Beiträge mit dem Schlagwort: Törn

Eine Woche – zwei Inseln

Genau sieben Tage waren es, die uns nach Capraia, auf die verrostete Kirche, und in den Süden Elbas brachten, im Frühling blüht die Erde! Im Frühling!!
– dann eine Nacht vor Anker vor Marina di Campo – eine sonderbar ruhige Nacht, alleine in der Bucht waren wir. Baden bei 15 Grad Wassertemperatur? Nichts schwieriger als das. Aber Hartgesottene Pielachtaler halten so was aus. Erinnerungen an meine Zeit am Werftgelände kamen hoch, so angeschraubt schwoite ILVA an der Kette durch die Finsternis, kein Swell, kein Wind, kein Garnichts, außer Harmonie mit den Elementen.
Flugs gings tags darauf nach Portoferraio, in den alten Hafen im Norden Elbas – oft schon gesehen, könnte man anmerken. Und ja, es stimmt, und dennoch entdeckt man jedes Mal was Neues. Zum Beispiel das Restaurant gleich hinterm Hafen, in dem die Mamma kocht und der Pappa mit Bierbauch kellnert. Jedes Gericht wird frisch an der Theke zubereitet und am Teller angerichtet. Das dampft und ist mit Glück – sogar das bestellte Gericht! Aber wenns schmeckt wie im Himmel darf man nicht so wählerisch sein. Zum Schluss gabs Schnaps und Schnaps – der Papa trank mit und fühlte sich wie auf Koks.
Ja und dann gabs nen Umtrunk, denn schon war fast die Rückreise nach Cecina im Gange, ohne dass das jemand mitbekommen hätte. Die Toskana ist einfach der HIT.

 

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Nochmals zurück zum Golf von Lyon, aber anders

18. Juli 2014. Es ist 1:13 Uhr, stockdunkle Nacht. Kurs 65. Es geht Richtung Coté ´d Azur quer zum Golf von Lyon. Wir hatten die Überfahrt gewagt, queren gleich den ganzen Golf. Das Wetter war gut angesagt gewesen, mindestens drei Tage sollten angenehmste Segelbedingungen herrschen. Nun aber ist Wind aus Nordwest aufgekommen, nicht viel aber immerhin mehr als in der Vorhersage. Wir sitzen zu zweit im Cockpit, trinken Grüntee und essen Kekse von vorgestern. Die Dinger sind irgendwie feucht. Aber was solls. Chips hängen jedem schon zum Hals raus. Etwas Süßes zu früher Stunde? Ja bitte gerne.

Jedenfalls gefällt uns der aufkommende Wind gar nicht. Wir checken nochmals die Grip-Files und schauen, ob wir vielleicht etwas übersehen haben, irgendwelche kleinen Huster von unserem so gefürchteten Windchen mit dem wohlklingendem Namen „Mistral“. Nein. Max vermeldet, es dürfte nicht mal ein Hauch von einem Windchen zu spüren sein. Nicht in der Nacht. Na gut, dann wird sich das gleich legen. Vermutlich nur ein kleines Druckspielchen zwischen den Luftdrückchen dieser Gegend. Plötzlich füllt sich das Segel. Wir werden eine Spur nach Steuerbord versetzt. Verdammt, was ist das? Die Windvane gleicht den Kurs gleich wieder aus. Wir fahren jetzt 2 Knoten schneller. Ilva legt sich auf die Seite und beginnt, leicht in den anrauschenden Wellen zu stampfen. Max fällt der Keks aus der Hand. Er ist zum ersten Mal mit einem Segelboot unterwegs. Ist eigentlich mehr ein Freund von rollenden Maschinen (genannt Autos), die auf der Straße so gar nicht von den Elementen abhängig sind. Segeln in der Nacht ohne was zu sehen ist so gar nicht sein Ding.
Plötzlich vermeldet das AIS einen Alarm. Nun gut, ein Tanker kreuzt unseren Kurs. Die kommen von Marseille und fahren Richtung Barcelona oder sonst wo hin. Ich hechte zur Windvane und versetze unseren Kurs etwas mehr Richtung 70. Das wird sich ausgehen, der Wind wird sich ja auch gleich wieder legen, versichere ich Max. Die Grip-Files zur Wettervorhersage haben bis jetzt immer gestimmt.
Plötzlich trifft uns die nächste Böe. Es ist keine Böe, es ist Wind, stetig, kräftig. Er ist kühl und trocken, so wie der Mistral. „Habe ich gerade Mistral gesagt?“ Verdammt, nochmal mehr? Sollen wir gleich reffen oder hört das Spiel gleich hinter den nächsten 25 Wellen wieder auf? „Wir gehen kein Risiko ein“, rufe ich zu Max. Wir reffen die Segel. Groß ins 2. Reff, auch die Genua rollen wir leicht ein. Mit dem 1-Leinen Reff-System ist das keine Schwierigkeit. Wir schießen in den Wind, verkleinern die Segel, fallen wieder ab.
Hier ist etwas im Gange. Ilva stampft wie wild auf den Wellen, die mittlerweile – Respekt und Dunkelheit abgerechnet – schon sicher 2 Meter hoch sind. Ich tue so, als sei das alles normal und gebe mich abgebrüht. „Das ist nur ein kleiner Druckunterschied hier mitten im Golf. Das müsste sich normalerweise gleich legen“, sage ich, ohne nun aber bald selbst nicht mehr dran zu glauben. Max schaut mich finster an. Vielleicht denkt er, ich verarsche ihn? Mittlerweile ist Herbert, das dritte Crewmitglied erwacht. Er hängt zwischen den Handläufen im Salon und fragt, ob er nun ein paar Stunden oder ein paar Tage geschlafen haben. „Ist alles ok“, vermelde ich. Das kleine Windchen dürfte eine kleiner Ausrutscher des Wettergottes gewesen sein. Der Wetterbericht verspricht eigentlich Totalflaute zwischen 22 und 6 Uhr früh. „Das wird sich gleich legen“, sage ich. „Aber wenn wir schon dabei sind, legen wir doch gleich die Rettungswesten an“, ergänze ich, „wer weiß, was noch kommt“. Und es kommt. Der Wind nimmt stetig zu, nun schon mindestens Windstärke 4. Die Wellen rauschen vom Norden heran und schieben sich unter unseren Hintern durch. Nun sind schon Schaumkronen zu sehen. Die Wellen überschlagen sich langsam immer öfter. Sie zischen laut.
Max wird langsam aber sicher unwohl. So habe er sich das nicht vorgestellt. Ja, ich weiß. Ist alles kein Problem. „Das Wasser kann Ilva nichts anhaben“, versichere ich ihm, weder bei Tag noch bei Nacht, weder bei Sturm, noch bei Flaute. Niemals! Nun gut, wir knallen nun auf Halbwindkurs fast schon mit 7 Knoten in Richtung Isle de Hyeres, Porquerolle oder die Nachbarinsel. „Bei dem Wind sind wir jedenfalls schneller da als erwartet“, sage ich. Ein bisschen Spaß, ein bisschen Optimismus bei allen Wetter-Unstimmigkeiten tut immer gut. Langsam aber sicher ist bei jeder Welle eine weiße Schaumkrone zu sehen. Der Mistral (der immer noch keiner ist, zumindest in meinem Kopf – denn das möchte ich jetzt nicht wahrhaben, um 2 in der Früh) bläst stetig und kräftig. Er nimmt auch in Böen nicht ab. Na das wird ja eine lange Nacht. Ich hole noch mehr Grüntee. Herbert gesellt sich auch ins Cockpit. Im Seglergewand und Stirnlampe versuchte er, sein Buch fertig zu lesen. Die erotischen Schriften von Georges Bataille. Na gut, da wird ihm sicherlich warm ums Herz, denke ich.
Ein lauter Knall. Verdammt, was war das? Ein Ruck geht durch Ilva mit samt ihren an Bord befindlichen Menschen, gefolgt von einem lauten Kratzen unter uns. Ein paar Sekunden lang dauert das. Eine gefühlte Ewigkeit. Eiskalt läuft es mir den Rücken runter. Wir hechten zur Reling, neigen unsere Köpfe Richtung Wasser, versuchen irgendwas im schwarzen Nichts zu erkennen. Was geht da vor sich? „Nichts zu sehen“, vermelden wir uns gegenseitig. Wir blicken uns an, so wie wir uns noch nie zuvor angeblickt hatten.
Eine weitere Böe trifft uns. Noch mehr Schräglage. Dazu kommen jetzt die Wellen wie kleine Panzer aus Richtung Nord und ergänzen sich mit dem Wind zu einer Front, die nur noch gegen uns zu kämpfen scheint. Wir können doch gar nichts dafür, denke ich. Wir sind doch nur unschuldige Bergmenschen mit dem Hang zur Extravaganz, nur ein bisschen Spaß, mehr ist es doch gar nicht. Auch Herbert holt sich seine Seglerjacke. Er verschwindet im Niedergang. „Hat jemand von euch ein Fenster offen gelassen?“, fragt er. Wir verneinen und fragen warum. „Da schwappt Wasser im Boot.“ Was? Wie? Wasser im Boot? Ich gehe nach unten. Tatsächlich. Ein kleines Rinnsal veteilt sich, je nach Lage im Salon. Es schwappt je nach Lage herum. Eine leere Kekspackung schwimmt oben auf. Es ist nicht zu sehen, woher das Wasser kommt. Wie lange brauchen wir noch bis Marseille? Ich krame die Karten hervor, trage unsere jetzige Position ein und messe. Immer noch 35 Seemeilen. Das sind mindestens 6 Stunden. Bis dahin wird es jedenfalls schon hell sein. Ich spüre, wie das Wasser langsam aber sicher höher steigt. Nun geht es mir schon bis zu den Knöcheln. Ich reiße ein Schapp nach dem anderen auf, hole mir den Taschenlampe und schaue, wo dieses verdammte Wasser herkommt. Es ist jedenfalls Salzwasser; also kommt es von draußen. Die Sache mit dem einlaufenden Wasser hatten wir schon mal vor mehr als einem Jahr. Damals war es aber nur das Wasser vom bootseigenen Tank. Nun garantiert nicht. Es ist salzig und bitter im Abgang. Ich kann nichts entdecken, kein Loch, keinen Riss. Aber alle Verkleidungen kann ich auf die Schnelle nicht entfernen. Und schon gar nicht bei dem Geschaukel.
Hatten wir tatsächlich etwas gerammt? Ungläubig und nicht mehr ganz so guter Dinge schaue ich nochmal auf die Seekarte. Welcher Weg ist der Kürzeste zur Küste? Nach Norden sind es nur etwas über 20 Seemeilen. Das wäre aber fast gegen den Wind. Das bedeutet stampfen und ein böses Auf und Ab über Stunden. Wir besprechen kurz die Lage. Ich gebe mich immer noch ruhig, sofern das noch glaubwürdig rüberkommt. Wir beschließen, nach Norden zu gehen, an die Küste, in den Hafen oder in der Nähe von Land, jeder hier an Bord möchte Land sehen, Land spüren, Handstände, Purzelbäume oder was weiß ich machen. Es geht jetzt nicht mehr um Urlaub, es geht ums Überleben. Nur irgendwie ans Land kommen.
„Wir brauchen keine Angst haben. Die Pumpen sind stark genug, um das bisschen Wasser abzupumpen. Das ist kein Problem“, höre ich mich sagen. Der Wind hat es sich nicht anders überlegt. Er ist gekommen um zu bleiben. Er hat nochmals zugegelegt. Windstärke 6, nach meiner Schätzung, ein klassischer Mistral aus Nordwest, der üblicherweise noch zunimmt auf 8 Beaufort.
Wir rollen die Genua ein, entkoppeln die Windvane und schießen in den Wind. Ilva stampft in den anrollenden Brechern. Manche von ihnen schlagen schon aufs Deck. Ich gehe zum Steuerstand, starte die Maschine. Sie kommt nicht. Nochmals. Vorglühen, ganz langsam bis sieben zählen, dann den Schlüssel rum. Der Starter kullert, aber die Maschine kommt nicht. Ich habe schon lange beschlossen, nicht mehr zu fluchen. Genau jetzt wäre das Gift für unsere Sandmühlen. Ich versuche es nochmal. Ich denke an einen Schwarzen Verlängerten mit Cremeschnitte bei der Aida im 9. Bezirk. Sonnenschein, verspiegelte Wände, die Kellnerinnen in ihrem Rosa-Dress. Das beruhigte mich immer. Ich denke an die Vitrine mit den Köstlichkeiten, Kardinal-Schnitte, Majonaise-Ei. Sieben. Nochmals starten. Der Starter arbeitet. Nichts passiert. Ilva stampft. Wir sitzen im Cockpit wie auf einem wild gewordenen Stier und schauen uns an. „Nun Leute wird es langsam ernst. Wir reißen uns jetzt zusammen und bringen das Boot zur Küste. Wenn nicht mit der Maschine, dann unter Segel. Wer will noch Tee?“ Niemand wollte Tee.
Auf einmal höre ich eine Ente quaken. Quak, Quak, Quak, Stilles brummen. Ich öffne die Augen. Ich reiße die Tür ins Cockpit auf. Max und Herbert liegen auf den Cockpit-Bänken. Beide heben die Köpfe. Ich sehe nichts als Zähne. Nichts von Wind, Unruhe, Nervösität oder gar Wellen zu sehen, hören oder spüren. Ich habe geträumt, jetzt ist es fix. Niemand bewegt sich schneller als üblicherweise auf einer Segelyacht. Worte werden gewechselt, der Himmel bestaunt. Eine schöne Szenerie. Die Maschine brummelt ruhig vor sich hin, der Autopilot bemüht sich. Fast kann ich es nicht glauben. Ich beruhige mich. Meine Schicht beginnt. „Wir kommen bald in die Nähe von Marseille“, vermeldet Max. „Ach ja, danke, ich komme gleich. Nur noch 5 Minuten.“ Ich knalle meinen Kopf in den Polster, schalte das Gequake des Handys ab. Ich muss mich noch kurz erholen von diesem Traum.

 

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Fotos rund um Barcelona

Ab 13. Juli 2014 wird Ilva vom Käptn und seinen Freunden nach Livorno (IT) überstellt. 400 Seemeilen warten darauf, bezwungen zu werden. Die Vorbereitungen laufen schon auf Hochtouren! Auf Bald!!BildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBild

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Guadix – Vom Fortbestand der Höhlenmenschen

Bild

Noch immer sie sind unter uns, die Höhlenmenschen. Blödsinn? Nein gar nicht. Die halten sich hartnäckig zwischen unseren Reihen. Sie geben ihre Gene dominant vererbt weiter an ihre Nachkommen und wie wahrscheinlich schon bekannt, ist das je nach sozial relevanter Umgebung gut oder schlecht.

BildViele von ihnen leben seit Urzeiten in Guadix, einer Stadt im andalusischen Hinterland. Dort kann man zwischen ihren Häusern, die mittlerweile mit Garagen und Sat-Schüssel ausgestatten sind, in kleinen Gässchen spazieren gehen. Oder schlicht über sie hinweg – über eine stark hügelige Wiese, deren wüstenbraun von weiß getüchnten Rauchfangschloten durchzogen wird.

Bild

Wir waren dort und weil das Museum zum besseren Verständnis der „Casas de Cuevas“ von Guadix zugesperrt war, hat uns ein „Höhlenmensch“ zu sich hereingebeten. Überhaupt waren alle dortigen Höhlenmenschen sozial sehr hoch entwickelt! In seine Höhle hat er uns zwar gelockt mit einem „gratis!“, aufgefressen wurden wir aber trotz allem nicht. Sondern weiter gebildet. Wir wissen dank ihm, den lebensfrohen Höhlenopa, dass Guadix die nachweislich am längsten bewohnte Siedlung in Andalusien ist. Dass dort der Bischofssitz war während der Zeit der Mauren. Die Leuten haben bei ihren Streifzügen durch die Sierra Nevada immer wieder leicht bearbeitbare Löss- und Lehmschichten zwischen den Gesteinsbrocken entdeckt, die sich gut mit bloßen Händen bearbeiten ließen. Sie haben sich mit Hilfe der Hände und Spaten Schlafkammern (ganz hinten) Wohnzimmer (in der Mitte) und Küchen (ganz vorne) sowie Bäder und Klos gebaut. Einfach reingraben, verputzen, fertig! Die Vorteile wurden den Höhlenmenschen alsbald bewusst: im Sommer 20° und im Winter auch! Ebenfalls im Frühling und Herbst. Und immer leise, innen und außen.

Bild

Apropos draußen: Die fortschrittlichen (oder degenerierten?) Höhlenmenschennachkommen quietschen sich dort ohrenbetäubend mit ihren Automobilen durch die Gegend, dass es eine Freud ist. Jedes Auto, egal ob langsam oder schnell, quietscht extrem. Ein neuzeitliches Statussymbol? Wir konnte das nicht eruieren. Wie man das als AnwohnerIn aushält, haben wir auch nicht herausgefunden – vielleicht sind die allesamt schon akklimatisiert, sprich ohrmuschellos und somit bereits organisch desensibilisiert?? Die Evolution hilft ja angeblich, wo sie nur kann. Wir jedenfalls konnten unsere eigenen Gedanken gar nicht mehr hören. Nur wenige ruhigere Exemplare konnten wir auf einem Eselskarren oder begleitet von Hütehunden unter einer großen Herde von Schafen im ausgetrockneten Flussbett entdecken.

Bild

Aber auch außerhalb von Guadix findet man so manchen Höhlenmensch, der auszog, die Welt zu entdecken ….
Manche benützen den Paseo Maritimo (breit und schön angelegter Pier am Strand) in Almeria als Klo für ihre Höllenhunde (das zweite L stellt keine Tippfehler dar!) ohne sich um die fatalen olfaktorischen Folgen zu kümmern. Von der Ausrutsch- und Verletzungsgefahr ganz zu schweigen. Seit wir hier spazieren, kennt auch Kindbert den Unterschied zwischen Apfel und Wurze. (So beeindruckend wie manche Geschäfte hier uns vor Augen liegen, haben wir großen Respekt vor den Riesenviechern – weil die müssen tatsächlich gigantische Ausmaße haben). Auch ihre menschlichen Nachkommen erhalten diese „Lass-es-überall-laufen-Mentalität“ von klein an.
Am Strand und am Spielplatz wird munter von den Kleinen unter Anweisung ihrer Erwachsenen BegleiterInnen überall hin geludelt. Keiner kümmert sich darum oder lässt sich davon bekümmern. Einfach dreinsteigen scheint die Höhlenmenschenlösung zu sein (vielleicht sind sie ja im Besitz von urzeitlichen Abwehrkräften?) Ja, eh nicht so schlimm, aber im Hallenbad auch?  Da werden die Kindergartenkinder von den Kindergärtnerinnen aktiv dazu angehalten, in die Gemeinschaftsduschen (lokalisiert gut einsehbar am Rand des Beckens) zu urinieren. Puh, das hat Papabert Nerven gekostet – vor Entrüstung hätte er beinahe laut aufgeschrien. Das darf man aber nicht im Hallenbad, genauso wenig wie Ballspielen oder reinspringen. Da kommt er, der Bademeister und maßregelt Papabert. Er hatte keine Badeschlapfen mit …. auch ein Höhlenmensch ist vergesslich, ja, ludelt aber vor seinem Chef nicht in die Dusche.

Wir sind jetzt auch immer öfter in unserer schwimmenden Höhle. Der starke Wind in der Straße von Gibraltar hindert uns an weiteren Törns nach Melilla und Marokko. 30 Knoten Wind und Wellen so hoch wie Häuser – ob Höhle oder nicht – ist nicht unser Geschmack. ……
Wir selbst erscheinen anderen sicherlich auch wie Höhlenmenschen, wenn wir am Steg andere FahrtenyachtlerInnen ansprechen – ganz ungeniert mittlerweile, woher sie kommen und wohin sie ziehen, in Jogginghosen in Begleitung von Kindbert mit seinem schulterlangem, oft unfrisiertem Haar (Haaroptisch stehen ihm seine Eltern nun fast um nichts mehr nach) oder wir selbst fühlen uns so, während wir versuchen, mit unserem immer noch sehr schlechtem Spanisch ein auf die Packung gedrucktes Kochrezept zu verstehen.
Irgendeine(r) von den Höhlenmenschen hat unseren Roller, der schon seit Wochen fertig zum Einsatz an der Entnahmestelle für Strom und Wasser direkt vor unserem Boot am Pier steht einfach mitgenommen. Warum? Naja, weil alles MIR gehört was wo rumsteht, sofern mich nicht ein elektrischer oder sonstiger Schlag trifft, wenn ich es einfach nehme. Oder vielleicht weil er ein „guter“ Höhlenmensch ist, der für mehr Ordnung und Recht sorgen wollte. Wir Höhlenmenschen können uns die Beweggründe dafür nicht vorstellen – aber unsere Keule wird ihn hart treffen, sobald wir ihn mit unserem Roller an uns vorbeirollern sehen!

BildBildBildBildBildBild

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Andalusien – mixed pickles

Bild

Nach der 100 Meilen Fahrt von Cartagena nach Almeria stehen wir nun schon seit über einer Woche in Almeria, im nobel klingenden „Club de Mar“. Der Wind bescherte uns wieder einmal leichtes Amwindsegeln (die Windfahne mags), später gepaart mit einer Motorfahrt durch die pechschwarze Nacht per Autopilot (der Käpten mags). Der Schiffsverkehr wird hier mehr, um nicht zu sagen stark. Man merkt, dass Gibraltar nicht mehr weit ist. Auf den Schiffsstraßen fährt ein Riese nach dem anderen, wie die Laster am Gürtel.
Mit sensationellen 13 Euro pro Nacht (all inklusive Winterpreis) haben wir uns einen längeren Hafenaufenthalt gegönnt. Dazu gibts einen Parkplatz für ein Mietauto (wenn man denn eines besitzen möchte), Internet am Schiff und nur mehr samstags eine ordentliche musikalische Dröhnung vom nahen, äußerst schicken Hafenrestaurant.

Bild

Die Wege in die Stadt sind kurz, gleich um die Ecke liegt der Club de Mar Fitnessbereich mit einem großen Schwimmbecken zum Tauchen und Schwimmenüben für Kindbert.
Weiter vorne zwischen Strand und Küstenstraße liegen fein angelegte Parkanlagen, in denen sich Jongleure, Skater, Läufer, Radler, Fußballer, Speedminton-Spieler, Cafe- und Rotweintrinker die Plätze teilen. Auch in die Altstadt sind es zu Fuß nur zehn Minuten. Selten auf dieser Reise lag alles so eng beieinander.

Inmitten dieses Paradieses herrscht überraschenderweise kein Gedränge. Die Marina samt ihren Gebäuden haben wir fast ganz für uns allein. Abends können wir an Deck nie enden wollend Gitarre spielen und singen, kein Geräusch ist im schwellfreien Wasser zu hören, morgens braucht niemand Angst zu haben, zu spärlich bekleidet von der Aftkabine zur Morgentoilette im Bug zu huschen. Nur die immerscheinende Sonne siehts. Es ist einfach herrlich, was auch immer uns einfällt an Bord oder drum herum zu tun – singen, spielen, fernschauen, flexen, Holzarbeiten … niemanden kratzts.

Bild

Nebenbei hatten wir auch indirekten Besuch von drei netten Freunden in einem Hotel in Granada – wir freuen uns, sagen zu dürfen, dass wir luxuriös mit einer Berühmtheit (Niederösterreicher des Monats!) aus heimatlichen Gefilden gespeist haben, und sozusagen als VIPs im Hotelzimmer waren, um ein bisschen Spaß und Gaudi zu haben – Fußballmatch inklusive: Österreich – Schweden per ipad. Leider hat unsere Schützenhilfe wenig genützt. Langweilig wurde uns jedenfall nicht – der Barfrau des Hotels auch nicht.

Bild

Und gesehen haben wir hier auch schon eine Menge: von den verschiedenen Wüsten, die hinter den ersten Bergkämmen nach der Küste beginnen, über die Sergio-Leone Filmstudios in der Sierra Tabernas (inklusive Western-Schieß-Show), das Cabo de Gata Naturreservat – dem trockensten Ort Spaniens, in dem eine bilderbuchreife Bucht an die andere schließt, das Kastello Alcazabar – eine fulminante Burg mitten in Almeria, den Felsen von Gibraltar inklusive aller Affen und schlechten Pizza-Hut-Pizze und – nicht zu vergessen – das Mare Plastico – das größte von Menschenhand geschaffene Gebiet mit Plastikplanen überzogen. Zwischen den Gewächshäusern liegen immer wieder slumartige Ansiedelungen, in denen die Agrararbeiter ihr Dasein fristen. Diese Menschen, meist aus Afrika zu Billigstlöhnen engagiert, versorgen Europa und die übrige Welt mit billigstem Gemüse und Obst. 80 % der spanischen Obst- und Gemüseproduktion kommen von hier. Immer wieder sieht man Arbeiter, die etwas außerhalb in halb verfallenen Häusern wohnen, wahrscheinlich ohne Strom und fließendes Wasser. Hier wird wasserreiches Gemüse noch billiger produziert als in Afrika! Und das im trockensten Gebiet Europas!

Bild

Durch die vermehrte zeitliche Kapazität bekommt Kindbert in letzter Zeit täglich Unterricht von Mamabert oder Papabert. Es sind schon Fortschritte zu verzeichnen, die uns die Brust stolz anschwellen lassen. Vor allem in Musik gab es einige zu vermerkende Leistungen. Kindbert kann „Drunt in der greanen Au“ singen! Mamabert kann sich nie zurückhalten und singt allweil mit. An „Black Hole Sun“ arbeiten wir noch. Kindbert benennt Mamaberts und Papaberts inbrünstige Bemühungen diesbezüglich bisweilen noch als Gejaule.

Auch Warmwasser haben wir jetzt, wenn der Motor nicht läuft – durch eine elektrische Heizspirale im Boiler und endlich – dank dem hochgelobten Papabert eine tolle Lösung für zwei immer wieder auftretende Wünsche: 1. Mamabert will ein Doppelbett außerhalb des Salons und 2. will Kindbert morgens noch mit dazu. Ein paar Fichtenbretter vervollständigen nun die kaiserlich-königliche Aftkabine. Nun können wir zu dritt (unter luxuriösen Platzverhältnissen bittesehr) in unserer Aftkabine ruhen. Soooo Cool.

Bild

Es hat mittags immer noch 30 Grad, schwitzen ist ja bekanntlich gesund. Das Wetter ist immer noch bis auf ein paar wenige Wolken so, wie man sich das im Himmel vorstellt – trocken, warm, sonnig, klar am Tag, abends angenehm kühl und „zum Zudecken“ in der Nacht bei offenen Türen und Fenstern – sollen wir noch weiter erzählen?

BildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBild

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Nobel in Andratx

Weiterlesen

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , | Ein Kommentar

Seglerhimmel auf Cabrera

Nach zwei Nächten in Porto Cristo waren wir wieder dort, wo wir körperlich und geistig hingehörten. Frisch und munter, gekampelt und gschneutzt tat sich ein erster Seglerhimmel auf: ein ruhiger Liegeplatz, Internet an Bord, zehn Minuten zum Ort, einen Pool am Dach, eine Hafenkneipe in der Marina, bestes Wetter, gute Busverbindungen nach Palma und nicht zuletzt Tapasbars und Fastfood. Ein Ausflug nach Palma per Bus am dritten Tag tat uns gut – und versetzte uns endgültig wieder in den Normalzustand – mit 100 km/h durch die Landschaft zu brausen ist geil. Touristendasein hat auch was!

Die Hauptstadt Palma entzückt uns immer wieder. Die Kathedrale mit den umliegenden Parks, auf Kundschaft wartende Künstler, die Ramblas mit den Menschenmassen, die sich um die Blumestände schlängeln, Kinder in Buggys, die beim Näherkommen der Straßenclowns trotz Reisenseifenblasen aufheulen und sich sofort an Mutters Busen wünschen, Metallica aus der Akustikgitarre, Bettler, leere Bars, versiffte Typen in Spiderman-Kostümen, abgestürzte Persönlichkeiten – alle leben sie ihren Traum hier. Die Häuser Gaudis, die engen Gassen, die alten Stadtmauern und das Hafengelände laden auch uns zum Träumen ein. Wir ließen viel Geld in der Stadt, unter anderem auch im deutschen Bookshop. Abends gehts um ein Crewmitglied erweitert mit dem Mietauto wieder Richtung Porto Cristo. Schön, dass die Insel nicht so groß ist – und: Ein Mietauto ist noch besser als ein Bus (zweiter Merksatz in diesem Blog).
Reparaturen stehen am Programm. Ilva, die gute Alte, will Aufmerksamkeit und kriegt als Geschenk für die vielen zurückgelegten Seemeilen eine neue Auspuffanlage sowie eine neue Lichtmaschine und Keilriemen (dem Heinz sei Dank!), die endlich dem Ladebooster gewachsen sein sollen. Mal sehen.

Belohnung für die schweißtreibende Arbeit erhalten Papabert und Kindbert im Musikshop Musicasa, den wir noch selbstmotorisiert in den Suburbs von Palma aufspüren. Mit Akustikgitarre und einer Trommel gehts wieder zurück an Bord. 10 Minuten bleiben noch bis zum Zurückgeben des Mietautos, weil sonst fährt der letzte Bus ohne uns. Aber nichts leichter als das. Es ging noch alles gut aus – samt Mokka am Busbahnhof – aber im Laufschritt, vollbepackt und in freudiger Erwartung. Die Bootsnachbarn werden uns lieben, wenn wir mal ordentlich losrocken!

Obwohl noch nicht alles erledigt ist, wollen wir ein Stückerl weitersegeln. Die Ausgaben in der Marina drücken auf das Bordbudget. Also los in eine Cala (das sind die engen Felseinschnitte auf Mallorca, von einem Fluss in früherer Zeit ausgewaschen) zum Ankern. Cala Virgine verspricht per Handybilder türkisblaues Wasser, verzweigte Buchten und Ankerspaß. Mal sehen, wie lang wir dahin benötigen. Gerade nicht zu lang, um noch einen Ankerplatz zu kriegen, wie sich herausstellt. Aber wer will denn noch den Swell weiter angsteigen sehen als bis zur Einmeter-Welle? Der Wind ist es, der wieder einmal „falsch“ bläst. Dann hilft alles Schönreden nix – wir verholen uns in die nächste Bucht. Porto Colom erfreut uns auch. Nicht wegen der Wasserqualität (die Leine an der Mooringboje weckt den Brechreiz Mamaberts – sind die vielen braunen Batzerl tatsächlich….aber egal. Sofort an was anderes denken!!), sondern wegen den moderaten Preisen im Ankerfeld. Der Hauptplatz ist noch unbepflastert, die Tapasbar entspannt auch, wenn der Fußball von Kindbert den Gästen nahe kommt und es lässt sich dort gut der Tag verbummeln.
Doch irgendwann geht uns auch hier die Luft aus. Mamabert will weitersegeln. Ein Inselparadies im Südosten von Mallorca – Cabrera – soll Badegäste auf Ilva zum Wiederkommen verleiten und nach den vielen zivilisatorischen Verlockungen Natur ins Seglerleben bringen. Zweifel kommen auf? Obs dort auch so dreckig ist, oder vielleicht gar verlassen ist? Dort steht sicher ein ziemlicher Schwell. Doch wir überwinden uns und motoren trotz Flaute die fünf Stunden.
Und siehe da: erneut der Seglerhimmel. Wir steuern in eine fast rundum geschlossene Bucht mit Bojenfeld. Das Wasser ist wie in einem frisch geputzten Aquarium, azurblau, glasklar; Fische so zahlreich wie in der Fischzuchtanlage, Brassen, Barben, Drückerfische, Pfeilhechte und mehrere Stachelrochen tummeln sich ums Boot – ein Traum. Nur ein paar Häuser und ein Hafencafe sind an Land zu sehen. Ein Juchazer!!! Wir springen ins Aquarium!!
Eine hohe, scheckig braun-grün überzogene felsige Insel schützt uns vor Wind und Wellen. Höhlen wohin das Auge schweift, giftgrüne Kiefernwälder, irgendwann mal intakte Steinmauern. Hier grasten bis vor wenigen Jahren noch tausende Ziegen. Ein Kastell thront hoch über der Einfahrt und erzählt von Piraten und Fregatten – und von Kriegen. Um das Jahr 1800 sollen hier 5000 französische Kriegsgefangene verhungert sein – das gibt dem Ort eine besonders mystische Note (Kindbert will einen Totenschädel suchen gehen. Gefunden haben wir gottlob dann eine Falle für eine Ginsterkatze mit stinkigen Tintenfischen drin, das tuts auch).
Ja gibts denn so was: Fischschwärme, so neugierig und selbstsicher, dass sie nicht mal dem Kapitän ausweichen. Ein Drückerfisch will anscheinend nicht, dass die Windfahne repariert wird. Beim Abnehmen des Ruders lässt er sich fast streicheln. Ein riesiger Oktopus wird gesehen, mehrere (oh ja!!!) Stachelrochen gleiten wie ferngesteuert an der Oberfläche durchs Wasser – fast überfahren wir einen mit dem Beiboot. Kindbert und Papabert wollen auch einen Baracuda (oder zumindest einen ihm sicher ebenbürtigen Raubfisch) gesehen haben. Fein, eine intakte Natur in riesenbadewannenform unter uns zu haben – fast gratis.

Wir freun uns riesig. Hatschn zum Kastell, rüber über die Berge zum Leuchtturm, zum Cafe und zurück per Dinghi, checken unsere Mails, unterrichten Kindbert. Nicht mal Regen kann unsere Stimmung trüben. Also unser Tipp an alle: Vergesst die Südsee, auf nach Cabrera!

BildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBildBild

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Drei Tage auf See – Mallorca erwartet uns

Flagge

Vier Nächte des Wartens in der Marina von Calasetta im äußersten Westen Sardiniens waren genug. Wir wollten weg. Nicht, dass uns der Marinero nicht unterhalten hätte. Headbangend saß er immer in seinem Büro mit Rammstein aus dem Laptop. Die Menschen hier waren nicht das Problem. Das Problem war eher, dass uns eine lange Überfahrt bevorstand, eine ungemütliche obendrein und schon am Donnerstag abends soll es bei Menorca auffrischen, bis zu 25 Knoten. Das wollten wir uns sparen. Also raus in die Wildnis – sind eh nur 250 Meilen bis zu den Balearen. Drei Tage hatten wir Zeit, laut Wetterberichten. Viel Wind unten an der Nordafrikanischen Küste, viel Wind im Golf von Lyon im Norden – und wir – dazwischen. Schon 20 Knoten auf der glatten Wasserfläche, gepaart mit aufschiebenden Wassermassen ergeben eine speibüble Suppe – auf Dauer.

Aber bloß nicht ohne Sprudel fahren – wer weiß schon, wie weit uns der letzte Champagner-Tank bringen würde … Wieder mal gabs keine Tankstelle in der Marina, wir mussten auf die nahegelegene Insel Carloforte zum Tanken – eine Stunde Fahrt. Tiefgang nur 1,5 Meter, wir haben 1,4 unter Wasser – puh eine kleine Welle und es wird eng. Ein geschäftstüchtiger wie freundlicher Marinero griff uns schon weit vor der Hafeneinfahrt mit der Gummiwurst auf und fragte nach unserem Tiefgang. Alles paletti, wir legten an. Tanken? Ja tanken könnten wir, und er zeigte auf die Straße. Wir sahen seinem Fingerdeut mit großen Augen folgend zu, auf die Hauptstraße, auf eine Kreuzung – dahinter eine Agip – leider keine AWI. Ja ja, er nickte freundlich. Zum Glück bauen die Italiener ihre Tankstellen so nahe an ihre Marina-Büros, dass man sie vom Pier aus sehen – und per Kanister sein Boot betanken kann.

Einen Sicherheitsanruf tätigten wir noch (auf Anraten des Kapitäns): Wenn wir uns am Samstag bis Mittag nicht telefonisch gemeldet haben, so solle man uns doch suchen lassen. Und gleich darauf gings hinaus aufs offene Meer. Meterhohe, knallharte Wellen rollten von vorne an und hoben uns und alles rund um uns als auch in uns (Mägen, Blasen, Gehirne) einige Meter in die Höhe, im fünf Sekundentakt. Komischerweise rutschte das Herz kurz in die Hose — nach einer Eingewöhnungsphase kams aber eh wieder an den richtigen Platz.

Die Wellen standen hoch, weil der Meeresboden hier sehr steil nach oben steigt (es ist ja immer gut, wenn schlechte Dinge eine fachlich-fundierte Erklärung kriegen). Wir segeln einfach weiter, draußen wirds sicher besser, da glättet sich der Meeresboden. Das Meer mags nicht, wenn es zu viel zusammengedrückt wird (erster Merksatz in diesem Blog).

So wars dann auch, die Wellen waren zwar noch hoch, aber gutmütig…. langgezogen, ohne Gischt mit gutem Abstand dazwischen hoben sie uns hoch und setzten uns hernach wieder nieder. Kindbert hat es mit dem Götterblitz im Prater verglichen, obwohl er niemals damit fahren würde.

Der Windgott meinte es besser mit uns als der Wassergott. Konstanter 3-er Wind von Nord bei Kurs West, das ergibt ein leichtes Amwindsegeln. Ilva stampft gemütlich, rollt dafür aber nicht. Der Windfahnensteuerung gefiels ebenso. Wir mussten kaum steuern auf diesem fünfzig Stunden. Nur in der Nacht verließ uns der Wind und wir ließen unseren Perkins straucheln. In der Nacht wars auch immer etwas unheimlicher als am Tag. Das gewittrige Wetterleuchten von Nord-Ost und Süd erinnerte uns stets daran, Kurs zu halten und schnell zu bleiben. Aber, mehr als hohe Wellen waren zum Glück vorerst nicht drin.

Dies war dennoch hinlänglich genug für uns —- es belebte alle Dinge. Der eben noch brav liegende Senf hüpfte bei plötzlicher Welle grandios mit einem Looping auf den Rand der eben vorbereiteten Salatschüssel, welche gemäß den Hebelgesetzen freudig den Salat durchs halbe Cockpit schleuderte. Na ja, gibts halt Hamburger ohne Salat. Es klapperte, klimperte, ächzte und klopfte überall, das Backrohr mit seinen Innereien schrie lauter als der AIS-Alarm (ja auch dieses Gerät konnte wieder nicht umhin, alle verlorenen Ziele immer wieder neu zu melden).

Es war wie im Spukschloss, wo sich die Gänge verbiegen, Stufen plötzlich nicht mehr gerade sind, Haltegriffe aus der Reichweite verschwinden, alle Ecken und Kanten den Gliedmaßen entgegenspringen – gottlob sind wir nicht schlecht gepolstert. Klogänge wurden zur Expedition und der Abwasch zur Grauwasserdusche. Letztlich haben wir uns auf das Mindeste beschränkt. Sitzend oder im Cockpit liegend, eine(r) am Ausguck. Nur Kindbert schaffte es, geistige Leistungen zu erbringen: Fernsehen und Games am Handy konnte er am Rücken liegend gut aushalten.

Ein dunkles ruderndes Objekt entlockte dem seekranken Papabert dann doch einen Stellungswechsel: eine Schildkröte paddelte mutterseelenalleine durchs offene Meer. Wo die wohl ihre Eier abgelegt hat?

Ein Blick aufs Navi zeigt an, dass wir schon zu weit nördlich segeln und wir wundern uns, warum unsere Windsteueranlage keinen Kurs unter 270 Grad schafft – dummes Ding, muss ein Dilettant gebaut haben (???) – wir steuern von Hand und merken, dass ein Kurs unter 270 schlichtweg unmöglich ist. Die Wellen sind so stark, dass sie Ilva immer nach Norden versetzen. Jede Richtungsänderung wird zur Aufgabe an Mensch und Maschine – und zur Bewährungsprobe für die Ruderanlage.

Wir zählen Wellen, Sterne, Stehminuten im Cockpit, Stunden, Seemeilen vor und zurück. Es ist uns nicht gelungen einen Witz oder einen Schüttelreim zu erfinden, so geschüttelt waren unsere Gehirne. Drei Tage im selbem Gewand, salzverkrustet, unfriesiert, auf unseren Schlafsäcken eng am Boden beisammen sitzend (oder meist liegend) wie Hausbesetzer aus den späten Achzigern, so kamen wir schließlich auf den Balearen an – und wollten so schnell wie möglich bei Menorca ankern, in den Hafen einlaufen, stehen bleiben, ausruhen. Aber im Hafen meldete sich niemand und dunkel war es auch noch. Die Steilküste, an der die Gischt hoch aufspritzte, lud auch nicht gerade zum Ankern ein. Mittlerweile haben wir Schiss vor so engen Schluchten, vor allem mit diesen verschlafenen Augen und diesem vielen Wind. Schnell war klar, wir fahren noch 50 Meilen weiter nach Mallorca, denn, da wollen wir ja wirklich hin und außerdem kommt doch übermorgen unsere Freundin an. Seekrankheit und Migräneanfälle mal beiseite – Kurs SW, Wind von hinten und nochmals Ritte auf Wellen und durch Täler bist speibst. Nochmal acht Stunden Geschaukel, dann die Einfahrt in die Cala Porto Cristo suchen und anlegen, untypisch mit elegantem Einkehrschwung, mit Pirouette in die Garage. Noch ein Blick rundum vom Boot aus: Häuser, Menschen, Straßen, Busse, Kaffeehäuser, Burgerking (oh ja…..), alles da. Freuen, stolz sein und schlafen bis der Hunger das Schlechtweh endgültig besiegt. Ausschalten.

Yacht PortoCristo Lifesaver Felsen Esel Aft

Kategorien: Reise Angenehm, Törns | Schlagwörter: , , , , , , , , , , , | Ein Kommentar

Cefalu – Sizilien in two days

Bild

In Cefalu ist es schön, so unsere Erwartung aufgrund eines geschenkten Info-Buchs für Segler aus 1979 (Danke nochmals an Urs). Tja und das hat auch gestimmt… die Stadt hat uns in ihren Bann gezogen, wir sind mehrmals reingelatscht um einzukaufen, essen zu gehen oder einfach nur die imposanten römischen Waschbecken unterhalb der hoch erhobenen Häuser zu bestaunen, wo das Wasser kalt durchsaust und jeder seine Beinchen kühlen kann, ohne was zu löhnen und das schon seit tausend Jahren mindestens. Nicht alles was nix kostet ist nix wert wie man sieht. Am Hauptplatz singt ein Liedersänger den ganzen Abend und die Gäßchen sind so eng, dass die Säume der an den Wäschenleinen baumelnden Höschen fast eine Sonnenfinsternis herbeiführen. Schön, einmal in einer fernsehkulissenhaften Umgebung zu schwitzen. Leider wurden die Schnorchelphantasien in der wunderbaren Hafen-Bucht unterhalb der Festung jäh zerschlagen – zu viel Müll entlag des Strandes, das Wasser glänzte regenbogenfarben vom auslaufenden Diesel der Tankstelle und Kindbert meinte, er könne da nicht reingehen, ohne sich wie eine Ölsardine zu fühlen, sicher werde er davon krank. Wir hoffen doch für Cefalu und für die dorthin Reisenden, dass es ein Unfall war – es wäre schade, wenn dieser Schmutz ein Dauerzustand wäre. Aber, alles hat was Gutes, wir spazierten ein wenig in den Bootsfriedhöfen rum und fanden Plastikteile, die helfen würden, unser krankes Beiboot (eine Halterung der Rückwand war gebrochen) wieder hinlänglich zu stabilisieren.

Bild

Nach schlaftrunkener Nacht weckten uns laute Kanonenschüsse. Was war das? Krieg? Sprengung? Fregattenfest der Trunkenbolde? Flatolenzen im großen Stil? Nein: es waren nur die Christen. Die ließen nämlich ihre holy virgine Mary hoch leben. Mit Böllern so gewaltig, dass unsere Trommenfelle auf Anschlag gingen. Wir schauten dem Treiben zu und zählten von fünf rückwärts, bis zum nächsten Kawumm. Zum Glück hatte der Herr Pfarrer ein Megaphon auf seiner Schiffspredigt. Niemand hätte ihn gehört. Zum Abschluss gabs eine Messe im Hafengelände – unter Hunderten von Gläubigen und Schaulustigen.

Bild

Eigentlich wollten wir in zwei Tagen Richtung Trapani (am Westrand von Sizilien) lossegeln. Sizilien soll ja wunderschön sein – und wir hatten Zeit und Lust, etwas zu wandern. Aber die Wege der SeglerInnen sind ja oft verschlungen und unser Schicksal wollte es anders. Einem Gewitter an der Küste ausweichend erinnerten wir uns an die Worte des Skipperschönlings von der Nachbaryacht „Ustica is beautiful“ – also ab zur Insel Ustica Richtung nordost, um dort eine Nacht auszuruhen, bevor wir das Thyrrenische Meer ein letztes Mal durchkreuzen würden. Wie schon so oft kamen wir nachts an, in völliger Dunkelheit war an ein Ankern nur knapp an den Klippen zu denken, bei nur 50 Meter Ankerkette – no way. Yachten um Yachten drängten sich im gespenstischen Wasser um die Steine und Felsen. Per Handynavigation gings ca. 50 Meter knapp an die Klippen; zu tief, kein ankern, zu gefährlich. Spontan sein – hurra, so wie im Abenteuer-Märchen – direkt nach Sardinien.
So trieb uns der Unmut hinaus aufs Meer – da schimpft es sich auch leichter auf die blöden Inseln mit ihren wenigen Stellplätzen und alle Angst vor der Leere sind vergessen. Endlich Platz für Emotionen. Schließlich wurde auch noch unser geheiligtes HandyApp-Pocket-Grib-Orakel befragt…….und es kam wie „propheziehn“:  Fahret hin in Ruhe und Frieden!

Bild

Auf der Überfahrt von Sizilien (213 Seemeilen) nach Sardinien konnten wir nur 7 Stunden segeln. Der Rest war Motorfahrt wegen Totalflaute. Nicht einmal ein Wellchen war zu erblicken, geschweige denn, dass sich ein Winderl hätte spüren lassen. „Der einzige Wind, der hier weht, kommt von sozial tabuisierten Orten“ meinte Papabert. Spiegelglatt war die See, wie in Breitenbrunn aber mit zwei Kilometer Wasser unter uns. Die Wiederkehr des Nichts – fast glaubte man durch die Luft zu schweben. Auch die Nachtfahrten waren angenehm, wir waren nur einmal kurz mit einem Tanker auf Kollisionskurs (das einzige Schiff, das wir sahen), sonst aber verliefs wie am Schnürchen. Mit Kindbert Papierflieger basteln und zielfliegen, Hackysack-üben im Cockpit. Wir entdeckten tausendmal gesehene Filme auf Englisch neu.

Mit viel Sitzfleisch und durchvibrierten Hintern erreichten wir Sardiniens Südspitze glücklich und auch etwas stolz. Das einzig Blöde ist nur, dass wir für die Motorfahrten keinen Autopiloten haben – 43 Stunden steuern, alle 2-3 Stunden eine Ablöse, gar nicht urlauberisch, sondern fast wie Schichthackln, aber das geht so nicht weiter  – in Mallorca bekommen wir ob unserer tollen und treuen Freundin einen Pinnenpiloten geliefert, der wird in die Windfahne eingekuppelt. Alles geht.

Bild

Kategorien: Reise Angenehm | Schlagwörter: , , , , , | Hinterlasse einen Kommentar

Bloggen auf WordPress.com.