Sollen die sich doch darum kümmern. Das würde wenigstens die hohen Liegepreise erklären. Die machen sich dann mit den ortsansässigen Fischen aus, wieviel diese verkraften können, ohne den HafenfischerInnen wiederum eine perfide Rechnung für die ganze Sauerei zu präsentieren. Da gibt es Fisch-Mensch-Konferenzen und neu festgelegte Grenzwerte für jede Saison…….

Sinnierend weitergehend, reißt Mamabert ein „Hola“ am Steg aus den Gedanken. Ein Mann kommt ihr mit zwei Säcken von Schmutzwäsche und einem Waschmittel entgegen – anscheinend auf dem Weg zur Lavanderia der Marina. Sie lächelt, selbst ein Ariel und bereits einen leeren Sack in der Hand schwenkend – er schmunzelt auch. Beide gehen ihrer Wege. Es dreht sich das gesamte Leben um wenige universale Relevanzen, egal wo. Hmm, wieviele Männer mit ihrer Schmutzwäsche sind ihr schon seit der Abfahrt begegnet? Der eigene – sehr gut. Aber sonst?

Keiner…..It`s no mans world. Aber das scheint keine Seefahrer-Geschichte zu sein.

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Seglerhimmel auf Cabrera

Nach zwei Nächten in Porto Cristo waren wir wieder dort, wo wir körperlich und geistig hingehörten. Frisch und munter, gekampelt und gschneutzt tat sich ein erster Seglerhimmel auf: ein ruhiger Liegeplatz, Internet an Bord, zehn Minuten zum Ort, einen Pool am Dach, eine Hafenkneipe in der Marina, bestes Wetter, gute Busverbindungen nach Palma und nicht zuletzt Tapasbars und Fastfood. Ein Ausflug nach Palma per Bus am dritten Tag tat uns gut – und versetzte uns endgültig wieder in den Normalzustand – mit 100 km/h durch die Landschaft zu brausen ist geil. Touristendasein hat auch was!

Die Hauptstadt Palma entzückt uns immer wieder. Die Kathedrale mit den umliegenden Parks, auf Kundschaft wartende Künstler, die Ramblas mit den Menschenmassen, die sich um die Blumestände schlängeln, Kinder in Buggys, die beim Näherkommen der Straßenclowns trotz Reisenseifenblasen aufheulen und sich sofort an Mutters Busen wünschen, Metallica aus der Akustikgitarre, Bettler, leere Bars, versiffte Typen in Spiderman-Kostümen, abgestürzte Persönlichkeiten – alle leben sie ihren Traum hier. Die Häuser Gaudis, die engen Gassen, die alten Stadtmauern und das Hafengelände laden auch uns zum Träumen ein. Wir ließen viel Geld in der Stadt, unter anderem auch im deutschen Bookshop. Abends gehts um ein Crewmitglied erweitert mit dem Mietauto wieder Richtung Porto Cristo. Schön, dass die Insel nicht so groß ist – und: Ein Mietauto ist noch besser als ein Bus (zweiter Merksatz in diesem Blog).
Reparaturen stehen am Programm. Ilva, die gute Alte, will Aufmerksamkeit und kriegt als Geschenk für die vielen zurückgelegten Seemeilen eine neue Auspuffanlage sowie eine neue Lichtmaschine und Keilriemen (dem Heinz sei Dank!), die endlich dem Ladebooster gewachsen sein sollen. Mal sehen.

Belohnung für die schweißtreibende Arbeit erhalten Papabert und Kindbert im Musikshop Musicasa, den wir noch selbstmotorisiert in den Suburbs von Palma aufspüren. Mit Akustikgitarre und einer Trommel gehts wieder zurück an Bord. 10 Minuten bleiben noch bis zum Zurückgeben des Mietautos, weil sonst fährt der letzte Bus ohne uns. Aber nichts leichter als das. Es ging noch alles gut aus – samt Mokka am Busbahnhof – aber im Laufschritt, vollbepackt und in freudiger Erwartung. Die Bootsnachbarn werden uns lieben, wenn wir mal ordentlich losrocken!

Obwohl noch nicht alles erledigt ist, wollen wir ein Stückerl weitersegeln. Die Ausgaben in der Marina drücken auf das Bordbudget. Also los in eine Cala (das sind die engen Felseinschnitte auf Mallorca, von einem Fluss in früherer Zeit ausgewaschen) zum Ankern. Cala Virgine verspricht per Handybilder türkisblaues Wasser, verzweigte Buchten und Ankerspaß. Mal sehen, wie lang wir dahin benötigen. Gerade nicht zu lang, um noch einen Ankerplatz zu kriegen, wie sich herausstellt. Aber wer will denn noch den Swell weiter angsteigen sehen als bis zur Einmeter-Welle? Der Wind ist es, der wieder einmal „falsch“ bläst. Dann hilft alles Schönreden nix – wir verholen uns in die nächste Bucht. Porto Colom erfreut uns auch. Nicht wegen der Wasserqualität (die Leine an der Mooringboje weckt den Brechreiz Mamaberts – sind die vielen braunen Batzerl tatsächlich….aber egal. Sofort an was anderes denken!!), sondern wegen den moderaten Preisen im Ankerfeld. Der Hauptplatz ist noch unbepflastert, die Tapasbar entspannt auch, wenn der Fußball von Kindbert den Gästen nahe kommt und es lässt sich dort gut der Tag verbummeln.
Doch irgendwann geht uns auch hier die Luft aus. Mamabert will weitersegeln. Ein Inselparadies im Südosten von Mallorca – Cabrera – soll Badegäste auf Ilva zum Wiederkommen verleiten und nach den vielen zivilisatorischen Verlockungen Natur ins Seglerleben bringen. Zweifel kommen auf? Obs dort auch so dreckig ist, oder vielleicht gar verlassen ist? Dort steht sicher ein ziemlicher Schwell. Doch wir überwinden uns und motoren trotz Flaute die fünf Stunden.
Und siehe da: erneut der Seglerhimmel. Wir steuern in eine fast rundum geschlossene Bucht mit Bojenfeld. Das Wasser ist wie in einem frisch geputzten Aquarium, azurblau, glasklar; Fische so zahlreich wie in der Fischzuchtanlage, Brassen, Barben, Drückerfische, Pfeilhechte und mehrere Stachelrochen tummeln sich ums Boot – ein Traum. Nur ein paar Häuser und ein Hafencafe sind an Land zu sehen. Ein Juchazer!!! Wir springen ins Aquarium!!
Eine hohe, scheckig braun-grün überzogene felsige Insel schützt uns vor Wind und Wellen. Höhlen wohin das Auge schweift, giftgrüne Kiefernwälder, irgendwann mal intakte Steinmauern. Hier grasten bis vor wenigen Jahren noch tausende Ziegen. Ein Kastell thront hoch über der Einfahrt und erzählt von Piraten und Fregatten – und von Kriegen. Um das Jahr 1800 sollen hier 5000 französische Kriegsgefangene verhungert sein – das gibt dem Ort eine besonders mystische Note (Kindbert will einen Totenschädel suchen gehen. Gefunden haben wir gottlob dann eine Falle für eine Ginsterkatze mit stinkigen Tintenfischen drin, das tuts auch).
Ja gibts denn so was: Fischschwärme, so neugierig und selbstsicher, dass sie nicht mal dem Kapitän ausweichen. Ein Drückerfisch will anscheinend nicht, dass die Windfahne repariert wird. Beim Abnehmen des Ruders lässt er sich fast streicheln. Ein riesiger Oktopus wird gesehen, mehrere (oh ja!!!) Stachelrochen gleiten wie ferngesteuert an der Oberfläche durchs Wasser – fast überfahren wir einen mit dem Beiboot. Kindbert und Papabert wollen auch einen Baracuda (oder zumindest einen ihm sicher ebenbürtigen Raubfisch) gesehen haben. Fein, eine intakte Natur in riesenbadewannenform unter uns zu haben – fast gratis.

Wir freun uns riesig. Hatschn zum Kastell, rüber über die Berge zum Leuchtturm, zum Cafe und zurück per Dinghi, checken unsere Mails, unterrichten Kindbert. Nicht mal Regen kann unsere Stimmung trüben. Also unser Tipp an alle: Vergesst die Südsee, auf nach Cabrera!

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Aufbruch! Weg mit der Langeweile! Ran an die Riemen!

TrintellasNach drei Monaten harter Arbeit in der Marina Lepanto haben wir uns dort insgeheim fast schon redlich eingenistet gehabt. Pool, Resti und Cafe —- rasch mal mit dem Auto rein nach Monfalcone, abends zum Pizza-Opa (der – ausgerechnet schon mindestens 750 000 Pizze gemacht haben muss) oder etwas weiter nach Triest, wo es das beste Eis der westlichen Welt gibt, wie wir finden. Immer wieder Besuch von netten Menschen, weil, so weit isses ja doch nicht. Sogar den Weg aus dem Kanal und wieder retour haben wir schon gefunden und den Werftarbeitern vom Pool aus zugewinkt. Nicht zuletzt waren wir schon Marinagesprächststoff, denn unser Vorhaben – ein Jahr auf Ilva zu verbringen – brachte uns milde Lächler, bewundernde Blicke aber auch neidische Komplimente ein. Nun tümpeln wir  (nur 3 Tage danach bitte sehr) grad in der Marina Pula vor uns hin und genießen den berühmt berüchtigten Sundowner (letzter Rotwein aus Italien, geschüttelt von Neptun, nicht gerührt bitte sehr) und – die Stadtatmosphäre. 3 Nächte außerhalb des Komforts liegen hinter uns. Kindbert ohne Handy-Spielewelt, Mamabert ohne tägliche Dosis IperSimply und Papabert ohne kaltes Getränk. Die Zeiten der stumpfen Handarbeit auf einer schwimmenden Baustelle erklären wir endgültig für beendet und beschränken uns auf das Kurieren der üblichen Wehwehchen eines 43 Jahre alten Oldtimers, der oben drein im Wasser schwimmt. Die Wegerungen sind drauf, die letzten Leisten montiert, Motor bereits so oft kontrolliert, dass das auch blind und mit zurück gebundenen Händen kopfüber geht, Rigg getrimmt, Boxen eingebaut – die Mucke schnurrt.

Für das Beiboot – ein Porta-Klappboot – haben wir bis jetzt noch keinen leistbaren Außenborder gefunden – aber wir glauben immer noch an ein Wunder – vielleicht fällt uns ja  einer auf den Kopf oder knapp daneben. Hoffentlich ist auch ein Barometer dabei! Der soll nämlich wichtig sein, sagt „Segeln für Dummies“ und auch Bobby Schenk.

Aber nun zum Wesentlichen, die Reise, um die’s ja geht. Wir wollen ja eigentlich Reiseberichte schreiben und keine Stegreif-Löwingerbühnen-Geschichten erfinden, damit die Sinnfrage geklärt ist und wir nicht in Versuchung kommen, unseren Lebenswandel zu hinterfragen:

Die Fahrt von Italien nach Istrien gestaltete sich 2 Tage lang etwas „holprig“, um es prägnant auszudrücken. Wind aus Süd – Kurs auch Süd, schlecht für ein Segelboot, etwas langsam und beide Male eine etwas zu lange Tagesetappe (wir legen uns ja noch nicht überall hin zum erholsamen Ankerschlaf wie manche Segelveteranen!). Dazu noch eine 2 Meter Welle genau auf unseren hoch gezogenen Bug. Kindbert schlief die meiste Zeit und bekam seine Sea-Bands angelegt. Mamabert stellte den Rekord im Dauer-Vorlesen auf, Papabert am Steuer. Essen, was grad da war – und wenns grad ging – v.a. Chips in allen Variationen. Duschen im Meer. Kein Internet zum Wettercheck. Aber dennoch: wir haben uns aus dem Sumpf der Alltags-Trägheit rausgekämpft und die Leinen los geworfen. Das ist in unserem Fall auch kein Fehler, denn die Muring bei Rovinj hat die Leinen eh in einer Nacht starken Schwells bereits wundgescheuert.

Nach zwei Tagen Rovinj könnte man meinen, es gäbe irgendwo eine Jury, die das Superlative mit eleganten Preisen belohnt – das Superlativ vom Superlativ nämlich. Ein kleiner Auszug unserer langen Liste der möglichen Wettbewerbe: Kleinste Bikinihose Contest (nicht mehr „in“, sondern fast schon „out“ in Zeiten wie diesen, in denen die Strandmenschen wieder längsgestreifte Overalls tragen), das meiste Gewicht im kleinsten Dinghi-Rennen (bitte ohne Schräglage), das höchste Gefahrenpotenzial im Hafenhandbuch vorgaukeln (theatralisch erzählt vom Autor persönlich), Hund über die Mauer – Richtung Dinghi-Zielwurf (ohne Wurst), Nackt- bzw. Fast-Nackt-Putzen oder vor schier unendlich alten, bärtigen Männern oder Seebären und mit dem zwangs-jugendlichen Arsch wackeln (bitte elegant, sonst Rauswurf), oder das original Umag Special: Genierfreies Nacktanlegen mit verbunden Augen und Pokerschnauze. … und das war nur der Anfang! Den Rest wollen wir ja gar nicht mehr erwähnen, zu schlimm!

Ach ja, wir haben auch einen Contest gewonnen. Den „Finde eine zweite Trintella 3 in der Adria“ Contest: gilt nur, wenn man ohne Schrammen neben einer Trintella 3 bei Windstärke 4 anlegen kann. Ein schöner Sieg muss man sagen, da es ja nur mehr wenige (vielleicht  60 Stück) davon gibt.

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